BGH,
Beschl. v. 18.7.2007 - 1 StR 248/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 248/07
vom
18.7.2007
in dem Sicherungsverfahren
gegen
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Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Juli 2007
beschlossen:
Die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil des Landgerichts
Traunstein vom 8. März 2007 wird als unbegründet
verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der
Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Beschuldigten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Der 57-jährige Beschuldigte leidet an einer
„anhaltend wahnhaften Störung mit systematisiertem
Wahn“. Dies äußert sich bei ihm vor allem
in Verfolgungswahnideen. Deshalb schuldunfähig griff der
Beschuldigte am 20. Januar 2005 um die Mittagszeit seine seit 1993 von
ihm getrennt lebende und seit 2001 von ihm geschiedene Ehefrau, die er
schon vorher einem Stalker ähnlich verfolgt hatte, vor ihrem
Haus unter Beleidigungen und Tötungsdrohungen tätlich
an und verletzte sie nicht unerheblich. Auf Zuruf einer Anwohnerin, sie
werde die Polizei rufen, ließ der Beschuldigte von seiner
geschiedenen Frau ab. Ähnliches kann sich jederzeit auch
gegenüber anderen nahen Angehörigen mit
schwerwiegenden Folgen wiederholen. Der Beschuldigte wurde deshalb am
6. September 2005 zunächst nach dem Bayerischen
Unterbringungsgesetz in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht
und erst anschließend - ab dem 10. September 2005 -
gemäß § 126a StPO in derselben Einrichtung.
Der Beschuldigte befand sich dann nochmals in Freiheit
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vom 4. Januar 2006 bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts am 2.
Februar 2006, nachdem das Landgericht zunächst die
Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt hatte. Das Landgericht
hat dann die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen
Krankenhaus mit Urteil vom 8. März 2007 rechtsfehlerfrei (vgl.
Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 30. Mai 2007) angeordnet.
Gleichwohl weist der Senat darauf hin, dass im Hinblick auf das
Übermaßverbot in Fällen wie hier der
weniger stigmatisierenden Unterbringung des gefährlichen
Kranken nach Polizeirecht grundsätzlich der Vorzug gegeben
werden sollte, zumal wenn diese bereits vollzogen wird. Das
Legalitätsprinzip gilt für das Sicherungsverfahren
nicht, wie aus dem Wortlaut des § 413 StPO folgt (vgl.
Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 413 Rdn. 10;
Gössel in Löwe/ Rosenberg, StPO 25. Aufl. §
413 Rdn. 20 ff.; Fischer in KK-StPO 5. Aufl. § 413 Rdn. 14).
Allerdings kann der Antrag auf Durchführung des
Sicherungsverfahrens nach Eröffnung des Hauptverfahrens nicht
mehr zurückgenommen werden (§§ 414, 156
StPO). Im weiteren Verlauf - etwa bei Prüfungen
gemäß § 67e StGB - wird je-
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doch zu überlegen sein, welche alternativen
Lösungsmöglichkeiten in Betracht kommen. Hierzu
verweist der Senat auf sein Urteil vom 27. März 2007 - 1 StR
48/07 - Rdn. 5.
Wahl Boetticher Kolz
Hebenstreit Graf |