BGH,
Beschl. v. 17.6.2008 - 3 StR 217/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 217/08
vom
17. Juni 2008
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u. a.
- 2 -
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 17. Juni 2008 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Oldenburg vom 23. Januar 2008 dahin geändert, dass der
Angeklagte schuldig ist
- des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit
sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und mit Beischlaf zwischen
Verwandten,
- des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit
sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in zwei Fällen,
- des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern,
- des sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen,
- des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit
Beischlaf zwischen Verwandten in drei Fällen und
- des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in drei
Fällen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und
die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
- 3 -
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten "wegen sexuellen Missbrauchs von
Schutzbefohlenen in zwölf Fällen, davon in zwei
Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern und
in sieben Fällen jeweils in Tateinheit mit Beischlaf zwischen
Verwandten, wovon wiederum vier Fälle in Tateinheit mit
schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern stehen," zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Seine auf die
Sachrüge gestützte Revisi-on führt zur
Änderung des Schuldspruchs (§ 349 Abs. 4 StPO); im
Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2
StPO).
1
Zutreffend hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:
2
"In den Fällen 3, 4 und 5 ist bezüglich der
tateinheitlich abgeurteilten Delikte des Beischlafs zwischen Verwandten
Strafverfolgungsverjährung eingetreten. Dasselbe gilt in den
Fällen 1, 2 und 3 hinsichtlich des sexuellen Missbrauchs von
Schutzbefohlenen.
Die Verjährungsfristen für die Delikte des Beischlafs
zwischen Verwandten und des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen
betragen gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB
jeweils fünf Jahre. Die Strafverfolgungsverjährung
wurde erstmals durch die erste Vernehmung des Beschuldigten am 20. Juli
2005 gemäß § 78a Abs. 1 Nr. 1 StGB
unterbrochen. Zu diesem Zeitpunkt war bereits
Verfolgungsverjährung eingetreten, weil zu Gunsten des
Angeklagten jeweils von dem frühesten Tatzeitpunkt auszugehen
ist (BGH NJW 1995, 1298; Fischer StGB 55. Auflage § 78 Rdn.
6). Zwar ruht nach § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB in der durch das
Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vom 27. Dezember 2003
geänderten Fassung die Verjährung auch bei Straftaten
nach § 174 StGB bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des
Opfers. Diese Regelung gilt auch rückwirkend für vor
Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. April 2004 begangene Taten. Jedoch
ist Ihre Anwendung ausgeschlossen, wenn zum Zeitpunkt des
Inkrafttretens des Änderungsgesetzes - wie vorliegend -
bereits Verfolgungsverjährung eingetreten war (BGHSt 47, 245,
246, 247; NStZ 1997, 296; 1998, 244; 2000, 251; NStZ-RR 1999, 139;
Fischer aaO § 78b Rdn. 3 m.w.N.)."
- 4 -
Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend abgeändert und
gleichzeitig übersichtlich und verständlich gefasst
(s. dazu Senatsbeschluss vom 24. April 2003 - 3 StR 369/01 = Beck RS
2003 0462). Der Strafausspruch bleibt von der
Schuldspruchänderung unberührt; denn es kann
ausgeschlossen werden, dass das Landgericht in den betroffenen
Fällen auf geringere Einzelstrafen oder auf eine niedrigere
Gesamtstrafe erkannt hätte, wenn ihm die teilweise
Verjährung des tateinheitlich verwirklichten sexuellen
Missbrauchs von Schutzbefohlenen oder des Beischlafs zwischen
Verwandten bewusst gewesen wäre. Es hat weder die
tateinheitliche Begehung des § 173 StGB noch des §
174 StGB strafschärfend herangezogen. Im Übrigen
können selbst verjährte Taten - wenn auch mit
geringerem Gewicht - im Rahmen der Strafzumessung
berücksichtigt werden (BGHSt 41, 310; BGH StV 1994, 324;
NStZ-RR 1998, 175; Fischer, StGB 55. Aufl. § 46 Rdn. 38 b m.
w. N.).
3
Da die Revision nur in geringem Umfang Erfolg hat, erscheint es nicht
unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels
und
4
- 5 -
den ihm hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu belasten
(§ 473 Abs. 4 StPO).
Becker Miebach von Lienen
Die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert und Dr. Schäfer befinden sich
im Urlaub und sind daher gehindert
zu unterschreiben.
Becker |