BGH,
Beschl. v. 17.7.2008 - 4 StR 221/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 221/08
vom
17. Juli 2008
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 17. Juli 2008 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Saarbrücken vom 23. Januar 2008 im Strafausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere als Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des
Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im
Übrigen wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in zwei
Fällen unter Einbeziehung einer Strafe aus einer
Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei
Monaten verurteilt. Gegen die Verurteilung wendet sich der Angeklagte
mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts
gestützten Revision.
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1. Die Nachprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen den
Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler ergeben (§ 349 Abs.
2 StPO). Der Strafausspruch hat hingegen keinen Bestand.
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a) Das Landgericht hat bei der Bemessung der wegen der Straftaten nach
§ 176 StGB verhängten Einzelstrafen (jeweils
Freiheitsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten) zu Lasten des
Angeklagten gewertet, es sei „davon auszugehen“,
dass die Taten des Angeklagten bei der Geschädigten insoweit
Spuren hinterlassen haben, als sich diese, „sei es auch nur
durch die Überlegung, ob es sich lohnt, den Angeklagten mit
den Taten zu erpressen", über längere Zeit mit den
Vorfällen beschäftigt habe. Weiterhin hat es
strafschärfend berücksichtigt, dass auch der Umstand,
dass die Geschädigte infolge der Tat aus ihrem gewohnten
Umfeld gerissen worden ist, in ihrer Entwicklung Spuren hinterlassen
haben „dürfte“.
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b) Diese Ausführungen lassen besorgen, dass die Strafkammer
verkannt hat, dass der Zweifelssatz uneingeschränkt auch
für die Strafzumessung gilt (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 41
m.w.N.). Eine zum Nachteil des Angeklagten auf bloße
Vermutungen hinsichtlich möglicherweise auftretender Folgen
der Tat gestützte Strafzumessung ist unzulässig (BGH
aaO; vgl. auch Fischer StGB 55. Aufl. § 176 Rn. 36).
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2. Der Senat kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit
ausschließen, dass das Landgericht ohne die aufgezeigten
rechtlich bedenklichen Erwägungen auf niedrigere Einzelstrafen
erkannt hätte. Dies führt zur Aufhebung des gesamten
Strafausspruchs.
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Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann |