BGH,
Beschl. v. 19.4.2006 - 4 StR 395/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 395/05
vom 19.04.2006
in der Strafsache
gegen 1. 2.
wegen zu Ziff. 1.: schweren Bandendiebstahls u.a. zu Ziff. 2.: Beihilfe
zum schweren Bandendiebstahl u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 19.04.2006
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts
Bielefeld vom 18. Mai 2005, soweit es ihn betrifft, 1. im Schuldspruch
dahin abgeändert, dass der Angeklagte des schweren
Bandendiebstahls in 11 Fällen, des versuchten schweren
Bandendiebstahls in zwei Fällen und des Diebstahls in zehn
Fällen schuldig ist; 2. im Ausspruch über die in den
Fällen II. 1 bis 7, 9 und 13 der Urteilsgründe
verhängten Einzelstrafen und im Gesamtstrafenausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung
wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende
Revision des Angeklagten wird verworfen. II. Auf die Revision des
Angeklagten Ba. wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es ihn betrifft,
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1. im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte einer
Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl in Tateinheit mit
gewerbsmäßiger Bandenhehlerei in 11 Fällen
und zum Diebstahl in drei Fällen schuldig ist. 2. Die weiter
gehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Der
Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen. Gründe: Das Landgericht hat den Angeklagten B. unter
Freisprechung im Übrigen wegen schweren Bandendiebstahls in 20
Fällen, versuchten schweren Bandendiebstahls in zwei
Fällen und wegen Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt, den Angeklagten Ba. wegen
einer Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl in Tateinheit mit
gewerbsmäßiger Bandenhehlerei in 13 Fällen
und zum Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier
Monaten. Mit ihren hiergegen eingelegten Revisionen rügen die
Angeklagten die Verletzung materiellen Rechts und wenden sich
insbesondere gegen die Annahme von Bandentaten. 1 Die Rechtsmittel
haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im
Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO. 2
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I. Zur Frage der Bande hat das Landgericht folgende Feststellungen
getroffen: 3 Der Angeklagte B. vereinbarte vor Beginn der
verfahrensgegenständlichen Taten im November 2003 mit einem
polnischen Staatsangehörigen namens A. , im Bundesgebiet
hochwertige Kraftfahrzeuge zu entwenden, sie in einem sicheren Versteck
mit neuen Schließsystemen, Steuergeräten und
Fahrzeugidentifikationsnummern (FIN) zu versehen und die so
"umgearbeiteten" Fahrzeuge weiterzuverkaufen. Für jeden
entwendeten Kraftwagen sollte der Angeklagte B. von A. 5.000 bis 6.000
Dollar erhalten. Gemäß der Absprache oblag die
unmittelbare Durchführung der Autodiebstähle
ausschließ-lich dem Angeklagten B. , während A. im
Vorfeld der Taten die zur Ü-berwindung der Sicherungssysteme
notwendigen Motor- und Getriebesteuergeräte beschaffen und
nach den Taten die Weiterveräußerung der durch
Kurierfahrer nach Polen verbrachten Fahrzeuge besorgen sollte. Die
Umarbeitung der FIN sollte von einem Partner des A. mit dem Decknamen
"Meister" vorgenommen werden. Dieser reiste auf Veranlassung des A.
jeweils eigens aus Polen ein. Nachdem das erste Versteck im Januar 2004
von der Polizei entdeckt worden war, erklärte sich der
Angeklagte Ba. nach Verhandlungen mit A. und dem Angeklagten B. bereit,
die entwendeten Fahrzeuge gegen Zahlung von 500 Euro pro Stück
in einer von ihm angemieteten Scheune unterzustellen. 4 II. 1. Die
Sachrüge hat in folgenden Fällen Erfolg: 5 a)
Fälle 1 bis 6 der Urteilsgründe 6
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In diesen Fällen hält die Verurteilung des
Angeklagten B. wegen schweren Bandendiebstahls rechtlicher
Nachprüfung nicht stand. Die Annahme des Landgerichts, dass
insoweit neben den Angeklagten B. und A. auch "Meister" Bandenmitglied
im Sinne der §§ 244 a Abs. 1, 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB
sei, ist durch die Feststellungen nicht belegt. 7 Die
Tätigkeiten, die "Meister" entfaltete, erfolgten erst, nachdem
der Angeklagte B. die entwendeten Kraftfahrzeuge in einem Versteck
sicher untergebracht hatte und die Diebstahlstaten beendet waren (vgl.
BGHR StGB § 259 Abs. 1 Absatzhilfe 7; BGH NStZ 2003, 32). Sie
dienten dazu, die Weiterveräußerung der Fahrzeuge
durch A. zu ermöglichen. War dieser ausnahmsweise zur
Übernahme eines Fahrzeugs nicht bereit oder kam es aus
sonstigen Gründen nicht zu einer Einigung mit dem Angeklagten
B. - wie später in den Fällen 17, 19 und 20 der
Urteilsgründe - führte "Meister" keine Umarbeitungen
durch. 8 Diese Tätigkeiten belegen die Mitgliedschaft des
"Meister" in der Diebesbande nicht. Zwar kann auch eine Absprache
hinsichtlich einer späteren Mitwirkung bei der Beuteverwertung
als Teilnahme bei der Vortat und außerdem als Hehlerei in
Betracht kommen (vgl. BGHSt 7, 134, 142; BGH NStZ 2002, 200, 201
m.w.N.). Eine solche lag jedoch nach den Urteilsfeststellungen hier
nicht vor. Das Tätigwerden des "Meister" erfolgte ohne
konkreten Bezug zu den Diebstahlstaten; es geschah nur im Interesse und
auf Einzelweisung des A. im Hinblick auf dessen Hehlereihandlungen.
Dies vermag eine Mitgliedschaft in einer Diebstahlsbande nicht zu
begründen (vgl. BGH StV 2001, 459; BGH NStZ 2003, 32). 9
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Der Angeklagte B. hat sich demnach in den Fällen 1 bis 6 der
Urteilsgründe jeweils nur wegen Diebstahls strafbar gemacht
(§§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3 StGB). 10 b)
Fälle II. 7 und 9 der Urteilsgründe 11 Auch in diesen
Fällen hält die Verurteilung des Angeklagten B. wegen
schweren Bandendiebstahls ebenso wie die des Angeklagten Ba. wegen
Beihilfe dazu rechtlicher Prüfung nicht stand. In diesen
beiden Fällen entwendete der Angeklagte B. Kraftfahrzeuge, die
nicht zum Weiterverkauf bestimmt waren, sondern die er
ausschließlich für seinen eigenen Gebrauch verwenden
wollte und auch, nachdem sie zunächst in der von dem
Angeklagten Ba. zur Verfügung gestellten Scheune gesichert
worden waren, verwendet hat. Diese Taten waren daher nicht Ausfluss der
Bandenabrede (vgl. BGH, Beschluss vom 17.01.2006 - 4 StR 595/05),
sondern geschahen losgelöst davon. 12 Die Angeklagten haben
sich insoweit nur des Diebstahls, §§ 242, 243 Abs. 1
Satz 2 Nr. 1 und 3 StGB (B. ) bzw. der Beihilfe dazu (Ba. ) schuldig
gemacht. Bei Letzterem entfällt in beiden Fällen auch
der Vorwurf einer tateinheitlich begangenen
gewerbsmäßigen Bandenhehlerei. 13 c) Fall II. 13 der
Urteilsgründe 14 Insoweit ist der Angeklagte B. ebenfalls
nicht wegen (schweren) Bandendiebstahls, sondern nur wegen Diebstahls,
§§ 242, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3 StGB, zu
bestrafen, da eine Beteiligung des Angeklagten Ba. an dem
Kraftfahrzeugdiebstahl nicht sicher festgestellt werden konnte. 15 2.
Fälle II. 8, 10 bis 12, 14, 16 bis 23 der
Urteilsgründe 16
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Hinsichtlich dieser Taten hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht
angenommen, dass sich die Angeklagten B. , A. und Ba. zu einer
"Dreier(diebes)bande" zusammengeschlossen hatten und die
Kraftfahrzeugdiebstähle (§ 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
und 3 StGB) als schwere Bandendiebstähle zu bewerten sind, da
sie unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begangen wurden. 17
Entgegen der Ansicht der Revision steht dem nicht entgegen, dass
entsprechend der Bandenabrede an den Diebstählen ein
täterschaftlicher Beitrag ausschließlich vom
Angeklagten B. erbracht werden sollte, während A. und Ba.
insoweit lediglich Gehilfendienste im Vorfeld der Taten und nach
Vollendung leisten sollten. 18 Wie der Senat im Anschluss an BGHSt 46,
321 entschieden hat (BGHSt 47, 214), kann Mitglied einer Bande auch
derjenige sein, dem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die
sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeit
darstellen. Die in der Bandenabrede begründete
erhöhte abstrakte Gefährlichkeit durch die auf eine
gewisse Dauer angelegte enge Bindung, die einen ständigen
Anreiz zur Fortsetzung der kriminellen Tätigkeit bildet
(Organisationsgefahr), besteht bei einer Diebesbande
unabhängig davon, ob dem einzelnen Mitglied bei der
Verwirklichung der konkreten Tat eine "täterschaftliche"
Beteiligung zufällt. Ebenso wie es zur Qualifikation der
Einzeltat als Bandentat genügt, dass bei der eigentlichen
Tatbegehung ein Bandenmitglied allein handelt und sich die
erforderliche Mitwirkungshandlung eines weiteren Bandenmitglieds in
Beihilfehandlungen etwa im Vorbereitungsstadium erschöpft, ist
die Zusage regelmäßiger Erbringung solcher
Tatbeiträge auch grundsätzlich geeignet, die
Bandenmitgliedschaft zu begründen (vgl. Erb JR 2002, 337, 339
unter Hinweis auf BGHSt 46, 321). Allerdings darf es sich nicht um
Beiträge von gänzlich untergeordneter Bedeutung
handeln, da diese eine Organisationsge-19
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fahr schwerlich begründen oder steigern können. So
verhält es sich hier indes nicht: Die Tätigkeit des
A. war für die Diebstahlstaten von erheblicher Bedeutung.
Bereits der Tatplan stammte von A. , die Besorgung der für die
Tatdurchführung unbedingt notwendigen Steuergeräte
erfolgte durch ihn, au-ßerdem sicherte er in aller Regel die
Abnahme der entwendeten Kraftfahrzeuge zu einem Festpreis zu. Dass A.
damit zugleich an einer Diebesbande (als Gehilfe) und einer Hehlerbande
(als Täter) beteiligt war, steht zu der Gesetzeslage nicht in
Widerspruch. Allerdings sieht das Gesetz eine aus Dieben und Hehlern
bestehende "gemischte" Bande als Qualifikationsmerkmal nur bei den
Hehlereitatbeständen (§§ 260 Abs. 1 Nr. 2,
260 a Abs. 1 StGB) vor, nicht dagegen bei den entsprechenden
Diebstahlstatbeständen (§§ 244 Abs. 1 Nr. 2,
244 a Abs. 1 StGB). Damit scheidet indes die Annahme einer aus der
Mindestanzahl von Mitgliedern bestehenden Diebesbande nur aus, wenn
sich jemand, der nur Hehler ist, mit zwei anderen am Diebstahl
Beteiligten zusammenschließt, nicht aber, wenn der
Betreffende nach der Bandenabrede auch zugleich an den Diebstahlstaten
teilnehmen soll. Dieses Ergebnis ist die Konsequenz aus der
Rechtsprechung, die eine Vereinbarkeit von Hehlerei und Teilnahme am
Diebstahl anerkennt (so schon BGHSt 7, 134). 20 Auch die
Beihilfehandlungen des Angeklagten Ba. waren nach den Feststellungen
für die Diebstahlstaten von Gewicht. Er stellte gegen Entgelt
die von ihm gemietete Scheune zur Verfügung und garantierte so
die Sicherung der Diebesbeute unmittelbar nach der Tat. Seine nicht
unerhebliche Einbindung in die Bandenstruktur wird auch dadurch belegt,
dass nur er über einen Schlüssel zu der Scheune
verfügte. 21
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III. 1. In den Fällen 1 bis 7, 9 und 13 der
Urteilsgründe ändert der Senat die
Schuldsprüche wie in der Beschlussformel ersichtlich, da
ausgeschlossen werden kann, dass im Rahmen einer neuen Hauptverhandlung
weitere Feststellungen getroffen werden können, die eine
Verurteilung wegen Bandentaten rechtfertigen würden.
§ 265 StPO steht der Änderung der
Schuldsprüche nicht entgegen, da sich die geständigen
Angeklagten gegen die geringeren Vorwürfe nicht wirksamer als
geschehen hätten verteidigen können. 22 2. Die
Schuldspruchänderung bedingt beim Angeklagten B. die Aufhebung
der in den Fällen 1 bis 7, 9 und 13 der Urteilsgründe
verhängten Einzelstrafen sowie des Gesamtstrafausspruchs. Es
ist nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen, dass das
Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung niedrigere
Einzelstrafen verhängt hätte. 23 Der Strafausspruch
beim Angeklagten Ba. wird durch die Schuldspruchänderung nicht
berührt. Im Hinblick auf die insgesamt erfolgte
tateinheitliche Verurteilung und den nahezu unveränderten
Schuldgehalt schließt der 24
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Senat aus, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Bewertung
auf eine noch niedrigere Strafe erkannt hätte.
Tepperwien Maatz Kuckein Solin-Stojanović Ernemann |