BGH,
Beschl. v. 19.7.2002 - 2 StR 255/02
2 StR 255/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
19. Juli 2002
in der Strafsache gegen
wegen schweren Raubs u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 19. Juli
2002 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Gera vom 6. März 2002 im Strafausspruch mit den
zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubs in Tateinheit
mit versuchter schwerer räuberischer Erpressung (Einzelstrafe
acht Jahre) unter Einbeziehung einer Geldstrafe von 30
Tagessätzen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und
einer Woche verurteilt.
Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er
die Verletzung sachlichen Rechts rügt, führt zur
Aufhebung des Strafausspruchs, im übrigen ist sie
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Strafausspruch hat keinen Bestand, weil das Landgericht das
Vorliegen eines minder schweren Falles nach § 250 Abs. 3 StGB
mit rechtsfehlerhafter Begründung verneint hat. Die
Entscheidung, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, erfordert eine
Gesamtbetrachtung, bei der alle Umstände heranzuziehen und zu
würdigen sind, die für die Wertung der Tat und des
Täters in Betracht kommen, gleichgültig, ob sie der
Tat selbst innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen.
Dabei sind alle wesentlichen entlastenden und belastenden
Umstände gegeneinander abzuwägen. Erst nach dem
Gesamteindruck kann entschieden werden, ob der
außerordentliche Strafrahmen anzuwenden ist (st. Rspr. vgl.
BGHSt 26, 97, 98; BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall,
Prüfungspflicht 1; BGH NStZ 2000, 254; BGH, Beschl. v. 29.8.
2001 - 2 StR 276/01).
Die Ausführungen des Landgerichts zur Strafrahmenwahl lassen
besorgen, daß das Gericht die seinem
pflichtgemäßen Ermessen obliegende
Gesamtwürdigung nicht in rechtsfehlerfreier Weise vorgenommen
hat. Es hat dabei nämlich ausschließlich auf den
Angeklagten belastende Tatumstände abgestellt, eine Reihe
wesentlicher strafmildernder Gesichtspunkte, die vor allem die
Täterpersönlichkeit betreffen, wie die Unbestraftheit
zur Zeit der Tat und seine schwierige persönliche Situation,
hat es nur bei der eigentlichen Strafzumessung berücksichtigt.
Zwar müssen die Urteilsgründe nur die bestimmenden
Strafzumessungsumstände mitteilen (§ 267 Abs. 3 Satz
1 StPO; BGH StV 1993, 72). Wenn vom Tatrichter nicht jeder zu Gunsten
oder zu Lasten eines Angeklagten sprechende Umstand
ausdrücklich angesprochen wird, so läßt das
noch nicht ohne weiteres annehmen, er habe ihn übersehen. Ein
Rechtsfehler liegt erst vor, wenn ein wesentlicher, die Tat
prägender, Gesichtspunkt erkennbar nicht
berücksichtigt wurde (vgl. BGH StV 1994, 17). Das ist hier
aber zu besorgen, da die Strafkammer nur die Tatumstände,
nicht aber wesentliche Umstände, die die
Täterpersönlichkeit betreffen, in die
Abwägung einbezogen hat.
Der Senat kann angesichts der Höhe der Strafe nicht
ausschließen, daß das Urteil auf diesem
Rechtsfehler beruht. Der Strafausspruch bedarf deshalb neuer
Verhandlung und Entscheidung.
VRi´inBGH Dr. Rissing-van Saan Dr. Detter Dr. Bode
und Ri´inBGH Elf sind infolge Urlaubs an der Unterschrift
gehindert.
Dr. Detter
Rothfuß
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