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BGH, Beschluss vom 18. April 2001 - 3 StR 101/01


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 18.4.2001 - 3 StR 101/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 101/01
vom
18. April 2001
in der Strafsache
gegen
wegen Landfriedensbruchs u.a.
- 2 -
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu Ziff. 2. auf dessen Antrag - am
18. April 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Düsseldorf vom 12. Dezember 2000 im Strafausspruch
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten - einen nicht vorbestraften Kurden -
wegen schweren Hausfriedensbruchs in Tateinheit mit Landfriedensbruch und
Zuwiderhandeln gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot zu einer Freiheitsstrafe
von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Nach den Feststellungen
wollte er eine von der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gesteuerte gewaltsame
Besetzung des griechischen Honorarkonsulats in Düsseldorf dadurch
unterstützen, daß er in das Gebäude hineinging und sich dort aufhielt. Die auf
die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten
hat im Strafausspruch Erfolg.
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1. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat
zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben
(§ 349 Abs. 2 StPO). Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts
bemerkt der Senat:
Die Strafkammer hat den Angeklagten zu Recht wegen schweren Hausfriedensbruchs
verurteilt. Dabei kann für die Entscheidung offen bleiben, ob ein
Täter, der sich einer in ein befriedetes Besitztum bereits eingedrungenen Menschenmenge
nachträglich anschließt, wegen schweren Hausfriedensbruchs
bestraft werden kann. Als der Angeklagte in das Gebäude hineingegangen ist,
dauerte nämlich das widerrechtliche Eindringen noch an, weil das Gebäude zu
diesem Zeitpunkt - wie sich aus den Urteilsfeststellungen ergibt (UA S. 5) -
ständig von weiteren Demonstranten betreten wurde.
2. Der Strafausspruch hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Das Landgericht hat bei der Strafzumessung und der Entscheidung über
die Strafaussetzung zur Bewährung u.a. ausgeführt: "Der Angeklagte hat bis
heute nicht erkennen lassen, sich der Strafbarkeit seines Handelns bewußt zu
sein. Das Motiv für sein Handeln hat er abzuleugnen, die Tat selbst zu bagatellisieren
versucht. Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens sind bei ihm
- wie er angegeben hat - nicht aufgekommen. Die Kammer befürchtet hiernach,
daß sich der Angeklagte bei ähnlichem Anlaß abermals strafbar verhalten wird,
um seine politischen Vorstellungen zu verwirklichen. Eine günstige Sozialprognose
im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB vermag die Kammer hiernach nicht zu
erkennen. Der ungewöhnliche Anlaß der Hausbesetzung und die besondere
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emotionale Betroffenheit des Angeklagten ... reichen angesichts des Gesamtbildes
der Hausbesetzung und der Einstellung des Angeklagten zu seiner Tat
schließlich nicht aus, besondere Umstände in der Tat und in der Täterpersönlichkeit
(§ 56 Abs. 2 StGB) anzunehmen, die eine Strafaussetzung zur Bewährung
rechtfertigen."
Diese Ausführungen begegnen durchgreifenden Bedenken. Sie lassen
besorgen, daß das Landgericht ein zulässiges Verteidigungsverhalten zum
Nachteil des Angeklagten berücksichtigt hat. Die Erwägung, der Angeklagte
habe Unrechtseinsicht vermissen lassen und versuche, das Tatgeschehen zu
bagatellisieren, läuft darauf hinaus, von ihm die Aufgabe seiner Verteidigungsposition
zu verlangen. Die nachteilige Verwertung eines zulässigen Verteidigungsverhaltens
ist sowohl bei der Strafzumessung als auch bei der Entscheidung
über die Strafaussetzung zur Bewährung rechtsfehlerhaft (vgl. BGHR
StGB § 46 II Nachtatverhalten 5 und 24; § 56 I Sozialprognose 4 und 18; § 56 II
Gesamtwürdigung, unzureichende 6; BGH NStZ 1985, 545). Im übrigen führt
bei einem Überzeugungstäter, der sein Handeln für rechtmäßig oder entschuldigt
hält, das Festhalten an einer politischen Gesinnung allein noch nicht zu
einer ungünstigen Sozialprognose (vgl. BGHR StGB § 56 I Sozialprognose 28),
da er sich durch eine gegen ihn verhängte Strafe so beeindrucken lassen kann,
daß er in Zukunft trotz seiner Überzeugung die Strafgesetze achtet.
- 5 -
Da der Senat nicht ausschließen kann, daß der aufgezeigte Rechtsfehler
nicht nur die Bewährungsentscheidung, sondern auch die Höhe der verhängten
- an sich maßvollen - Freiheitsstrafe beeinflußt hat, hat er den gesamten Strafausspruch
aufgehoben.
Kutzer Miebach Winkler
RiBGH Pfister ist durch Krankheit von Lienen
verhindert zu unterschreiben.
Kutzer



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