BGH,
Beschl. v. 18.7.2003 - 2 StR 239/03
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 239/03
vom
18. Juli 2003
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubs
- 2 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 18. Juli 2003
gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Wiesbaden vom 20. März 2003 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubs zu der
Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner
Revision
rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen
Rechts. Das
Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.
Die Verurteilung wegen schweren Raubs hält der rechtlichen
Prüfung
nicht stand. Die Feststellungen der Strafkammer belegen nicht
ausreichend,
daß der Angeklagte in der Absicht rechtswidriger Zueignung
handelte, als er
dem mit einem Fleischermesser und verbalen Bedrohungen
verängstigten Tatopfer
aus dessen Portemonnaie 220 € wegnahm. Der Angeklagte hatte
von dem Tatopfer vergeblich die Rückzahlung der Kaution aus
einem gekündigten
Gaststätten-Pachtvertrag verlangt, obwohl die ihm
übersandte Abrechnung des
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Vertragsverhältnisses mit einem Saldo von 1.350 DM zu Lasten
des Angeklagten
endete (UA S. 9). Die Strafkammer stellt nicht fest, daß der
Angeklagte
zumindest billigend in Kauf genommen hat, keinen eigenen Geldanspruch
aus
dem Pachtvertrag zu haben. Sie teilt vielmehr die Einlassung des
Angeklagten
mit, er habe 15.000 DM in die Gaststätte investiert (UA S.
14). Sowohl bei der
Strafrahmenwahl als auch bei der konkreten Strafzumessung
berücksichtigt die
Strafkammer zu Gunsten des Angeklagten, daß er bei der Tat
möglicherweise
noch immer davon ausgegangen sei, ihm stehe ein Anspruch auf die
Rückzahlung
der Kaution zu (UA S. 23).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
befindet
sich ein Täter, der irrtümlich annimmt, sich das
weggenommene Geld zueignen
zu dürfen, in einem den Vorsatz ausschließenden
Tatbestandsirrtum (vgl.
BGHR StGB § 249 Zueignungsabsicht 10; BGHSt 17, 87, 91; BGH,
Beschl.
vom 19. Mai 1995 - 2 StR 197/95 - und vom 15. Mai 2001 - 3 StR 153/01).
Das
Landgericht hätte daher nicht erst bei der Strafzumessung,
sondern bereits bei
den Feststellungen zur subjektiven Tatseite und der
Beweiswürdigung hierzu
erörtern und entscheiden müssen, ob der Angeklagte an
einen Zahlungsanspruch
gegen das Tatopfer glaubte oder ob er zumindest billigend in Kauf
nahm, einen solchen Anspruch nicht zu haben. Kann - gegebenenfalls unter
Anwendung des Zweifelssatzes - nicht ausgeschlossen werden,
daß der Angeklagte
an einen bestehenden Geldanspruch gegen das Tatopfer glaubte, steht
dem Schuldspruch wegen schweren Raubs ein Tatbestandsirrtum hinsichtlich
der Rechtswidrigkeit der Zueignung des weggenommenen Gelds entgegen.
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Der Senat hebt die Feststellungen insgesamt auf, damit dem neuen
Tatrichter
nicht durch die teilweise Bindung an das angefochtene Urteil umfassende
und widerspruchsfreie eigene Feststellungen zum Tatgeschehen erschwert
werden.
Rissing-van Saan Detter Bode
Rothfuß Fischer |