BGH,
Beschl. v. 17.12.2008 - 1 StR 648/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 648/08
vom
17. Dezember 2008
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung u.a.
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Dezember 2008
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
München I vom 18. Juni 2008 mit den Feststellungen aufgehoben;
jedoch bleiben die Feststellungen zum äußeren
Tatgeschehen aufrechterhalten.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch
über die Kosten des Rechtsmittels - an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Der Angeklagte wurde wegen versuchter schwerer räuberischer
Erpressung in Tateinheit mit drei tateinheitlichen Fällen der
Bedrohung und mit gefährlicher Körperverletzung zu
einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten
verurteilt. Mit seiner hiergegen eingelegten Revision wendet er sich im
Wesentlichen gegen die Verurteilung wegen versuchter schwerer
räuberischer Erpressung.
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1. Die Strafkammer hat folgenden Geschehensablauf festgestellt:
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a) Die Lebensgefährtin des Angeklagten, Frau Sc. , hatte
für ihren Kurierdienst bei dem Autohaus S. einen gebrauchten
Pkw Renault Master 3L zu einem Kaufpreis von 16.500 €
erworben. Nachdem die Hausbank die Finanzierung des Pkw nicht, wie
ursprünglich vorgesehen, übernehmen wollte, wandte
sich Frau Sc. am 10. Juli 2007 an die Leasingfirma A. in M. , mit
welcher daraufhin am 12. Juli 2007 ein Leasingvertrag geschlossen
wurde. Dabei wurde eine Leasingsonderzahlung in Höhe von 1.950
€ vereinbart, welche Frau Sc. am 16. Juli 2007 bar bezahlte.
In der Folge kam es zunächst zu einem Rücktritt durch
die Leasingfirma, weil man bemerkt hatte, dass es hinsichtlich Frau Sc.
noch eine Eintragung wegen der Abgabe einer eidesstattlichen
Versicherung gab. Am 23. Juli 2007 wurde die Wiederaufnahme des
Leasingvertrags in Aussicht gestellt, sofern eine
Bankbürgschaft sowie Belege über die
Einkommensverhältnisse vorgelegt werden würden. Am 1.
August 2007 wurde dann auch der Rücktritt von der Leasingfirma
zurückgenommen, eine Sonderzahlung in Höhe von 7.725
€ sowie andere Leasingraten vereinbart. Außerdem gab
die Leasingfirma eine TÜV-Bewertung des finanzierten Fahrzeugs
in Auftrag. Die restliche Leasingsonderzahlung wurde am 17. August 2007
durch Frau Sc. bezahlt. Zu einer Auszahlung des Kaufpreises an das
Autohaus durch die Leasingfirma kam es in der Folge dennoch nicht,
nachdem das TÜV-Gutachten lediglich zu einem
Händlerverkaufswert des angekauften Pkw von 10.450 €
brutto gekommen war. Frau Sc. beauftragte daraufhin einen Rechtsanwalt
mit der Wahrnehmung ihrer Rechte. Dieser erreichte die Einholung eines
weiteren Wertgutachtens, welches zu einem
Netto-Händlerverkaufswert von 12.700 € (= 15.113
€ brutto) kam. Der von Frau Sc. beauftragte Rechtsanwalt war
der Ansicht und teilte ihr dies auch mit, dass
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ein Anspruch auf Auszahlung des Kaufpreises gegeben sei.
Dementsprechend äußerte er sich auch mehrfach
schriftlich gegenüber der Leasingfirma und führte
aus, dass eine gerichtliche Klärung
selbstverständlich herbeigeführt werden
müsse. Zusätzlich wurde von ihm noch das Angebot
unterbreitet, auf der Basis des zweiten Gutachtens weitere 1.387
€ als zusätzliche Sonderzahlung nachzuzahlen, wozu
Frau Sc. wohl auch bereit gewesen wäre. Bei einem Telefonat
mit der Leasingfirma wurde dem Rechtsanwalt zugesagt, er würde
am 9. Oktober 2007 Bescheid erhalten; hierauf geschah jedoch nichts.
Stattdessen erfolgte die fristlose Kündigung wegen
Zahlungsverzugs, nachdem Frau Sc. zunächst keine weiteren
Zahlungen erbracht hatte.
b) Am 19. Oktober 2007 betrat der Angeklagte gegen 10.25 Uhr ganz in
Schwarz gekleidet das Büro des bei der Leasingfirma
tätigen Geschädigten St. in M. und sagte ihm, dass er
im Auftrag von Frau Sc. komme, und gab ihm einen handgeschriebenen
Notizzettel mit der Kontonummer des Autohauses S. in die Hand. Der
Geschädigte bat ihn in sein Besprechungszimmer und bot ihm
einen Sitzplatz und ein Getränk an, worauf dieser jedoch nicht
einging und stehen blieb. Als der Geschädigte St. den Raum
verlassen wollte, um die Akte des Vorgangs zu holen, packte ihn der
Angeklagte von hinten um Brust und Hals und holte ein
Elektroschockgerät hervor, welches er ihm abwechselnd an
verschiedene Stellen des Körpers hielt. Um dessen
Funktionstüchtigkeit zu demonstrieren, hielt er das
Gerät vom Körper des St. entfernt und löste
es aus. Dazu sagte er, dass er einen schönen Gruß
von Frau Sc. ausrichte und dass der Geschädigte das Geld
überweisen solle, womit er die Auszahlung des Kaufpreises an
das Autohaus meinte. Nachdem der Geschädigte daraufhin laut um
Hilfe rief, kamen zwei weitere Personen, die Geschädigten H.
und G. , in den Büroraum, woraufhin der Angeklagte das
Elektroschockgerät auch auf diese richtete. Außer-
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dem zog er eine schwarze Pistole aus dem Halfter seines
Gürtels und richtete diese abwechselnd auf die drei
Geschädigten. Bei der Waffe handelte es sich um eine
ungeladene Softairpistole, was die Geschädigten jedoch nicht
erkannten und die Drohung deshalb ernst nahmen. Der Angeklagte
verließ daraufhin das Büro.
c) Am folgenden Tag schickte der Angeklagte ein Fax an den
Geschädigten St. und führte aus, dass "gestern nur
gespielt" worden sei; die Sache sei bis zum 23. Oktober 2007 zu regeln,
andernfalls würde er erneut aufgesucht, diesmal aber privat.
Des Weiteren schickte der Angeklagte an den folgenden Tagen vier Briefe
an St. , welche jeweils eine funktionstüchtige Patrone
enthielten, die aus dem Nachlass des verstorbenen Vaters des
Angeklagten stammten.
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Zu einer Zahlung des Kaufpreises durch die Leasingfirma kam es in der
Folge nicht.
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2. Diese Feststellungen sind rechtsfehlerfrei getroffen (§ 349
Abs. 2 StPO). Jedoch war auf die Revision des Angeklagten das Urteil im
Schuld- und Strafausspruch aufzuheben, weil bereits Bedenken gegen die
Annahme des Landgerichts bestehen, einen Auszahlungsanspruch aus dem
Leasingvertrag habe es nicht gegeben, welchen der Angeklagte
durchsetzen wollte. Dass der Angeklagte selbst einen unmittelbaren
Anspruch gegen die Leasingfirma habe, hat er nach den Feststellungen
gegenüber dem Geschädigten St. nicht behauptet.
Vielmehr hat er mit dem Hinweis auf Frau Sc. und der Übergabe
der Kontonummer des Autohauses S. zu verstehen gegeben, dass er die
Auszahlung aus dem Leasingvertrag an das Autohaus erreichen
möchte.
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Danach kommt es für den Tatbestand der räuberischen
Erpressung darauf an, ob der Angeklagte eine Zahlung an einen Dritten
erreichen wollte, um diesen oder eine andere Person zu Unrecht zu
bereichern. Die Rechtswidrigkeit des erstrebten
Vermögensvorteils ist ein (normatives) Tatbestandsmerkmal, das
vom - zumindest bedingten - Vorsatz des Täters umfasst sein
muss (BGH StV 1991, 20; Senat, Beschl. vom 9. Oktober 2008 - 1 StR
359/08). Vorliegend bestehen bereits Zweifel, ob angesichts der
erbrachten Leistungen auf den Leasingvertrag möglicherweise
bereits ein Auszahlungsanspruch gegeben gewesen wäre. Die
Strafkammer äußert sich hierzu nicht, sondern stellt
allein fest, es habe weder einen anerkannten, noch einen gerichtlich
festgestellten Anspruch gegeben. Außerdem sei die
Vertragssituation über Monate hinweg
äußerst komplex gewesen, wobei auch der von Frau Sc.
beauftragte Rechtsanwalt ausgeführt habe, gerichtliche Hilfe
müsse wohl in Anspruch genommen werden. Die Frage nach der
Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Forderung
richtet sich aber nicht danach, ob sie unbestritten ist oder vor
Gericht durchgesetzt werden muss, sondern allein nach der materiellen
Rechtslage (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 6 f.; Senat, Beschl. vom 9. Oktober
2008 - 1 StR 359/08).
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Selbst wenn die nun zur Entscheidung berufene Strafkammer zur
Auffassung gelangen sollte, ein Auszahlungsanspruch sei zum
Tatzeitpunkt nicht gegeben gewesen und dies habe sich dem Angeklagten
trotz anderweitiger Rechtsauskunft des Rechtsanwalts von Frau Sc.
aufdrängen müssen, wird zu erörtern sein, ob
der Angeklagte nicht von seinem Vorhaben zurückgetreten ist,
nachdem er von sich aus den Büroraum verlassen und trotz der
für echt gehaltenen Waffe keine weiteren Versuche mehr
unternommen hat, zu diesem Zeitpunkt eine Auszahlung des Geldes zu
erreichen.
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3. Das neu zur Entscheidung berufene Tatgericht wird auch bald
über die Fortdauer der Untersuchungshaft zu entscheiden haben,
wobei allerdings auch das weitere Verhalten des einschlägig
vorbestraften Angeklagten in den Tagen nach der Tat in M.
Berücksichtigung finden kann.
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Wahl Elf Graf
Jäger Sander |