BGH,
Beschl. v. 18.12.2007 - 3 StR 516/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 516/07
vom
18.12.2007
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 18.12.2007 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve
vom 25. Juli 2007 im Maßregelausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und
sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es die Unterbringung
des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt,
dass zwei Jahre der verhängten Freiheitsstrafe vor der
Maßregel vollzogen werden sollen. Mit seiner auf die
Anordnung der Dauer des Vorwegvollzugs beschränkten Revision
rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das
Rechtsmittel führt zur Aufhebung des
Maßregelausspruchs insgesamt.
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1. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist der Angeklagte
betäubungsmittelabhängig und konsumierte bis zu
seiner Festnahme täglich zwei bis vier Gramm Heroin sowie ein
halbes Gramm Kokain. Er absolvierte bislang erfolglos insgesamt 13
stationäre Entzugsbehandlungen, darunter auch mehrere
Langzeitentwöhnungstherapien. Die letzte Behandlung, die im
Januar 2007 stattfand, brach der Angeklagte, wie die meisten zuvor,
vorzeitig ab. Zur Erfolgsaussicht der Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt hat das Landgericht ausgeführt, dem
Angeklagten sei es zwar in der Vergangenheit nicht gelungen, ein
drogenfreies Leben zu führen. Allerdings habe der
Sachverständige überzeugend dargelegt, dass die
Therapie aufgrund der Bedingungen im Rahmen des § 64 StGB mehr
Erfolg verspreche als die bisher durchgeführten Behandlungen,
da sie in beschützter Umgebung stattfinde. Auch habe der
Angeklagte versichert, in Zukunft ein drogenfreies Leben
führen zu wollen. Danach könne die Erfolgsaussicht
„nicht verneint werden“. Seine Entscheidung zur
Dauer des Vorwegvollzugs hat das Landgericht damit begründet,
dass § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB nF anwendbar sei. Nach der
Einschätzung des Sachverständigen sei bei dem
Angeklagten eine Therapie von eineinhalb bis zwei Jahren erforderlich.
Bei der verhängten Freiheitsstrafe von fünf Jahren
und sechs Monaten sei daher ein Vorwegvollzug der verhängten
Freiheitsstrafe in Höhe von zwei Jahren anzuordnen.
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2. Die Revision rügt zu Recht, dass die Bestimmung der Dauer
des Vorwegvollzugs rechtsfehlerhaft erfolgt ist.
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Das Landgericht hat zwar zutreffend die Neufassung des § 67
StGB gemäß dem Gesetz zur Sicherung der
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer
Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1327) angewandt und
bedacht, dass nach § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB nF das
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Gericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren
bestimmen soll, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu
vollziehen ist. Die Festsetzung des vorweg zu vollstreckenden Teils der
Freiheitsstrafe auf zwei Jahre lässt jedoch nicht erkennen,
dass § 67 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 5 Satz 1 StGB
nF beachtet worden ist. Danach ist der Teil der vorweg zu
vollstreckenden Strafe so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und
einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung
über eine Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung
nach Erledigung der Hälfte der Strafe möglich ist.
Bei der ausgeurteilten Freiheitsstrafe von fünf Jahren und
sechs Monaten ist der Halbstrafenzeitpunkt nach zwei Jahren und neun
Monaten erreicht. Dieser Zeitpunkt wird bei der vom Landgericht
angenommenen Therapiedauer von eineinhalb bis zwei Jahren
überschritten, wenn zuvor zwei Jahre Freiheitsstrafe
vollstreckt werden. Die Anordnung des Vorwegvollzuges wirkt sich somit
hier für den Angeklagten wie ein zusätzliches
Strafübel aus (vgl. BGH NStZ 2007, 30).
3. Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt als
solche begegnet ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie
setzt sowohl nach § 64 Abs. 2 StGB aF - bei der gebotenen
verfassungskonformen Auslegung (vgl. BVerfGE 91, 1; BGHR StGB
§ 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 5, 9) - wie auch nach §
64 Satz 2 StGB i. d. F. des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in
einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom
16. Juli 2007 (aaO) die hinreichend konkrete Aussicht auf einen
Behandlungserfolg voraus. Die bloße Feststellung des
Landgerichts, die Erfolgsaussicht könne nicht verneint werden,
reicht deshalb nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass sich in
Persönlichkeit und Lebensumständen des Verurteilten
konkrete Anhaltspunkte für einen erfolgreichen Verlauf der
Therapie finden lassen (vgl. Fischer, StGB 55. Aufl. § 64 Rdn.
19). Hieran bestehen insbesondere
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aufgrund der Dauer der Betäubungsmittelabhängigkeit
des Angeklagten und der Vielzahl der bisher ohne Ausnahme erfolglos
absolvierten Therapien begründete Zweifel. Bei einem derartig
verfestigten und langjährigen Drogenkonsum wird allein mit dem
nicht näher ausgeführten Hinweis des Landgerichts auf
die „geschützte Umgebung“ bei einer
Maßregel gemäß § 64 StGB und die
Versicherung des Angeklagten, in Zukunft ein drogenfreies Leben
führen zu wollen, die konkrete Erfolgsaussicht der
Maßregel nicht ausreichend belegt.
4. Unter den gegebenen Umständen ist die -
grundsätzlich durchaus mögliche -
Beschränkung der Revision (vgl. BGH, Beschl. vom 24. Juli 2007
- 3 StR 231/07; vgl. auch Beschl. vom 15.11.2007 - 3 StR 390/07) auf
die Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs ausnahmsweise
unzulässig. Ihre Rechtswirksamkeit setzt voraus, dass der
Beschwerdepunkt nach dem inneren Zusammenhang des Urteils
losgelöst von seinem nicht angefochtenen Teil rechtlich und
tatsächlich unabhängig beurteilt werden kann, ohne
eine Überprüfung des Urteils im Übrigen
erforderlich zu machen (vgl. BGHSt 29, 359, 364; 39, 208, 209; 41, 57,
59). Dies ist hier nicht der Fall.
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Die Dauer des Vorwegvollzugs hängt gemäß
§ 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 5 Satz 1 StGB nF von der
Höhe der verhängten Strafe und der voraussichtlichen
Dauer der Unterbringung gemäß § 64 StGB ab.
Für letztere ist derjenige Zeitraum maßgebend, der
bei prognostischer Beurteilung erforderlich erscheint, um einen
Behandlungserfolg zu erzielen. Die Festlegung einer angemessenen Dauer
der Unterbringung setzt deshalb voraus, dass die Maßregel als
solche überhaupt Aussicht auf Erfolg bietet. Ist dies bereits
dem Grunde nach nicht der Fall oder zweifelhaft, lässt sich
kein angemessener Zeitraum für die Therapie bemessen. Somit
ist eine unabhängige revisionsrechtliche Beurteilung der
tatrichterlichen Bestimmung der Dauer des Vorwegvollzugs, welche die Er-
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folgsaussicht der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
außer Betracht lässt, nicht möglich.
Andernfalls bestünde zudem die Gefahr, dass der neue
Tatrichter gehalten wäre, eine angemessene Dauer für
die Maßregel festzustellen, auch wenn er -
sachverständig beraten - zu der Überzeugung gelangt,
dass die Erfolgsaussicht der Unterbringung dem Grunde nach zu verneinen
ist.
5. Über die Anordnung der Maßregel ist deshalb
insgesamt unter Hinzuziehung eines Sachverständigen neu zu
befinden.
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RiBGH Pfister ist urlaubs- RiBGH von Lienen ist
bedingt an der Unterzeichnung wegen Krankheit an der
gehindert. Unterzeichnung gehindert.
Tolksdorf Tolksdorf Tolksdorf
Hubert Schäfer |