BGH,
Beschl. v. 18.6.2009 - 3 StR 194/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 194/09
vom
18. Juni 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen schwerer räuberischer Erpressung u. a.
hier: Revision des Angeklagten A.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 18. Juni 2009 gemäß §
349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1, § 357 StPO einstimmig
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten A. wird das Urteil des Landgerichts
Kiel vom 19. Dezember 2008, auch soweit es die Mitangeklagten M. und T.
betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagten
folgender Taten schuldig sind:
- der Angeklagte A. und der Mitangeklagte M. jeweils der versuchten
besonders schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung,
- der Mitangeklagte T. der versuchten besonders schweren
räuberischen Erpressung in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung und des Diebstahls;
b) im Strafausspruch aufgehoben
- hinsichtlich des Angeklagten A. und des Mitangeklagten M. insgesamt,
- hinsichtlich des Mitangeklagten T. bezüglich der
Einzelstrafe für die Tat II. 1.-3. der Urteilsgründe
und der Gesamtstrafe;
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jedoch bleiben die jeweils zugehörigen Feststellungen bestehen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten A. wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat alle Angeklagten der "gemeinschaftlichen schweren"
räuberischen Erpressung in Tateinheit mit
gefährlicher Körperverletzung, den Mitangeklagten T.
zusätzlich des Diebstahls schuldig gesprochen. Es hat gegen
den Angeklagten A. eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs
Monaten, gegen den Mitangeklagten M. eine solche von zwei Jahren und
elf Monaten sowie gegen den Mitangeklagten T. eine
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten
verhängt. Die auf sachlichrechtliche Beanstandungen
gestützte Revision des Angeklagten A. hat in dem aus der
Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen
ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Nach den Feststellungen fassten die Angeklagten den Entschluss, von
den Zeugen G. und S. Geld zu erpressen. T. und M. drangen mit zwei
weiteren, unbekannt gebliebenen Tätern in die
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Wohnung der Eheleute G. ein. Sie schlugen mit Schlagstöcken
auf den Zeugen G. ein, um diesen zu veranlassen, ihrer Geldforderung
nachzugeben. Auf entsprechendes Geheiß der Angeklagten rief
der Zeuge G. den Zeugen S. an und bat diesen, in die Wohnung zu kommen.
Der Zeuge S. entsprach dieser Bitte und wurde in der Wohnung
überwältigt. Der sodann telefonisch herbeigerufene A.
verlangte von beiden Zeugen die Zahlung von jeweils 1.500 €
binnen einer Woche. Für den Fall der Nichtzahlung wurde den
Zeugen u. a. damit gedroht, dass gegebenenfalls andere Tschetschenen
kämen, die dafür sorgen würden, dass man die
Zeugen lange würde suchen müssen.
Die Zeugen nahmen die Gewalt und die Drohungen ernst; gleichwohl
wollten sie nicht zahlen und waren hierzu aufgrund der Höhe
ihres Verdienstes auch gar nicht in der Lage. Sie zeigten deshalb am
nächsten Morgen das Geschehen bei der Polizei an. Etwa zwei
Wochen später rief M. den Zeugen S. an und verlangte das Geld.
Man kam überein, dass die 3.000 € am Abend des
gleichen Tages auf dem Parkplatz eines Baumarkts übergeben
werden sollten. Da die Zeugen G. und S. weiterhin nicht zahlen wollten
und konnten, wurde das Geld zum Zwecke der
Überführung der Täter von der Staatskasse
zur Verfügung gestellt und dem Zeugen S. in einem
Briefumschlag übergeben. Der Zeuge und die Angeklagten begaben
sich getrennt zu dem vereinbarten Treffpunkt; dort waren etwa 20
Polizeibeamte anwesend. Der verängstigte Zeuge, der sich nur
aufgrund des von den Angeklagten ausgeübten Drucks an deren
Überführung beteiligte, legte schließlich
den Briefumschlag mit dem Geld auf Verlangen des A. in dessen PKW.
Sodann gingen A. und M. zu Fuß weg; T. beobachtete das
Geschehen aus einem in der Nähe befindlichen Fitnessstudio.
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Einige Zeit später nahmen die Polizeibeamten die Angeklagten
fest und stellten das Geld sicher.
2. Diese - rechtsfehlerfrei getroffenen - Feststellungen belegen
entgegen der Auffassung des Landgerichts keine vollendete, sondern
lediglich eine versuchte besonders schwere räuberische
Erpressung (§ 253 Abs. 1 und 2, §§ 255, 250
Abs. 2 Nr. 1, §§ 22, 23 Abs. 1, § 25 Abs. 2
StGB).
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Die als Teilelement in der räuberischen Erpressung enthaltene
Nötigung setzt zu ihrer vollständigen Verwirklichung
voraus, dass das Opfer durch die Zwangswirkung des
Nötigungsmittels zu der vom Täter erstrebten Handlung
bewegt und in diesem Sinne der Wille des Opfers gebeugt wird. An einem
für die Tatvollendung vorausgesetzten Handeln unter dem Druck
der Nötigungsmittel fehlt es, wenn das Opfer sich diesem Druck
des Täters gerade nicht beugen will und nicht - zumindest auch
- aufgrund der ausgeübten Gewalt oder aus Furcht vor der
Verwirklichung der Drohung, sondern nur deshalb zahlt, weil die Polizei
oder ein sonstiger Dritter ihm dies, etwa aus ermittlungstaktischen
Gründen zur Überführung der Täter,
rät (vgl. BGHR StGB § 255 Vollendung 1; BGH bei
Dallinger MDR 1953, 722).
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So liegt der Fall hier. Die Zeugen G. und S. hatten trotz der gegen sie
eingesetzten Nötigungsmittel endgültig entschieden,
die geforderte Geldsumme nicht zu zahlen. Der Zeuge S. leistete der
Aufforderung zur Übergabe der 3.000 € darum nicht
aufgrund der ausgeübten Gewalt oder der ausgesprochenen
Drohungen sondern ausschließlich deshalb Folge, um an der
Überführung der Angeklagten mitzuwirken, wenn er
hierzu auch nur aufgrund des auf ihn ausgeübten Drucks bereit
war. Damit scheidet die Vollendung der räuberischen Erpressung
aus, ohne dass es noch darauf ankommt, ob aufgrund der
Überwachung durch die Polizei ein erfolgreicher Abschluss der
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Tatausführung nicht mehr in Betracht kam (vgl. BGHR StGB
§ 255 Versuch 1; § 253 Abs. 1
Vermögensschaden 6; BGH StV 1998, 80).
3. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen
Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden könnten, die
eine vollendete räuberische Erpressung belegen
würden; er ändert deshalb selbst den Schuldspruch in
entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO ab. §
265 StPO steht dieser Schuldspruchänderung nicht entgegen;
denn die Angeklagten hätten sich gegen den Vorwurf der
versuchten räuberischen Erpressung nicht anders verteidigen
können als gegen denjenigen der vollendeten Tat.
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Da die Angeklagten die Voraussetzungen des § 250 Abs. 2 Nr. 1
StGB verwirklichten, ist die Tat im Urteilstenor als versuchte
besonders schwere räuberische Erpressung zu bezeichnen (vgl.
BGH, Beschl. vom 7. März 2006 - 3 StR 52/06); die Angabe, dass
die Angeklagten als Mittäter handelten, entfällt
(vgl. Meyer-Goßner, StPO 51. Aufl. § 260 Rdn. 24 m.
w. N.).
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4. Die auf die Sachrüge veranlasste Abänderung des
Schuldspruchs erstreckt sich auch auf die Verurteilung der
Mitangeklagten M. und T. , die keine Revision eingelegt haben
(§ 357 StPO); denn die rechtsfehlerhafte Würdigung
der Tat als vollendete räuberische Erpressung betrifft alle
Angeklagten in gleicher Weise.
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5. Die Änderung des Schuldspruchs bedingt bei dem Angeklagten
A. und dem Mitangeklagten M. jeweils die Aufhebung des Strafausspruchs.
Bei dem Mitangeklagten T. nötigt sie zur Aufhebung der
für die Tat II. 1.-3. der Urteilsgründe
verhängten Einzel- sowie der Gesamtstrafe;
demgegenüber kann die Einzelstrafe bestehen bleiben, auf die
das Landgericht für
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die Tat II. 4. der Urteilsgründe (Diebstahl zum Nachteil des
Unternehmens H. ) erkannt hat.
Der Subsumtionsfehler der Strafkammer lässt die
rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen unberührt. Der
neue Tatrichter ist nicht gehindert, ergänzende Feststellungen
zu treffen; diese dürfen allerdings zu den bisherigen nicht in
Widerspruch stehen.
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Becker Pfister von Lienen
RiBGH Hubert befindet sich
im Urlaub und ist daher gehindert
zu unterschreiben.
Becker Schäfer |