BGH,
Beschl. v. 18.7.2007 - 5 StR 279/07
5 StR 279/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 18.7.2007
in der Strafsache
gegen
wegen vorsätzlichen Vollrausches
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18.7.2007 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Frankfurt (Oder) vom 4. April 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO mit
den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine
Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben
ist.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen
Vollrausches zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten
verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seinem
Rechtsmittel, dessen unbeschränkte Durchführung auch
unter Hinweis auf § 64 StGB ausdrücklich
gewünscht wird.
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Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der
Sachrüge hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen den
Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben. Ein
sachlich-rechtlicher Mangel liegt jedoch darin, dass das Landgericht
nicht erkennbar geprüft hat, ob eine Maßregel nach
§ 64 StGB anzuordnen war. Nach den Feststellungen
drängte sich eine solche Prüfung auf.
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Danach betrieb der Angeklagte schweren Alkoholmissbrauch. So trank er
bereits als junger Erwachsener Bier zum Frühstück.
Hatte er bisher an Wochenenden und nach Feierabend Bier getrunken, so
steigerte sich sein Alkoholkonsum, indem er zunehmend hochprozentige
alkoholische Getränke zu sich nahm. Gerade in Zeiten immer
wiederkehrender Arbeitslosigkeit trank er sehr viel Alkohol. Unter
dessen Wirkung wurde er aggressiv, wütend und aufbrausend.
Bereits 1997 war der Angeklagte wegen des Verdachts der
Alkoholabhängigkeit aus einem
Beschäftigungsverhältnis entlassen worden. Auch eine
Beziehung scheiterte an mit dem Alkoholkonsum verbundenen Problemen. Im
Verlauf der Partnerschaft mit der alkoholabhängigen S. trank
der Angeklagte seit 2002 „mehr und mehr Alkohol“.
Der Angeklagte erstach S. im alkoholbedingt schuldunfähigen
Zustand (4,09 Promille).
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Angesichts dieser Feststellungen liegt es nahe, dass der Angeklagte den
in § 64 Abs. 1 StGB beschriebenen Hang aufweist. Zwar hat das
Landgericht ein Abhängigkeitssyndrom ohne weitere
Erörterung unter Berufung auf den Sachverständigen
abgelehnt, dieses ist aber auch nicht zwingende Voraussetzung
für die Annahme eines Hangs (BGHR StGB § 64 Hang 2
und § 64 Abs. 1 Hang 5). Denn hierunter fällt nicht
nur eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende
Abhängigkeit, sondern es genügt eine eingewurzelte,
aufgrund psychischer Disposition bestehende oder durch Übung
erworbene intensive Neigung, immer wieder Alkohol oder andere
Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, ohne dass
diese den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben
muss (BGH, Beschluss vom 18. August 1998 - 5 StR 363/98). Dass eine
solche Neigung - wie sie bei dem festgestellten Alkoholmissbrauch des
Angeklagten außerordentlich naheliegt - zur Anordnung der
Maßregel des § 64 StGB ausreichen kann, hat das
Landgericht nicht ersichtlich bedacht. Auch ergibt sich aus den
bisherigen Feststellungen nicht, dass eine stationäre Therapie
keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. BVerfGE 91, 1, 28
ff.) oder andere Voraussetzungen der Maß-regelanordnung
offensichtlich nicht vorliegen. Angesichts des Gewichts der
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Anlasstat gilt dies trotz der bisherigen Unbestraftheit des Angeklagten
auch für die Gefährlichkeitsprognose (vgl. BGHR StGB
§ 64 Abs. 1 Gefährlichkeit 2 und 7; BGH, Beschluss
vom 14. März 2007 - 5 StR 535/06).
Der Senat kann ausschließen, dass die Freiheitsstrafe, deren
Bemessung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufweist,
bei Anordnung einer Maßregel noch milder hätte
ausfallen können, weswegen der neue Tatrichter unter
Hinzuziehung eines Sachverständigen nur noch die
Maßregelfrage zu prüfen haben wird.
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Basdorf Häger Gerhardt
Brause Jäger |