BGH,
Beschl. v. 19.10.2000 - 4 StR 346/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 346/00
vom
19. Oktober 2000
in der Strafsache gegen
wegen Diebstahls
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 19. Oktober
2000 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Münster vom 23. Februar 2000
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß der
Angeklagte des Diebstahls in fünf Fällen schuldig ist,
b) im Maßregelausspruch dahin klargestellt, daß dem
Angeklagten die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen
entzogen wird und ihm vor Ablauf von zwei Jahren keine neue
Fahrerlaubnis erteilt werden darf.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu
tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in
fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei
Jahren verurteilt. Ferner hat es eine Maßregel nach den
§§ 69, 69 a, 69 b StGB dahingehend angeordnet,
daß "dem Angeklagten die Erlaubnis zum Führen von
Kraftfahrzeugen verboten" wird und "vor Ablauf von zwei Jahren keine
neue Fahrerlaubnis erteilt werden (darf)". Mit seiner Revision gegen
dieses Urteil rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen
Rechts. Das Rechtsmittel führt zur Änderung des
Schuldspruchs und zur Klarstellung des Maßregelausspruchs; im
übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen kamen der Angeklagte und Antanas O. in
Litauen überein, in die Bundesrepublik Deutschland
einzureisen, um hier gemeinsam Kraftfahrzeuge aufzubrechen und durch
den Verkauf von aus den Fahrzeugen entwendeten
Elektronikgeräten ihr Einkommen "aufzubessern". In der Zeit
vom 31. Oktober 1999 bis zum 10. November 1999 führten sie
dieses Vorhaben aus, erbrachen nach einem feststehenden "Tatmuster" in
fünf Nächten jeweils mehrere im näheren
Umkreis geparkte Fahrzeuge und entwendeten daraus insbesondere
Autoradios und sonstige Elektronikartikel.
2. Der Schuldspruch wegen schweren Bandendiebstahls kann keinen Bestand
haben; denn die - nicht näher begründete - Annahme
des Landgerichts, der Angeklagte habe als Mitglied einer Bande
gehandelt, wird von den Feststellungen nicht getragen.
a) Unabhängig von der Frage, ob schon zwei Personen eine Bande
bilden können (verneinend BGH StV 2000, 315 ff.
[Anfragebeschluß]; BGH, Beschluß vom 4. April 2000
- 5 ARs 20/00), rechtfertigt das festgestellte Verhalten des
Angeklagten und seines Komplizen nicht die Annahme
bandenmäßiger Begehung. Diese setzt - über
eine mittäterschaftliche Begehungsweise hinaus - ein Handeln
mit gefestigtem Bandenwillen voraus (BGHSt 42, 255, 259; BGH NStZ 1996,
339, 340), wobei für den der gemeinschaftlich begangenen Tat
zugrunde liegenden, auf eine gewisse Dauer angelegten und verbindlichen
"Gesamtwillen" kennzeichnend ist, daß sich der
Bandentäter im übergeordneten Interesse der
bandenmäßigen Verbindung betätigt (vgl. BGH
NStZ 1996, 443; NJW 1998, 2913; StV 1998, 599; Tröndle/Fischer
StGB 49. Aufl. § 244 Rdn. 13). Ob die Voraussetzungen
bandenmäßiger Tatbegehung erfüllt sind,
bedarf regelmäßig näherer Darlegung.
Für bandenmäßiges Handeln können
insbesondere das Eingebundensein des Täters in eine(r)
bandenmäßigen Organisation, eine
"geschäftsmäßige Auftragsverwaltung", eine
genaue gemeinsame Buchführung, die arbeitsteilige und
gleichberechtigte Abwicklung von Akquisition,
Vermittlungstätigkeit und Forderungseinziehung, gegenseitige
Kontrolle und gegenseitiger Schutz, das Vorliegen einer gemeinsamen
Kasse oder die Beteiligung an den gemeinsam erwirtschafteten Gewinnen
und Verlusten Anzeichen sein (vgl. BGH NJW 1998, 2913; StV 1998, 599).
Die Strafkammer hat jedoch keines dieser Merkmale festgestellt. Auch
dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist nicht zu
entnehmen, daß der Angeklagte und Antanas O. bei ihren Taten
- über ihr individuelles Interesse am Erlangen von Beute
hinaus - ein übergeordnetes Bandeninteresse verfolgt haben.
b) Da weitere Feststellungen, die den Vorwurf
bandenmäßiger Begehung tragen könnten, in
einer neuen Hauptverhandlung nicht zu erwarten sind, ändert
der Senat den Schuldspruch dahin ab, daß der Angeklagte
lediglich des Diebstahls in fünf Fällen schuldig ist.
§ 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil der Angeklagte sich
gegen den geänderten Schuldspruch nicht wirksamer als
geschehen hätte verteidigen können und mit dem
Fortfall bandenmäßiger Begehung lediglich ein
erschwerender Umstand wegfällt.
3. Trotz der Änderung des Schuldspruchs zugunsten des
Angeklagten können die verhängten Einzelstrafen und
die Gesamtstrafe bestehen bleiben: Die Strafkammer hat die Strafen
jeweils dem Strafrahmen für minder schwere Fälle
(§ 244 a Abs. 2 StGB) entnommen. Da sie sich in dessen unterem
Bereich bewegen (ein Jahr bis ein Jahr sechs Monate Freiheitsstrafe),
kann ausgeschlossen werden, daß das Landgericht bei
zutreffender rechtlicher Bewertung für die jeweils mehrere
Autoaufbrüche umfassenden (Einzel-) Taten noch niedrigere
Strafen verhängt hätte. Auch die Gesamtstrafenbildung
weist keinen den Angeklagten belastenden Rechtsfehler auf.
4. Entsprechend den Urteilsausführungen (UA 18) stellt der
Senat den mißverständlichen
Maßregelausspruch dahin klar, daß dem Angeklagten
die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen entzogen wird und
ihm vor Ablauf von zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden
darf.
5. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es
nicht, den Beschwerdeführer (teilweise) von den durch sein
Rechtsmittel entstandenen Ko-sten und Auslagen freizustellen (vgl.
Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. § 473 Rdn.
25 ff.).
Meyer-Goßner Maatz Kuckein
Athing Solin-Stojanovic |