BGH,
Beschl. v. 19.8.2008 - 3 StR 297/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 297/08
vom
19.8.2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schweren Raubes
- 2 -
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der
Beschwerdeführer und des Generalbundesanwalts - zu 1., soweit
es den Angeklagten Bekim D. betrifft, sowie zu 2. auf dessen Antrag -
am 19.8.2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Kiel vom 20.3.2008 mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben, soweit bei beiden Angeklagten die Anordnung der
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten Idriz D. wegen (richtig: besonders)
schweren Raubes in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von sechs Jahren und drei Monaten und den Angeklagten Bekim D. wegen
(richtig: besonders) schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von
fünf Jahren sechs Monaten verurteilt. Beide Angeklagte
rügen mit ihren Revisionen die Verletzung sachlichen, der
Angeklagte Bekim D. darüber hinaus auch die Verletzung
formellen Rechts.
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Die Rechtsmittel sind im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO
unbegründet, soweit sie sich gegen die Schuld- und
Strafaussprüche richten.
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Das Urteil kann jedoch bei beiden Angeklagten keinen Bestand haben,
soweit eine Entscheidung zur Frage der Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterblieben ist. Nach den
Feststellungen liegt es nahe, dass die Taten auch auf einen Hang der
Angeklagten zurückgehen, berauschende Mittel im
Übermaß zu sich zu nehmen. Beide Angeklagten
konsumierten seit vielen Jahren Cannabis und Kokain, der Angeklagte
Idriz D. darüber hinaus Heroin. Der Angeklagte Bekim D. befand
sich aufgrund möglicherweise drogeninduzierten Psychosen
mehrfach in stationärer Behandlung. Nachdem sein Kokainkonsum
exzessiver geworden war, ließ er sich mit dem Medikament
Subutex substituieren. In der Folgezeit kümmerte er sich um
eine Entgiftungsbehandlung in einer Fachklinik. Im Dezember 2002
stellte die Staatsanwaltschaft Kiel die Vollstreckung des Restes aus
einer Freiheitsstrafe wegen schweren Raubes und Diebstahls
(Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre neun Monate) gemäß
§ 35 BtMG zurück; diese Zurückstellung
musste später widerrufen werden. Der Angeklagte Bekim D. , der
unter Entzugserscheinungen litt, hat vor der unter seiner Beteiligung
begangenen Tat, der Angeklagte Idriz D. vor beiden Taten Rauschgift zu
sich genommen. Auch der erforderliche symptomatische Zusammenhang
zwischen der Drogensucht der Angeklagten und der jeweiligen Raubtat
liegt nicht fern. Der Angeklagte Bekim D. befand sich "zur Zeit der Tat
in einer durch Kokainkonsum und finanziellen Nöten
geprägten schwierigen Lebensphase" (UA S. 17). Der Angeklagte
Idriz D. , der Geld benötigte, um seinen Drogenkonsum zu
finanzieren, kaufte nach der ersten Tat von der Beute u. a. Haschisch
und Heroin. All dies drängte bei beiden Angeklagten zu der
Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt gegeben sind.
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Dass nur die Angeklagten Revision eingelegt haben, hindert die
Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (BGHSt 37, 5). Die
Beschwerdeführer haben die Nichtanwendung des § 64
StGB durch das Tatgericht nicht von ihrem Rechtsmittelangriff
ausgenommen.
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Becker Miebach Pfister
von Lienen Sost-Scheible |