BGH,
Beschl. v. 17.7.2007 - 4 StR 293/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 293/07
vom
17.7.2007
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum schweren Raub
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 17.7.2007 gemäß
§§ 44, 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag nach Versäumung der
Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des
Landgerichts Bochum vom 22. Januar 2007 Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand gewährt.
Die Kosten der Wiedereinsetzung hat der Angeklagte zu tragen.
Der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 15. März 2007, durch
den die Revision des Angeklagten als unzulässig verworfen
wurde, ist damit gegenstandslos.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil im
Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
4. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum schweren Raub zu
einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit seiner Revision
rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das
Rechtsmittel hat - nach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach
Versäumung der Revisionsbegründungsfrist - zum
Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet
im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 21. Juni 2007
ausgeführt:
2
"Das Landgericht hat es rechtsfehlerhaft unterlassen zu
prüfen, ob und wieweit mit den Strafen aus den Urteilen des
Amtsgerichts Herne vom 2. Februar 2006 und 17. August 2006 eine
Gesamtstrafe zu bilden ist. In jenen Entscheidungen ist gegen den
Angeklagten wegen Betruges in zwei Fällen eine
Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen und wegen
vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung
u.a. eine weitere Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen
verhängt worden. Die mögliche Bildung der
Gesamtstrafe darf grundsätzlich nicht dem Nachtragsverfahren
nach § 460 StPO überlassen werden (BGHSt 23, 98, 99).
Zwar stellt das Schweigen eines Urteils zu § 55 StGB u.U. dann
keinen auf die Sachrüge hin zu prüfenden
Erörterungsmangel dar, wenn z.B. die Unterlagen für
eine möglicherweise gebotene Gesamtstrafenbildung - trotz
sachgerechter Terminsvorbereitung - nicht vollständig
vorliegen und die Hauptverhandlung allein wegen deshalb noch
erforderlicher Erhebungen mit weiterem erheblichen Zeitaufwand belastet
werden würde (BGHR StGB § 55 Absatz 1 Satz 1
Anwendungspflicht 4 m.w.N.). Vorliegend aber hat die Kammer die
Möglichkeit der Gesamtstrafenbildung ersichtlich nicht
geprüft und in der Folge bewusst dem Beschlussverfahren
überlassen,
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sondern diese übersehen (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 15.09.2006
- 2 StR 280/06). Denn es hat bei der Strafzumessung Vorstrafen
zugrundegelegt (vgl. UA S. 9, 1. Absatz), obwohl zur Tatzeit nur eine
Vorstrafe - vom 28.10.2003 wegen fahrlässiger Trunkenheit im
Verkehr - vorlag, was nahe legt, dass die Kammer die
Gesamtstrafenfähigkeit der weiteren vorangegangenen Urteile
nicht erkannt hat."
Dem tritt der Senat bei.
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Im Übrigen beanstandet der Generalbundesanwalt zu Recht, dass
das Landgericht die verhängte Strafe dem
gemäß §§ 27 Abs. 2 Satz 2, 49 Abs.
1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 250 Abs. 1 StGB entnommen
hat, das Vorliegen eines minder schweren Falles des schweren Raubes im
Sinne des § 250 Abs. 3 StGB jedoch nicht erörtert
hat. Bei der Prüfung des minder schweren Falles ist, wenn
neben allgemeinen Milderungsgründen auch ein sog. "vertypter"
Milderungsgrund vorliegt, zuerst zu erwägen, ob schon die
unbenannten Milderungsgründe für die Annahme eines
minder schweren Falles ausreichen - was hier allerdings nicht eben nahe
liegt - oder ob erst das Hinzutreten des vertypten Milderungsgrundes
die Tat als minder schweren Fall erscheinen lässt, oder ob der
wegen des vertypten Milderungsgrundes nach § 49 StGB
gemilderte Strafrahmen besser zur Ahndung des Unrechts geeignet ist
(vgl. BGH NStZ 1999, 610).
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Der Senat hebt dem Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend den
Strafausspruch mit den Feststellungen auf, weil nicht mit der gebotenen
Sicherheit auszuschließen ist, dass sich der aufgezeigte
Erörterungsmangel zum Nachteil des Angeklagten auf die
Strafrahmenwahl ausgewirkt hat.
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Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible |