BGH,
Beschl. v. 18.1.2000 - 4 StR 633/99
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 633/99
vom
18. Januar 2000
in der Strafsache gegen
wegen Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 18. Januar 2000 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Halle vom 7. Mai 1999 mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Fall II 1 der Urteilsgründe
verurteilt worden ist,
b) in den Aussprüchen über die im Fall II 2
verhängte Einzelstrafe und über die Gesamtstrafe.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten "des gemeinschaftlich begangenen
Raubes sowie der gemeinschaftlich begangenen schweren
räuberischen Erpressung" schuldig gesprochen und ihn zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung
sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg; im
übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO.
1. Der Schuldspruch im Fall II 1 der Urteilsgründe wegen
(vollendeten) Raubes hat keinen Bestand.
Nach den Feststellungen wollten der Angeklagte und N. dem Lehrling L.
unter Anwendung von Gewalt Zigaretten wegnehmen. Sie versetzten L.
mehrere Faustschläge. Als dieser zu Boden gefallen war,
durchsuchte ihn N. , "fand jedoch keine Zigaretten. Bei dem
voraufgegangenen Gerangel war L. sein Handy aus der Jackentasche
gefallen, welches N. aufhob und wenig später, als beide den
Tatort verließen, an den Angeklagten weitergab".
Diese Feststellungen vermögen die Verurteilung wegen
vollendeten Raubes nicht zu rechtfertigen. Soweit das Landgericht
hierzu im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausgeführt
hat, die Gewalt sei "als Mittel zur Wegnahme der Zigaretten" eingesetzt
worden, hat es außer acht gelassen, daß bei dem
Tatopfer keine Zigaretten gefunden wurden. Das Landgericht ist zudem im
Rahmen der Beweiswürdigung davon ausgegangen, daß
der Angeklagte und N. das Handy nicht unter Gewaltanwendung weggenommen
haben. "Zweifelsfrei" sei jedoch, daß der Angeklagte
"aufgrund der gesamten Umstände genau erkannte, daß
das Handy, welches ihm N. beim Weglaufen zeigte, von L. stammte und er
somit bewußt ein durch eine Unterschlagung in den Besitz von
N. gelangtes Handy einsteckte, um es zu ihrer beider Nutzen zu
verkaufen." Nach diesen widersprüchlichen
Ausführungen kommt lediglich eine Verurteilung wegen
versuchten Raubes, allerdings - was das Landgericht übersehen
hat - in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung
(§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB), sowie wegen Hehlerei (an dem von N.
unterschlagenen Handy) in Betracht. Da nicht auszuschließen
ist, daß weitergehende Feststellungen getroffen werden
können, die die Annahme eines vollendeten Raubes zu tragen
vermögen, scheidet eine Schuldspruchänderung durch
den Senat aus.
2. Der mit der Aufhebung der Verurteilung im Fall II 1 der
Urteilsgründe verbundene Wegfall der wegen dieser Tat
verhängten Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren zieht die
Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich.
Der neue Tatrichter wird sich im Falle einer erneuten Verurteilung im
Fall II 1 der Urteilsgründe, da der Angeklagte bei der
Begehung dieser Tat noch Heranwachsender (§§ 1, 105
JGG) war, mit der - vom Landgericht nicht erörterten - Frage
auseinanderzusetzen haben, ob auf die Taten gemäß
§ 32 JGG einheitlich Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht
anzuwenden ist (vgl. Eisenberg JGG 8. Aufl. § 32 Rdn. 10 ff.
m.w.N.). Deshalb kann auch die im Fall II 2 verhängte
Einzelfreiheitsstrafe nicht bestehen bleiben.
3. Sofern der neue Tatrichter wiederum zur Anwendung des allgemeinen
Strafrechts gelangt, wird zu prüfen sein, ob die Geldstrafe
aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 13. November
1998, die nach den Feststellungen zum Zeitpunkt der Verkündung
des angefochtenen Urteils noch nicht erledigt war,
gemäß § 55 StGB einzubeziehen oder ob nach
§ 53 Abs. 2 Satz 2 StGB zu verfahren ist. Dies gilt auch dann,
wenn die Geldstrafe inzwischen erledigt sein sollte (vgl. BGHR StGB
§ 55 Abs. 1 Satz 1 Erledigung 1; BGH, Beschluß vom
13. April 1999 - 4 StR 119/99 jew. m.N.).
Meyer-Goßner Maatz Kuckein
Athing Ernemann |