BGH,
Beschl. v. 19.2.2002 - 4 StR 31/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 31/02
vom
19. Februar 2002
in der Strafsache gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 19. Februar 2002 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Essen vom 19. Oktober 2001 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit
von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt abgesehen worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer
räuberischer Erpressung in 12 Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Hiergegen wendet
sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung
formellen und materiellen Rechts rügt.
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der
Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Die Revision hat jedoch insoweit Erfolg, als das Landgericht nicht
geprüft hat, ob der Angeklagte gemäß
§ 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist. Die
Erörterung dieser Frage drängte sich hier auf. Der
Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift zutreffend
ausgeführt:
"Das Landgericht hat auf der Grundlage des Geständnisses des
Angeklagten, das es für glaubhaft hielt, festgestellt, dass
dieser bereits im Alter von 10 Jahren erstmalig Haschisch rauchte, mit
12 Jahren regelmäßig Haschisch und Shoer
konsumierte, ab 1995 zudem Designerdrogen nahm, Ecstasy, Speed, LSD und
Pep konsumierte, die Drogen zeitweise annähernd
täglich nahm und ab Januar 2001 Kokain rauchte, wobei er
seinen Konsum auf ein bis fünf Gramm täglich
steigerte (UA S. 4), und die Überfälle beging, um
Drogen kaufen zu können (UA S. 11). Im Rahmen der
Strafzumessung hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten gewertet, dass
er nicht ausschließbar ´bei Begehung der jeweiligen
Taten so unter dem Einfluss von Kokain stand, dass seine Einsichts- und
Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war´ (UA S.
13) und ´dass seine Straftaten auch in seiner Drogensucht
fußen´ (UA S. 14). Bei dieser Sachlage war eine
Auseinandersetzung mit der Frage des Vorliegens eines Hanges im Sinne
von § 64 StGB unabdingbar. Dass bei dem Angeklagten die
konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges nicht besteht (vgl. BVerfGE
91, 1 ff.), kann dem Urteil nicht entnommen werden. Die Frage der
Unterbringung nach § 64 StGB bedarf daher neuer Verhandlung
unter Beachtung von § 246 a StPO. Die Tatsache, dass
ausschließlich der Angeklagte Revision eingelegt hat, steht
einer etwaigen Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht entgegen
(§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; BGHSt 37, 5). Der
Revisionsführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB
vom Rechtsmittelangriff nicht ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362)."
Der aufgezeigte Rechtsfehler zwingt zur Aufhebung des Urteils, nur
soweit die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt unterblieben ist. Der Senat kann
ausschließen, daß der Tatrichter bei Anordnung der
Unterbringung auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte. Der
Strafausspruch kann daher bestehen bleiben.
Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanovic Ernemann
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