BGH,
Beschl. v. 17.6.2008 - 3 StR 221/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 221/08
vom
17. Juni 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Diebstahls u. a.
- 2 -
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 17. Juni 2008 gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Bückeburg vom 20. Februar 2008, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin berichtigt, dass der Angeklagte des Diebstahls
in Tateinheit mit Sachbeschädigung schuldig ist;
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine
Entscheidung über die Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen
Diebstahls im besonders schweren Fall in Tateinheit mit
Sachbeschädigung" zu ei-
1
- 3 -
ner Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Mit
seiner Revision rügt er die Verletzung formellen und
materiellen Rechts.
Das Rechtsmittel ist aus den Gründen der Antragsschrift des
Generalbundesanwalts im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO
unbegründet, soweit es sich gegen den Schuld- und
Strafausspruch richtet. Jedoch hat der Senat den Schuldspruch
berichtigt, weil weder das Vorliegen gesetzlicher Regelbeispiele
für besonders schwere Fälle noch die Tatbegehung als
Mittäter in die Urteilsformel aufzunehmen sind (vgl. BGHSt 27,
287, 289; Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 260 Rdn.
24, 25).
2
Das Urteil kann jedoch nicht bestehen bleiben, soweit eine Entscheidung
zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
(§ 64 StGB) unterblieben ist. Nach den Feststellungen
konsumierte der Angeklagte Marihuana, Haschisch, Amphetamine, Ecstasy,
Kokain und weitere Drogen (UA S. 4). Die
verfahrensgegenständliche Tat beging er nach vorangegangenem
Alkoholgenuss und dem Konsum von Ecstasy sowie Haschisch oder Marihuana
(UA S. 7, 9). Die Strafkammer konnte nicht ausschließen, dass
dadurch seine Schuldfähigkeit gemäß
§ 21 StGB erheblich vermindert war (UA S. 7, 13). Nach den
Angaben des früheren Mitangeklagten A. beabsichtigten der
Angeklagte und seine Mittäter, die entwendeten
Gegenstände zu verkaufen und von dem Erlös Drogen zu
erwerben (UA S. 10). Unter diesen Umständen liegt es nahe,
dass die Tat auf einen Hang des Angeklagten zurückgehen kann,
berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen.
Dies drängte zu der Prüfung, ob die Voraussetzungen
einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gegeben sind. Der
Tatrichter selbst hat im Rahmen der Bewährungsentscheidung bei
der Verneinung einer günstigen Sozialprognose darauf
abgestellt, dass der Angeklagte bisher eine Therapie gegen seinen
Drogenkonsum nicht absolviert habe (UA S. 14).
3
- 4 -
Die vom Landgericht unterlassene Prüfung erweist sich auch
nicht deshalb als entbehrlich, weil nach § 64 StGB in der
Fassung des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16.
Juli 2007 (BGBI I 1327) die Maßregel nicht mehr zwingend
anzuordnen ist. Denn das Gericht muss das ihm nunmehr
eingeräumte Ermessen auch tatsächlich
ausüben und dies in den Urteilsgründen kenntlich
machen (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 73 f.). Im Übrigen sind nach
den bisherigen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür
erkennbar, dass hier einer der Ausnahmefälle vorliegt, in
denen der Tatrichter nach seinem Ermessen von der Unterbringung absehen
könnte.
4
Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung
der Unterbringungsanordnung nicht (BGHSt 37, 5). Der
Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB
durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.
5
Becker Miebach von Lienen
Hubert Schäfer |