BGH,
Beschl. v. 17.7.2007 - 4 StR 266/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 266/07
vom
17.7.2007
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17.7.2007
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Essen vom 28. Februar 2007 dahin geändert, dass der Angeklagte
wegen Totschlags, verbotenen Führens einer halbautomatischen
Kurzwaffe und wegen falscher Verdächtigung zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und fünf Monaten
verurteilt wird.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen Totschlags unter
Einbeziehung der durch Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom
2. Mai 2005 verhängten Geldstrafe von 30 Tagessätzen
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten und
einer Woche und wegen verbotenen Führens einer
halbautomatischen Kurzwaffe sowie wegen falscher Verdächtigung
zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei
Monaten verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat
dieses Urteil durch Beschluss vom 5. Dezember 2006 - 4 StR 484/06 - im
Ausspruch über die beiden Gesamtfreiheitsstrafen mit den
Feststellungen aufgehoben und die weiter gehende Revision verworfen.
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Das Landgericht hat den Angeklagten nunmehr unter Einbeziehung der
Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2.
Mai 2005 wegen Totschlags, verbotenen Führens einer
halbautomatischen Kurzwaffe und wegen falscher Verdächtigung
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten
verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der
Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel
führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen
Änderung des Ausspruchs über die
Gesamtfreiheitsstrafe; im Übrigen ist es unbegründet
im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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Die Gesamtstrafenbildung, die das Landgericht nach
Zurückverweisung der Sache vorzunehmen hatte, hält
rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit das Landgericht in
die Gesamtstrafe, die es aus den rechtskräftigen Einzelstrafen
von neun Jahren und sechs Monaten wegen Totschlags, von drei Jahren
wegen verbotenen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe und
von sechs Monaten wegen falscher Verdächtigung zu bilden
hatte, auch die durch Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2.
Mai 2005 verhängte Geldstrafe von 30 Tagessätzen
einbezogen hat.
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Der Einbeziehung dieser Geldstrafe im Wege der nachträglichen
Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 StGB steht
entgegen, dass aus dieser wegen Beleidigung verhängten
Geldstrafe und der durch Strafbefehl des Amtsgerichts Krefeld vom 10.
März 2005 wegen versuchter gefährlicher
Körperverletzung verhängten Geldstrafe von 90
Tagessätzen gemäß § 460 StPO im
Beschlusswege nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden ist,
weil die Beleidigung am 20. Februar 2005 begangen wurde, sodass allein
der Strafbefehl vom 10. März 2005 eine Zäsur bilden
kann (vgl. BGHSt 32, 190, 193). Nach den Feststellungen wurde dieser
Strafbefehl aber am 10. März 2005 von dem zuständigen
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Richter vor 14.00 Uhr unterzeichnet. Da der Angeklagte den hier
abgeurteilten Totschlag am Abend des 10. März 2005 nach 20.00
Uhr, den Verstoß gegen das Waffengesetz am 14. November 2005
und das Vergehen der falschen Verdächtigung am 28. November
2005 begangen hat, ist für eine nachträgliche
Gesamtstrafenbildung aus den wegen dieser Taten verhängten
Freiheitsstrafen und der Geldstrafe aus dem Strafbefehl vom 2. Mai 2005
kein Raum.
Die Zäsurwirkung des Strafbefehls vom 10. März 2006
ist auch nicht etwa deshalb entfallen, weil die Geldstrafe aus dem
Strafbefehl vom 10. März 2005 nunmehr nach Vollstreckung der
Ersatzfreiheitsstrafe in der Zeit vom 30. November 2006 bis zum 12.
Februar 2007 erledigt ist. Da die Erledigung erst nach Erlass des
Strafbefehls vom 2. Mai 2005 eingetreten ist, steht sie einer
nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß
§ 460 StPO nicht entgegen (vgl. Fischer in KK StPO 5. Aufl.
§ 460 Rdn. 10; Meyer-Goßner StPO 50. Aufl.
§ 460 Rdn. 13, jew. m.w.N.). Ein Nachtragsverfahren nach
§ 460 StPO ist erst dann ausgeschlossen, wenn
sämtliche Strafen, die für eine Gesamtstrafenbildung
in Betracht gekommen wären, vollständig vollstreckt,
verjährt oder erlassen sind (vgl. Fischer aaO;
Meyer-Goßner aaO).
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Die Einbeziehung der Geldstrafe von 30 Tagessätzen aus dem
Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Mai 2005 muss deshalb
entfallen. Der Senat setzt die gegen den Angeklagten verhängte
Gesamtfreiheitsstrafe um einen Monat herab.
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Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlass,
den Angeklagten von den Kosten des Verfahrens und seinen Auslagen
gemäß § 473 Abs. 4 StPO teilweise zu
entlasten.
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Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible |