BGH,
Beschl. v. 19.4.2000 - 5 StR 80/00
5 StR 80/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 19. April 2000
in der Strafsache gegen
1.
2.
3.
wegen Hehlerei u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. April 2000
beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Hamburg vom 22. Oktober 1999 nach § 349 Abs. 4 StPO
a) in den Schuldsprüchen dahin geändert,
daß der Angeklagte B der versuchten Hehlerei, der Angeklagte
C der versuchten gewerbsmäßigen Hehlerei, jeweils in
Tateinheit mit Vorbereitung der Fälschung von amtlichen
Ausweisen, der Angeklagte M der Beihilfe zur versuchten Hehlerei in
Tateinheit mit Beihilfe zur Vorbereitung der Fälschung von
amtlichen Ausweisen schuldig sind;
b) in den Strafaussprüchen mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO
verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten B wegen Hehlerei in Tateinheit mit
Vorbereitung der Fälschung von amtlichen Ausweisen zu einer
Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten, den Angeklagten C
wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in Tateinheit mit
Vorbereitung der Fälschung von amtlichen Ausweisen zu einer
Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten und den Angeklagten M
wegen Beihilfe zur Hehlerei in Tateinheit mit Beihilfe zur Vorbereitung
der Fälschung von amtlichen Ausweisen zu einer Freiheitsstrafe
von einem Jahr und sechs Monaten mit Strafaussetzung zur
Bewährung verurteilt.
Die vom Angeklagten M mit der Revision erhobene Verfahrensrüge
ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Dagegen hat die von allen Angeklagten erhobene Sachrüge den
aus der Beschlußformel ersichtlichen Erfolg; im
übrigen sind die Revisionen unbegründet.
I.
Nach den Feststellungen bot der Angeklagte C einer Vertrauensperson der
Polizei, die er als solche nicht erkannte, eine Vielzahl von
Ausweisvordrucken und Aufenthaltspapieren zum Kauf an. Diese Dokumente
waren kurze Zeit zuvor von unbekannten Tätern beim Einbruch in
eine Ausländerbehörde entwendet worden. Nachdem die
Vertrauensperson zum Schein auf das Angebot eingegangen war,
veranlaßte der Angeklagte C unter Einbeziehung des
Angeklagten B , der den Kontakt zu den Dieben herstellte und sich bei
der Übergabe der Papiere seinerseits der
Unterstützung des Angeklagten M bediente, daß die
Dokumente in die Hände der Vertrauensperson gelangten. Diese
gab sie vollständig an ihren V-Mannführer weiter, mit
dem sie während der gesamten Verhandlungen mit den
Tätern engen Kontakt gehalten hatte. Absatzbemühungen
der drei Angeklagten, die über die ständig
polizeilich überwachten Verhandlungen mit der Vertrauensperson
hinaus gingen, hat das Landgericht nicht festgestellt.
II.
Soweit das Landgericht die Tathandlungen der Angeklagten als vollendete
Hehlerei bzw. als Beihilfe zur vollendeten Hehlerei in der
Begehungsform des Absetzens gewertet hat, hält seine
Beurteilung rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Zwar erfordert die Tatbestandsverwirklichung nicht, daß es zu
einem erfolgreichen Absatz kommt. Vielmehr genügt zur
Vollendung des Delikts jede - vom Absatzwillen getragene -
vorbereitende, ausführende oder helfende Tätigkeit,
die geeignet ist, den Vortäter in seinen Bemühungen
um wirtschaftliche Verwertung der "bemakelten" Sache zu
unterstützen. Jedoch muß das Bemühen um
Absatz geeignet sein, die rechtswidrige Vermögenssituation
aufrechtzuerhalten oder zu vertiefen (BGH NStZ 1990, 539). Dabei kann
nicht auf eine abstrakte Betrachtung abgehoben werden; entscheidend
ist, ob im konkreten Fall durch das Bemühen des Hehlers ein
Erfolg zu erwarten ist, da sonst eine Perpetuierung der rechtswidrigen
Vermögenslage nicht in Frage kommt. Diese Voraussetzungen
liegen nicht vor, wenn der Hehler ausschließlich mit einem -
von ihm nicht als solchen erkannten - Polizeibeamten verhandelt und ihm
das Diebesgut ausliefert. Dies hat der 1. Strafsenat des
Bundesgerichtshofs durch Urteil vom 17. Juni 1997 (BGHSt 43, 110, 111)
grundsätzlich entschieden.
Die Bedenken, die das Landgericht gegen diese Entscheidung - ohne sie
ausdrücklich zu benennen - vorbringt, geben dem Senat keinen
Anlaß, die bisherige höchstrichterliche
Rechtsprechung in Frage zu stellen.
Der Umstand, daß die Verhandlungen hier nicht von einem
verdeckten Ermittler, sondern einer nicht im Polizeidienst stehenden
Vertrauensperson geführt wurden, gebietet im vorliegenden Fall
keine abweichende Beurteilung. Ob etwas anderes dann zu gelten
hätte, wenn die Vertrauensperson - wie vom Landgericht
beispielhaft angeführt - unzuverlässig ist und das
Diebesgut entgegen polizeilicher Anweisung nicht oder nicht
vollständig an die Polizei und damit letztlich an den
Berechtigten gelangen läßt, braucht der Senat
mangels entsprechender Feststellungen nicht zu entscheiden.
Konstruktive Bedenken gegen die oben dargestellte Auslegung des
Tatbestandsmerkmals "Absetzen" ergeben sich entgegen der Auffassung des
Landgerichts auch dann nicht, wenn ein Täter, der bereits
taugliche Absatzbemühungen entfaltet hat, nunmehr an einen
verdeckten Ermittler oder eine Vertrauensperson der Polizei
gerät. Es versteht sich von selbst, daß eine in
diesem Fall eingetretene Vollendung des Delikts nicht in das
Versuchsstadium zurückgeführt wird.
Nicht zu überzeugen vermag schließlich auch die vom
Landgericht angestellte Erwägung, der geringeren
Gefährlichkeit polizeilich überwachter
Absatzbemühungen könne im Rahmen der Strafzumessung
für die vollendete Tat Rechnung getragen werden.
Strafzumessungserwägungen sind systematisch der Frage nach der
Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen nachgeordnet.
Demgemäß war der Schuldspruch dahin zu
ändern, daß die Angeklagten jeweils der versuchten
tateinheitlichen Hehlerei bzw. der Angeklagte M der Beihilfe hierzu
schuldig sind. § 265 StPO steht nicht entgegen, da die
Angeklagten sich gegenüber dem Schuldvorwurf nicht anders
hätten verteidigen können.
Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung
des Strafausspruchs. Zwar wären die vom Landgericht jeweils
verhängten Strafen in Anbetracht des Umfangs und der Art der
gehehlten Gegenstände auch innerhalb eines nach § 49
Abs. 1, § 23 Abs. 2 StGB herabgesetzten Strafrahmens nicht
unangemessen hart. Angesichts der vom Landgericht besonders
herausgestellten Bedeutung der rechtlichen Einordnung der Taten als
versuchte oder vollendete Delikte kann der Senat jedoch trotz der vom
Landgericht vorgenommenen strafmildernden Berücksichtigung der
Beteiligung der Vertrauensperson nicht ausschließen,
daß es bei zutreffender rechtlicher Beurteilung auf geringere
Strafen erkannt hätte.
Harms Basdorf Tepperwien
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