BGH,
Beschl. v. 17.11.2009 - 3 StR 455/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 455/09
vom
17. November 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17. November
2009 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve
vom 7. August 2009 mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur unerlaubten
Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in
Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer
Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die
Revision des Angeklagten hat Erfolg.
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1. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
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Auf Anfrage des nicht revidierenden Mitangeklagten begleitete der
Angeklagte diesen im Januar 2009 bei einer Fahrt von Utrecht nach
Düsseldorf. Den Zweck der Fahrt - den Transport im Fahrzeug
versteckter 827 Gramm Kokain - sowie den Grund seiner Bitte - sein
Sicherheitsgefühl durch die Gesellschaft des ihm seit der
Kindheit bekannten Angeklagten zu steigern - hatte der Mitangeklagte
dem Angeklagten vor Fahrtantritt nicht mitgeteilt; statt dessen hatte
er ihm in Aussicht gestellt, in Düsseldorf gemeinsam auf seine
Kosten auszuge-
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hen sowie eventuell "leichte Mädchen" zu besuchen. Erst
während der Fahrt auf der Autobahn, etwa 30 Fahrminuten von
der Grenze zu Deutschland entfernt, informierte der Mitangeklagte den
als Beifahrer neben ihm sitzenden Angeklagten darüber, dass
sich im Fahrzeug Kokain befinde, welches er in Düsseldorf
übergeben werde. Der Angeklagte nahm dies zur Kenntnis und
stellte das Vorhaben des Mitangeklagten nicht in Frage. Durch die
Begleitung des Angeklagten fühlte sich dieser bei der Einreise
unterstützt. Der Angeklagte wusste, dass er den Mitangeklagten
"durch seine Anwesenheit und freundschaftliche Begleitung bei der
Einfuhr unterstützte und bestärkte" und wollte dies
auch. Menge, Wirkstoffgehalt und die Bestimmung des Kokains zum
gewinnbringenden Weiterverkauf nahm der Angeklagte im Hinblick auf den
versprochenen Abend in Düsseldorf billigend in Kauf.
2. Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch nicht. Als der
Angeklagte in Utrecht in das Fahrzeug stieg, um den Mitangeklagten nach
Düsseldorf zu begleiten, und dadurch objektiv zu einer
Steigerung dessen Sicherheitsgefühls während der
Fahrt beitrug, hatte er noch keinen Vorsatz, durch seine
Präsenz im Fahrzeug den Mitangeklagten bei der Verwirklichung
von dessen Betäubungsmittelstraftat zu unterstützen.
Allein dass er einen entsprechenden Vorsatz später
während der Fahrt aufgrund der erlangten Informationen fasste,
begründet seine Strafbarkeit wegen Beihilfe nicht (BGHR StGB
§ 15 Vorsatz 5; BGH NStZ 1983, 452). Eine solche käme
vielmehr nur in Betracht, wenn er nach Kenntnis von dem wahren Zweck
der Fahrt die weitere Tatbestandsverwirklichung des Mitangeklagten
durch ein strafrechtlich relevantes Verhalten gefördert
hätte; denn die bloß einseitige Kenntnisnahme von
der Tat eines anderen und deren subjektive Billigung ohne einen die
Tatbegehung objektiv fördernden Beitrag reichen nicht aus, um
die Annahme von Beihilfe zu begründen (BGH NStZ 1993, 233,
385; Weber, BtMG 3. Aufl. § 29 Rdn. 827 f.). An einem solchen
Tatbeitrag fehlt es indes.
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a) Ein aktives Tun des Angeklagten zur Unterstützung des
Mitangeklagten ist nicht festgestellt. Ein solches liegt nicht allein
darin, dass der Angeklagte die Fahrt nach Kenntnisnahme von deren Zweck
als Beifahrer fortsetzte. Anders als der ursprünglich nicht
eingeweihte Lenker eines Kraftfahrzeuges, der weiterfährt,
nachdem er die Vornahme einer strafbaren Handlung in dem Fahrzeug
bemerkt hat und diese durch die wahrnehmbare körperliche
Tätigkeit der stetigen Einwirkung auf den Antriebs- und
Lenkmechanismus des Fahrzeugs fördert (BGH VRS 61, 213 f.),
entfaltet der passiv bleibende Beifahrer lediglich durch die weitere
Mitfahrt keine vergleichbare Aktivität, die als
Unterstützungshandlung durch positives Tun gewertet werden
könnte.
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Zwar ist anerkannt, dass Beihilfe auch durch bloße
Anwesenheit im Sinne eines "Dabeiseins" oder "Zugegenseins" bei der
Haupttat geleistet werden kann, wenn dadurch die Tatbegehung
gefördert oder erleichtert wird (offengelassen in BGH StV
1982, 516 f., bejahend BGH StV 1982, 517, 518 jeweils m. Anm. Rudolphi;
Weber aaO Rdn. 829). Jedoch setzt jede Beihilfe durch positives Tun -
auch die so genannte psychische - einen durch aktives Handeln
erbrachten Tatbeitrag des Gehilfen unabdingbar voraus (BGHR §
27 StGB Hilfeleisten 14).
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Einen solchen hat der Angeklagte nicht geleistet. Er verhielt sich nach
den Feststellungen des Landgerichts völlig passiv. Weder
billigte er gegenüber dem Angeklagten ausdrücklich
den Betäubungsmitteltransport noch nahm er aktiv Handlungen
vor, die zumindest als dessen konkludente Billigung verstanden werden
konnten.
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b) Danach kann dem Angeklagten nur angelastet werden, dass er nach
Kenntnisnahme vom wahren Zweck der Fahrt den Mitangeklagten nicht zum
Anhalten aufforderte und aus dem Fahrzeug ausstieg, und damit der
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punkt der Vorwerfbarkeit allein an ein Unterlassen anknüpfen.
Dieses ist jedoch nicht strafbar, weil den Angeklagten keine
Garantenpflicht traf, die Betäubungsmitteleinfuhr zu
verhindern oder sich von ihr räumlich oder in der Sache zu
distanzieren (vgl. BGH StV 1982, 516, 517).
3. Da es nicht ausgeschlossen erscheint, dass im Rahmen einer neuen
Verhandlung weitergehende Feststellungen zu einer früheren
Kenntnis des Angeklagten von dem Zweck der Fahrt getroffen werden
können, ist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an
das Landgericht zurückzuverweisen.
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Becker Pfister Sost-Scheible
Hubert Mayer |