BGH,
Beschl. v. 19.8.2005 - 2 StR 335/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 335/05
vom
19.08.2005
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u. a.
- 2 -
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 19.08.2005
gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Erfurt vom 15.03.2005
a) im Schuldspruch dahin gehend klargestellt, dass der Angeklagte
der besonders schweren Vergewaltigung in Tateinheit
mit Körperverletzung schuldig ist;
b) im Maßregelausspruch mit den zugehörigen
Feststellungen
aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Gründe:
1. Das Landgericht hat den Angeklagten "wegen Vergewaltigung in
Tateinheit
mit Körperverletzung" zur Freiheitsstrafe von drei Jahren
verurteilt und
seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Seine
hiergegen eingelegte Revision ist unbegründet im Sinne von
§ 349 Abs. 2
StPO, soweit sie sich gegen den Schuldspruch und den Strafausspruch
richtet.
- 3 -
Der Schuldspruch war zur Klarstellung neu zu fassen. Das Landgericht
hat festgestellt, dass der Angeklagte die Verwirklichung des
Regelbeispiels des
§ 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB unter Verwendung eines Messers
erzwang. Die Verwirklichung
der Qualifikation gemäß § 177 Abs. 4 Nr. 1
StGB ist in der Urteilsformel
durch Verurteilung wegen besonders schwerer Vergewaltigung kenntlich
zu machen (vgl. BGHR StPO § 260 Abs. 4 Nr. 1 Urteilsformel 4;
BGH
StraFo 2003, 281; BGH, Beschl. vom 23. Mai 2003 - 3 StR 121/03;
Senatsbeschl.
vom 22. Dezember 2004 - 2 StR 470/04; Tröndle/Fischer, StGB
52. Aufl. § 177 Rdn. 78).
2. Dagegen hat die Anordnung der Maßregel keinen Bestand.
Voraussetzung für die Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus
gemäß § 63 StGB ist das Vorliegen eines
länger dauernden Zustands,
der auf einem der Eingangsmerkmale des § 20 StGB beruht (vgl.
Tröndle/
Fischer, StGB 52. Aufl. § 63 Rdn. 6 mit Nachw. zur
Rechtsprechung). Vorliegend
mangelt es schon an einer hinreichend klaren Feststellung, welches
Eingangsmerkmal
des § 20 StGB erfüllt sein soll. Die
Urteilsgründe (UA S. 16 f.; S.
19) schildern eine Vielzahl von Hinweisen und Bewertungen durch die
Sachverständige,
ohne dass klar wird, welche dem § 20 StGB unterfallende
Störung
letztlich vorliegen soll. Hierzu reichen jedenfalls die Feststellungen
nicht aus,
es handle sich "diagnostisch gesehen um eine leichte
Intelligenzminderung mit
Hinweisen auf eine frühkindliche Hirnschädigung"; der
Angeklagte weise eine
emotional instabile Persönlichkeit auf; hinzu komme eine
Verhaltensstörung;
seine Sexualität sei "Ausdruck einer unreifen,
randständigen, kontaktarmen,
geistig einfach strukturierten Persönlichkeit" (UA S. 16, 17).
Auch der Hinweis,
beim Angeklagten sei "aufgrund seiner geistigen Behinderung seine
Fähigkeit,
einem relativ normalen Impuls, z. B. einem sexuellen
Bedürfnis, etwas entge-
4 -
gen zu setzen, relativ gering ausgeprägt" (UA S. 19), belegt
weder das Vorliegen
einer zur erheblichen Minderung der Steuerungsfähigkeit
führenden Störung
im Sinne von §§ 20, 21 StGB noch das Vorliegen eines
Zustands, der
Grundlage einer Unterbringung nach § 63 StGB sein
könnte (zu den Anforderungen
an die Feststellungen und an Sachverständigengutachten vgl.
Senatsbeschluss
vom 12. November 2004 - 2 StR 367/04, NStZ 2005, 205; vgl. dazu
auch Boetticher u.a., NStZ 2005, 57). Die Feststellung, dass der
Angeklagte
gefährlich und verhaltenstherapeutisch
behandlungsbedürftig sei, kann das
Fehlen schon der Eingangsvoraussetzungen der
Maßregelanordnung nicht
ersetzen.
Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung.
Rissing-van Saan Bode Ri'inBGH Otten ist
wegen Urlaubsabwesenheit
an der
Unterschrift gehindert.
Rissing-van Saan
Fischer Roggenbuck |