BGH,
Beschl. v. 19.3.2009 - 4 StR 20/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 20/09
vom
19. März 2009
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
- 2 -
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 19. März 2009
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Dortmund vom 2. Oktober 2008 im Schuldspruch dahingehend
geändert, dass der Angeklagte der unerlaubten Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei
Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte
die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zur
Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist es
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift u.a.
ausgeführt:
2
- 3 -
"Die Annahme täterschaftlichen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält
rechtlicher Überprüfung nicht stand. Nach der neueren
Rechtsprechung (vgl. BGHSt 51, 219 f.; Senat, Beschluss vom 25.6.2008 -
4 StR 230/08) ist für eine zutreffende Einordnung der
Beteiligung des Kuriers der jeweils konkrete Tatbeitrag für
das Umsatzgeschäft insgesamt und nicht allein für den
Teilbereich des Transports zu bewerten. Für die Annahme
täterschaftlicher Verwirklichung des Tatbestandes kommt es
jedenfalls nicht allein oder entscheidend darauf an, welches
Maß an Selbständigkeit und Tatherrschaft der
Beteiligte hinsichtlich eines isolierten Teilaktes des
Umsatzgeschäftes inne hatte. Abzustellen ist vielmehr darauf,
welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des
Gesamtgeschäfts zukommt.
Eine Bewertung von - wie hier - Transporttätigkeit als
mittäterschaftliches Handeltreiben kommt vornehmlich nur dann
in Betracht, wenn der Beteiligte erhebliche, über den reinen
Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltet, etwa am An- und
Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein
eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts
hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn
erhalten soll. Auch eine Einbindung des Transporteurs in eine
gleichberechtigt verabredete arbeitsteilige Durchführung des
Umsatzgeschäfts spricht für die Annahme von
Mittäterschaft, auch wenn seine konkrete Tätigkeit in
diesem Rahmen auf die Beförderung der Drogen, von Kaufgeld
oder Verkaufserlös beschränkt ist. Im Einzelfall kann
eine weitergehende Einflussmöglichkeit des Transporteurs auf
Art und Menge der zu transportierenden Drogen sowie auf die Gestaltung
des Transports für eine über das übliche
Maß reiner Kuriertätigkeit hinausgehende Beteiligung
am Gesamtgeschäft sprechen.
Eine Gehilfenstellung ist dagegen insbesondere dann anzunehmen, wenn
die Tathandlung sich auf den Transport von Rauschgift zwischen
selbständig handelnden Lieferanten und Abnehmern oder
innerhalb der Sphäre von Lieferanten oder
Abnehmer-Organisationen beschränkt und der Beteiligte nicht in
der Lage ist, das Geschäft insgesamt maßgeblich
mitzuge-
- 4 -
stalten. Einer Tätigkeit als Kurier, die sich im
bloßen Transport von Rauschgift erschöpft, kommt
daher eine täterschaftliche Gestaltungsmöglichkeit in
der Regel nicht zu. Auch ein möglicher faktischer
Handlungsspielraum während des Transports der Drogen kann in
der Regel schon aufgrund finanzieller und meist auch
persönlicher Abhängigkeit von den
Hintermännern nicht zu eigener täterschaftlicher
Einflussnahme ausgenutzt werden."
Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen belegen unter
Zugrundelegung der vorgenannten Kriterien ein
täterschaftliches Handeltreiben des Angeklagten mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht. Der
Angeklagte war am Ankauf der Betäubungsmittel nicht beteiligt
und hatte keinen Einfluss auf Menge und Art der zu transportierenden
Drogen. Auch sollte er keinen Anteil am Umsatz oder am erzielten Gewinn
erhalten, sondern lediglich einen Kurierlohn. Dass der Angeklagte eine
erhebliche Honorierung erwartete, ist für die Bewertung der
Kuriertätigkeit als mittäterschaftliches
Handeltreiben ohne Bedeutung (BGHSt 51, 219, 223). Ebenso wenig belegt
der Umstand, dass der Angeklagte selbständig das
Transportfahrzeug anmieten musste, dass er einen weiter gehenden
Einfluss auf die Gestaltung des Transports hatte. Vielmehr spricht die
Tatsache, dass die Hintermänner dem Angeklagten ein
Mobiltelefon zur Verfügung gestellt hatten und er mit diesem
während der Kurierfahrt siebzehn Mal telefonischen Kontakt zu
ihnen aufnahm, um sich zu dem geplanten Übergabeort leiten zu
lassen, gegen einen solchen Einfluss. Der Alleinbesitz an den
Betäubungsmitteln ist bei einem ohne Begleitung fahrenden
Kurier die Regel.
3
Der Schuldspruch ist daher, wie vom Generalbundesanwalt beantragt,
dahin zu ändern, dass der Angeklagte der unerlaubten Einfuhr
von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit
mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist.
§ 265
4
- 5 -
StPO hindert eine Schuldspruchberichtigung nicht, da
auszuschließen ist, dass sich der Angeklagte anders als
geschehen hätte verteidigen können. Der
Strafausspruch bleibt von der Änderung des Schuldspruchs
unberührt. Der Senat schließt aus, dass das
Landgericht bei einer zutreffenden rechtlichen Würdigung auf
eine geringere als die verhängte Strafe erkannt
hätte. Der wesentliche Schuldgehalt der Tat liegt sowohl vom
äußeren Erscheinungsbild und dem Vorsatz des
Angeklagten als auch vom Gewicht der Straftat her, wie sie in der
gesetzlichen Strafandrohung zum Ausdruck kommt, in der unerlaubten
Einfuhr von Betäubungsmitteln.
Tepperwien Maatz Solin-Stojanović
Franke Mutzbauer |