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BGH, Beschluss vom 17. Januar 2001 - 1 StR 480/00


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 17.1.2001 - 1 StR 480/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 480/00
vom
17. Januar 2001
in der Strafsache gegen
wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Januar 2001 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 10. März 2000 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Zur Rüge der Verletzung von § 247 Satz 1 StPO:
Die Jugendkammer hat einer Erklärung der Mitangeklagten H. entnommen, daß diese (weitere) Angaben zur Tat in Anwesenheit des Angeklagten nicht machen werde. Der hierauf gestützte Ausschluß des Angeklagten während der ergänzenden Angaben der Mitangeklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden. § 247 Satz 1 StPO betrifft Mitangeklagte und Zeugen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Erklärung eines Zeugen, im Falle der Anwesenheit des Angeklagten von einem ihm gemäß § 52 StPO zustehenden Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen, eine Entscheidung gemäß § 247 Satz 1 StPO rechtfertigen (BGHSt 22, 18, 21; NStZ 1997, 402 m.w.Nachw.). Für die Erklärung eines Mitangeklagten, im Falle der Anwesenheit des Angeklagten von seinem Schweigerecht (vgl. § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO) Gebrauch zu machen, kann nichts anderes gelten (ebenso Paulus in KMR StPO § 247 Rdn. 13; Meier in AK-StPO § 247 Rdn. 6).
2. Zur Rüge der Verletzung von § 247 Satz 4 StPO:
Nachdem der Angeklagte wieder anwesend war, hat die Jugendkammer zunächst einen Antrag des Verteidigers des früheren Mitangeklagten D. , den gegen diesen bestehenden Haftbefehl außer Vollzug zu setzen, entgegengenommen und wegen fortbestehender Fluchtgefahr zurückgewiesen. Sodann beantragte der Verteidiger des Angeklagten, der auf freiem Fuß befindlichen Mitangeklagten H. den Kontakt mit einem mit der Sache dienstlich befaßten Polizeibeamten zu untersagen. Dieser Antrag wurde mangels Rechtsgrundlage zurückgewiesen. Danach wurde die Hauptverhandlung für diesen Tag unterbrochen. Zu Beginn des nächsten Verhandlungstages erklärte der Vorsitzende (in Anwesenheit des Angeklagten), während der Unterrichtung des Angeklagten über die in seiner Abwesenheit gemachten Aussagen der Mitangeklagten H. käme ein Ausschluß der Öffentlichkeit gemäß § 171b GVG in Betracht. Nachdem hierüber zunächst verhandelt und dann entsprechend entschieden worden war, wurde der Angeklagte über den Inhalt der Aussage unterrichtet.
a) Unbeschadet der Frage nach der Zweckmäßigkeit dieser Verfahrensweise stellt es keinen durchgreifenden Rechtsfehler dar, daß die Jugendkammer am Tag der ergänzenden Vernehmung der Mitangeklagten vor der Unterrichtung des Angeklagten zunächst über die genannten Anträge verhandelt und entschieden hat. Ein Verstoß gegen die Pflicht, den Angeklagten alsbald, nachdem er wieder anwesend ist, zu unterrichten (§ 247 Satz 4 StPO) ist kein absoluter Revisionsgrund. Es hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, ob das Urteil auf einem solchen Verstoß beruhen kann (Gollwitzer in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 247 Rdn. 55). Dies war hier zu verneinen. Durch die alsbaldige Unterrichtung soll der Angeklagte in die Lage versetzt werden, den weiteren Gang der Verhandlung sofort zu beeinflussen (BGHR StPO § 247 Satz 4 Unterrichtung 7 m.w.Nachw.). Damit soll das Recht des Angeklagten gewahrt werden, sich trotz seiner vorübergehenden Abwesenheit bestmöglich verteidigen zu können (vgl. nur BGHR aaO Unterrichtung 2, 4, 5 m.w.Nachw.). Dieses Recht wurde durch die bis zur Unterrichtung erfolgten Verfahrensvorgänge nicht berührt. Die genannten Anträge und ihre Verbescheidung waren nicht Teil der Beweisaufnahme. Alle diese Vorgänge hätten auch außerhalb der Hauptverhandlung geschehen können. Die auf sie zurückgehende Verzögerung der Unterrichtung des Angeklagten konnte weder für den Schuldspruch noch den Strafausspruch hinsichtlich des Angeklagten bedeutsam werden und hat daher seine Verteidigungsmöglichkeiten nicht beeinträchtigt.
b) Soweit die Jugendkammer am nächsten Verhandlungstag zunächst über den Ausschluß der Öffentlichkeit verhandelt und entschieden hat, liegt schon kein Rechtsfehler vor. Kommt wegen des Inhalts einer in Abwesenheit des Angeklagten gemachten Aussage bei seiner Unterrichtung ein Ausschluß der Öffentlichkeit in Betracht, muß zunächst hierüber entschieden werden. Ein erst anschließender Ausschluß der Öffentlichkeit ginge ins Leere.
3. Zur Sachrüge:
Während des gesamten Überfalls wurde der Zeugin S. ein Messer unmittelbar an den Hals gehalten. Sie erlitt dadurch einen Schock, der in der Folgezeit bei ihr zu Angstzuständen, Magenbeschwerden und Schlafstörungen führte. Daraus ergibt sich, daß ihre durch die Tat bedingten psychischen Beeinträchtigungen sie in einen pathologischen, somatisch objektivierbaren Zustand versetzten. Damit ist der objektive Tatbestand der Körperverletzung erfüllt (BGH NJW 1996, 1068, 1069 m.w.Nachw.). Die Möglichkeit solcher Tatfolgen liegt auf der Hand. Daher stellt es keinen durchgreifenden Rechtsfehler dar, daß die Jugendkammer zu dem von ihr im Ergebnis bejahten entsprechenden (zumindest bedingten) Vorsatz des Angeklagten keine Ausführungen gemacht hat.
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