BGH,
Beschl. v. 19.12.2007 - 5 StR 543/07
5 StR 543/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
19.12.2007
in der Strafsache
gegen
wegen Betrugs
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19.12.2007
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Chemnitz vom 11. Mai 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO im gesamten
Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 18 Fällen
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten
verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge
den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie
aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Der Senat bemerkt ergänzend zum Schuldspruch:
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Der Angeklagte hat sich dadurch am fremdnützigen Betrug
zugunsten der Firma T. GmbH beteiligt, dass er als Vorstand der T. AG
in 18 Einzelfällen den betroffenen Arbeitnehmern dieser
Gesellschaft die Aufhebung des bisherigen Arbeitsvertrages nahelegte
und zugleich mit der
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T. GmbH einen Subunternehmervertrag abschloss, mit dem sich die T. GmbH
zur Fortführung der Leitschienendemontage verpflichtete und zu
dessen Erfüllung dieses Unternehmen das von der T. AG
übernommene Personal einsetzte. Dem Gesamtzusammenhang der
Urteilsgründe ist der mit dem gesondert verfolgten A. , dem
faktischen Geschäftsführer der T. GmbH, verabredete
Tatplan zu entnehmen, wonach es von vornherein feststand, dass die T.
AG nach Verrechnung mit vorge- schobenen Gegenansprüchen die
Werklohnforderungen der Subunternehmerin T. GmbH nicht würde
bezahlen können und folglich die T. GmbH, die, wie
beabsichtigt, im Dezember 2004 insolvent wurde, die
Arbeitslöhne nicht würde bezahlen können.
Angesichts des nicht unerheblichen Tatbeitrags des Angeklagten und
seines Interesses am Taterfolg, das darin bestand, die
Arbeitsverhältnisse mit den Angestellten der T. AG ohne
Rechtsstreitigkeiten bei gleichzeitiger Fortführung des
Werkvertrags mit der Hauptauftraggeberin zu beenden, ist der Schluss
des Landgerichts auf mittäterschaftliches Handeln des
Angeklagten und nicht lediglich auf Beihilfe revisionsgerichtlich nicht
zu beanstanden.
2. Indes wird die Annahme von Gewerbsmäßigkeit durch
die Feststellungen nicht belegt. Es ist daher rechtsfehlerhaft, dass
das Landgericht die Einzelstrafen nach dem für besonders
schwere Fälle des Betrugs vorgesehenen Strafrahmen (§
263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) bestimmt hat.
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a) Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte
Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von
einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will (st. Rspr.; BGHR StGB
§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Gewerbsmäßig 1
m.w.N.). Gewerbsmäßigkeit setzt daher stets - im
Unterschied zu den Voraussetzungen des Betrugstatbestandes -
eigennütziges Handeln und damit tätereigene Einnahmen
voraus. Betrügerisch erlangte Betriebseinnahmen für
den Arbeitgeber reichen daher nur dann aus, wenn diese dem
Täter mittelbar - etwa über das Gehalt oder
Beteiligung an Betriebsgewinnen - zufließen sollen (BGH NStZ
1998, 622, 623; Stree/Stern-
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berg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. 2006
Vorbem. §§ 52 ff. Rdn. 95). Liegt die
Eigennützigkeit. sicht vor, ist bereits die erste Tat als
gewerbsmäßig begangen einzustufen, auch wenn es
entgegen den ursprünglichen Intentionen des Täters zu
weiteren Taten nicht kommt (BGHR aaO). Wenn der Täter nur ein
einziges, wenngleich für ihn auskömmliches
Betrugsgeschäft plant, fehlt es an der Absicht wiederholter
Tatbegehung. Das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit wird
daher nicht schon dann verwirklicht, wenn die vereinbarte
Vergütung für ein einziges Geschäft in
Teilbeträgen gezahlt werden soll (BGH, Urteil vom 4. April
1989 - 1 StR 87/89).
b) Die vom Landgericht zugrunde gelegten Vorteile entsprechen den
genannten Voraussetzungen nicht. Das Landgericht hat bereits dazu keine
Feststellungen getroffen, ob der Angeklagte aus den Betrugstaten
Einnahmen oder vergleichbare geldwerte Vorteile für sich
erzielen wollte:
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Soweit das Landgericht den wirtschaftlichen Nutzen für den
Mittäter A. darin gesehen hat, dass dieser von den
Auftraggeberfirmen 8 Euro pro Arbeitnehmerstunde
„schwarz“ erhalten sollte, hat es sich nicht von
der Beteiligung des Angeklagten an diesen Taterlösen
überzeugt (vgl. insbesondere UA S. 23).
Sofern das Landgericht einen wirtschaftlichen Vorteil für den
Angeklagten deswegen angenommen hat, weil die T. AG den Auftrag von der
W. H. V. GmbH über die Subunternehmerfirma
weiterführen konnte, ohne als Arbeitgeberin Arbeitslohn zu
schulden, sich ohne arbeitsgerichtliche Streitigkeiten von den
betroffenen Arbeitnehmern lösen konnte und damit - unter
Berücksichtigung der geplanten Verrechnung mit erfundenen
Gegenforderungen - die Aussicht auf eine erhebliche Gewinnspanne aus
dem Werkvertrag mit der Auftraggeberfirma hatte, genügt dies
nicht zur Annahme von Gewerbsmäßigkeit. Denn dies
sind Vorteile für die T. AG. Feststellungen dazu, ob die
beabsichtigten Gewinne mittelbar dem Angeklagten zugute kommen sollten,
insbesondere ob dieser
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neben einem Festgehalt als Vorstand an den Betriebsgewinnen der AG
beteiligt werden sollte, enthält das Urteil nicht. Den
Feststellungen ist auch in ihrer Gesamtheit nicht zu entnehmen, dass
die T. GmbH überhaupt keine legale Tätigkeit
entfaltete und ihre Einnahmen nur aus der rechtswidrigen Vergabe von
Subunternehmeraufträgen auf Kosten von deren Arbeitnehmern
erzielen sollte.
Darüber hinaus ist mangels Feststellungen zu dem
Abrechnungsverhältnis zwischen der Auftraggeberin und der T.
AG nicht auszuschließen, dass es dem Angeklagten im
Tatzeitraum September 2004 bis Dezember 2004 nur um die Abwicklung
eines zuvor bereits begonnenen Geschäfts ging. Dann
würde es auch an der erforderlichen Wiederholung. sicht
fehlen, zumal das Landgericht in der Beweiswürdigung
ausführt, dass es sich bei der Übertragung der
Arbeitsverträge auf die Subunternehmerin nur um die Ausnutzung
einer sich „kurzfristig bietende[n]
Möglichkeit“ (UA S. 28) handelte.
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c) Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass in der neuen
Hauptverhandlung Feststellungen dazu, ob an den Angeklagten Gelder
geflossen sind, möglich sind. Er hebt daher die
Feststellungen, die den Strafausspruch betreffen, insgesamt auf, um
umfassende neue Feststellungen zu § 263 Abs. 3 StGB zu
ermöglichen.
Gerhardt Raum Brause
Schaal Jäger |