BGH,
Beschl. v. 19.2.2008 - 4 StR 36/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 36/08
vom
19.2.2008
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten schweren Raubes u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 19.2.2008
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Detmold vom 15. Oktober 2007 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit
von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt abgesehen worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten schweren Raubes in
Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer
Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Mit seiner hiergegen
gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung
sachlichen Rechts.
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Die Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und
Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben
(§ 349 Abs. 2 StPO). Das Rechtsmittel hat jedoch insoweit
Erfolg, als das Landgericht davon abgesehen hat, die Unterbringung des
Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) anzuordnen.
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Nach den Feststellungen kam der Angeklagte im Alter von zwölf
Jahren mit illegalen Drogen in Berührung. Nachdem er anfangs
nur gelegentlich Haschisch geraucht hatte, konsumierte er
später regelmäßig Cannabis und andere
Drogen. Mitte des Jahres 2006 nahm er erstmals Heroin, das er sich
alsbald auch spritzte. Im Zuge seiner Heroinabhängigkeit
entfernte er sich immer mehr vom allgemeinen sozialen Leben und beging
ab Herbst 2006 zur Finanzierung seiner Drogensucht auch
Einbruchsdiebstähle. Sein gesamter Tagesablauf war
schließlich darauf ausgerichtet, sich die erforderliche
Tagesdosis Heroin zu verschaffen. Am Tattag litt der Angeklagte, der
seit 24 Stunden kein Heroin konsumiert hatte, unter erheblichen
Entzugserscheinungen. Da Versuche, sich Geld oder
Betäubungsmittel bei Bekannten zu verschaffen, gescheitert
waren, entschloss er sich, durch einen Raubüberfall auf eine
Passantin Geld zu erbeuten, um hiervon Heroin kaufen zu
können. Die Tat schlug letztlich fehl. Mit Blick auf die
Entzugserscheinungen hat das Landgericht nicht auszuschließen
vermocht, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei
Begehung der Tat im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert
war.
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Auf Grund dieser rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen liegt -
entgegen der Auffassung des Landgerichts - auf der Hand, dass die
abgeurteilte Tat auf einen Hang des Angeklagten zurückgeht,
berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen
(vgl. BGH, Beschluss vom 10. August 2007 - 2 StR 344/07). Ein
Heilungserfolg, der die Maßregelanordnung entbehrlich machen
könnte, ist angesichts des langjährigen Drogenkonsums
und der bereits länger andauernden schweren Heroinsucht des
Angeklagten auch nicht durch die Entgiftung während des
Vollzugs der Untersuchungshaft eingetreten. Hiervon geht die
Strafkammer ersichtlich selbst nicht aus, da sie eine "therapeutische
Aufarbeitung der Drogenprobleme des Angeklagten" durchaus für
erforderlich hält. Vor dem Hintergrund der erfolgreichen
Entgiftung in der Haft und
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mit Blick auf das Alter des Angeklagten, der bislang noch keine
therapeutische Maßnahme durchlaufen hat, dürfte auch
eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht im Sinne des § 64
Satz 2 StGB bestehen.
Der Teilaufhebung steht nicht entgegen, dass § 64 StGB durch
das Gesetz zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl I
1327) von einer Muss- in eine Sollvorschrift umgestaltet worden ist.
Dies macht die Prüfung des § 64 StGB durch den
Tatrichter nicht entbehrlich. Dieser muss vielmehr das Ermessen
tatsächlich ausüben und die Ermessensentscheidung
für das Revisi-onsgericht nachprüfbar machen (vgl.
BGH, Beschluss vom 13. November 2007 - 3 StR 452/07).
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Die Frage nach der Anordnung der Maßregel der Unterbringung
in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB bedarf mithin unter
Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO)
der Prüfung und Entscheidung durch ein neues Tatgericht. Der
neue Tatrichter wird gegebenenfalls § 67 Abs. 2 StGB n.F. zu
beachten haben.
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Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung
der Unterbringungsanordnung nicht (BGHSt 37, 5). Der
Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB
durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.
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Maatz Athing Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible |