BGH,
Beschl. v. 19.4.2001 - 3 StR 109/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 109/01
vom
19. April 2001
in der Strafsache gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 19. April 2001 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Lüneburg vom 21. Dezember 2000 dahin abgeändert,
daß die Anordnung des Vorwegvollzugs der Freiheitsstrafe vor
der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt entfällt.
2. Die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers im Revi-
sionsverfahren hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer
räuberischer Erpressung in zwei Fällen, davon in
einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung und im anderen Fall in Tateinheit mit
erpresserischem Menschenraub zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs
Jahren verurteilt. Außerdem hat es seine Unterbringung in
einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, daß zwei
Jahre und sechs Monate der Gesamtfreiheitsstrafe vor der
Maßregel zu vollstrecken sind.
Das wirksam auf die Entscheidung über den teilweisen
Vorwegvollzug der Strafe beschränkte Rechtsmittel des
Angeklagten (vgl. BGHR StGB § 260 I Urteilstenor 3;
Ruß in KK 4. Aufl. § 318 Rdn. 8 a m.w.Nachw.) hat
Erfolg. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift
folgendes ausgeführt:
"Dagegen erweist sich die Anordnung des teilweisen Vorwegvollzuges der
Strafe als rechtsfehlerhaft. Mit dieser Anordnung weicht die
Strafkammer von der gesetzlichen Regelung des § 67 Abs. 1 StGB
ab, wonach grundsätzlich die Maßregel vor der Strafe
vollzogen werden soll, weil die möglichst umgehende Behandlung
des süchtigen Rechtsbrechers am ehesten einen dauerhaften
Erfolg verspricht (BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug,
teilweiser 4, 12). Zwar sieht § 67 Abs. 2 StGB vor, dass die
Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel vollzogen
werden kann, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter
erreicht wird. Die Begründung der Strafkammer trägt
jedoch den angeordneten Vorwegvollzug nicht. Dass die
Therapiebereitschaft des Angeklagten durch den mit dem Vorwegvollzug
der Strafe verbundenen Leidensdruck gefördert werden,
umgekehrt eine nach der therapeutischen Behandlung noch zu
vollstreckende Strafhaft den Therapieerfolg gefährden
könnte (UA S. 30), ist nicht näher belegt. Zum einen
führt das Urteil nicht aus, warum die Motivation des sich
erstmals einer Therapie unterziehenden, ausgesprochen therapiewilligen
Angeklagten (UA S. 29) noch gesteigert werden muss, zum anderen
enthalten die Urteilsgründe keine konkreten Anhaltspunkte,
worin die Gefährdung des Maßregelerfolges durch den
anschließenden Strafvollzug besteht und wie sie sich auf den
Angeklagten auswirken könnte (BGH NStZ 1986, 428; BGH NStZ
1999, 613; BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug 7;
Vorwegvollzug, teilweiser 13). Die Kammer hätte auch bedenken
müssen, dass die vorhandene Therapiebereitschaft
während des Strafvollzugs wieder zerstört werden
könnte (BGHR StGB § 67 Abs. 2 Zweckerreichung,
leichtere 10; Vorwegvollzug, teilweiser 12)."
Dem schließt sich der Senat an. Da er es für
ausgeschlossen hält, daß sich in einer neuen
Hauptverhandlung die Voraussetzungen für den Vorwegvollzug von
Strafe ergeben können, hat er in der Sache selbst entschieden
und den angeordneten teilweisen Vorwegvollzug entfallen lassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 3 StPO.
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