BGH,
Beschl. v. 2.4.2008 - 1 ARs 3/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 ARs 3/08
vom
2.4.2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der
Sicherungsverwahrung
hier: Anfragebeschluss vom 5. Februar 2008 - 4 StR 314/07 und 4 StR
391/07
- 2 -
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2.4.2008
gemäß § 132 Abs. 3 GVG beschlossen:
Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest.
Danach findet § 66b Abs. 3 StGB in den Fällen
grundsätzlich keine Anwendung, in denen nach Erledigung der
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus noch eine zugleich
mit deren Anordnung verhängte Freiheitsstrafe weiter zu
vollstrecken ist.
Gründe:
Der 4. Strafsenat beabsichtigt zu entscheiden:
1
"Der Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung
gemäß § 66b Abs. 3 StGB steht nicht
entgegen, dass der Betroffene nach Erklärung der Erledigung
der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 67d
Abs. 6 StGB) noch Freiheitsstrafe zu verbüßen hat,
auf die zugleich mit der Unterbringung erkannt worden ist."
Da dies dem Senatsurteil vom 28. August 2007 - 1 StR 268/07 (= NJW
2008, 240) widerspricht, hat er gemäß § 132
Abs. 3 GVG angefragt, ob hieran festgehalten wird (Beschl. vom 5.
Februar 2008 - 4 StR 314/07 und 4 StR 391/07).
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Der Senat hält trotz der im Anfragebeschluss
aufgeführten gewichtigen Argumente an seiner Rechtsauffassung
fest. Zusammenfassend und ergänzend bemerkt er:
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Der Senat teilt im Grundsatz die Ansicht des 4. Strafsenats, dass die
in den Gesetzesmaterialien zu § 66b Abs. 3 StGB niedergelegten
Vorstellungen im Gesetzeswortlaut keinen - eindeutig erkennbaren -
Niederschlag gefunden haben; allerdings dürfte die Wendung
"und ergänzend seiner Entwicklung während des
Vollzugs der Maßregel" in § 66b Abs. 3 Nr. 2 StGB
als Hinweis auf diese Vorstellungen zu verstehen sein (nachfolgend 1).
Der Senat erachtet die Materialien im Hinblick auf die zu beurteilende
Rechtsfrage weiterhin als eindeutig (nachfolgend 2) und als hier
für die Auslegung ausschlaggebend (nachfolgend 3). Er stimmt
der Auffassung zu, dass die Sperrwirkung der Absätze 1 und 2
von § 66b StGB gegenüber Absatz 3 zu Lücken
im System der nachträglichen Sicherungsverwahrung
führen kann. Diese sind jedoch vom Gesetzgeber in Kauf
genommen worden (nachfolgend 4) und aufgrund der fragmentarischen Natur
des Strafrechts und des Ultima-ratio-Charakters der - zumal
nachträglichen - Sicherungsverwahrung hinzunehmen (nachfolgend
5).
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1. Im Gesetzeswortlaut finden sich keine zweifelsfreien unmittelbaren
Anhaltspunkte dafür, dass § 66b Abs. 3 StGB dann
nicht gelten soll, wenn nach der Erledigung der Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus noch eine zugleich mit deren Anordnung
verhängte Freiheitsstrafe zu vollstrecken ist. Im Hinblick auf
die Erwägungen im Anfragebeschluss zu der bei einer
Entscheidung nach § 66b Abs. 3 StGB gebotenen
Berücksichtigung von Erkenntnissen, die im Anschluss an den
Maßregelvollzug im Strafvollzug angefallen sind (Rdn. 20),
bemerkt der Senat in diesem Zusammenhang:
5
§ 66b Abs. 3 Nr. 2 StGB, wonach im Rahmen der für die
Gefährlichkeitsprognose erforderlichen
Gesamtwürdigung "ergänzend … (die)
Entwicklung (des Verurteilten) während des Vollzugs der
Maßregel" heranzuziehen ist, dürfte auf den
gesetzgeberischen Willen hinweisen. Dieser ist dahin zu verstehen, dass
§ 66b Abs. 3 StGB nur dann Anwendung findet, wenn nach
Erledigung der Maßregel (§ 67d Abs. 6 Satz 1 StGB)
keine - zugleich mit deren Anordnung ver-
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hängte - Restfreiheitsstrafe mehr zu vollstrecken ist und
somit der Verurteilte andernfalls in dieser Sache in die Freiheit
entlassen werden müsste. § 66b Abs. 3 Nr. 2 StGB
nimmt im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose Bezug auf die
Entwicklung während des Maßregelvollzugs, nicht
dagegen auf eine mögliche anschließende Entwicklung
während des Strafvollzugs. Es liegt aber nicht nahe, dass der
Gesetzgeber einerseits zwar meint, eine
Strafverbüßung nach Erledigung der
Maßregel stehe der Anwendbarkeit von § 66b Abs. 3
StGB nicht entgegen, dass er andererseits jedoch Erkenntnisse, die im
Anschluss an den Maßregelvollzug im Strafvollzug anfallen,
nicht als - weitere - Grundlage der gebotenen Gesamtwürdigung
für erwähnenswert hält. Dies gilt umso mehr,
als § 66b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StGB im Hinblick auf die zu
prognostizierende Gefährlichkeit des Verurteilten bestimmt,
dass "ergänzend seine(…) Entwicklung
während des Strafvollzugs" zu würdigen ist.
2. Der Senat hält die im Senatsurteil vom 28. August 2007 - 1
StR 268/07 zitierte Passage in der Begründung des
Gesetzesentwurfs der Bundesregierung (BTDrucks. 15/2887 S. 14) nicht
für "unklar und damit ihrerseits auslegungsbedürftig"
(Anfragebeschl. Rdn 16). Insbesondere ergibt sich dies nicht aus den
Worten "zunächst" und "gegebenenfalls". Denn diese lassen sich
nach Auffassung des Senats nur dahin verstehen, dass sie ein
abgestuftes Entscheidungsprogramm beschreiben: Ein Bedürfnis
für nachträgliche Sicherungsverwahrung - hier nach
§ 66b Abs. 3 StGB - besteht daher "zunächst" nicht,
wenn die Sicherung der Allgemeinheit dadurch gewährleistet
ist, dass der Verurteilte nach der Erledigung der Maßregel
nicht in die Freiheit, sondern in den Strafvollzug kommt. Erst wenn
diese Fallgestaltung vorliegt, kann "gegebenenfalls", nämlich
wenn der Betroffene weiterhin in besonderem Maße
gefährlich ist, vor Ende des Vollzugs - jetzt nach
Maßgabe von § 66b Abs. 1 oder § 66b Abs. 2
StGB - nachträglich Sicherungsverwahrung angeordnet werden.
Wollten die Gesetzesmaterialien dagegen zum Ausdruck bringen, dass die
drei dort be-
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zeichneten Fallgruppen (Schuldunfähigkeit sowie erheblich
verminderte Schuldfähigkeit mit und ohne
anschließende Reststrafenvollstreckung) unterschiedslos von
§ 66b Abs. 3 StGB erfasst sein sollten, hätten die
zugleich gemachten differenzierten Ausführungen zu
unterschiedlichen Vollstreckungskonstellationen keinen erkennbaren
Sinn. Hinzu kommt, dass es auch schon zu Beginn der
Ausführungen zu § 66b Abs. 3 StGB heißt,
die Bestimmung sei für Fälle konzi-piert, in denen
besonders gefährliche Personen ohne die Möglichkeit
einer nachträglichen Sicherungsverwahrung - infolge der
Erledigung - "in die Freiheit entlassen" werden müssten (aaO
S. 13 f.).
Die in Rede stehenden Gesetzesmaterialien beziehen sich auf
sämtliche Absätze des - nicht nach und nach, sondern
einheitlich - neu geschaffenen § 66b StGB. Deshalb teilt der
Senat auch nicht die Sorge, bei den Ausführungen zu §
66b Abs. 3 StGB könnten die in derselben Drucksache kurz zuvor
(aaO S. 11 ff.) eingehend behandelten - im Vergleich mit § 66b
Abs. 3 StGB teilweise strengeren - Voraussetzungen von § 66b
Abs. 1 und 2 StGB "nicht im Blick" (Anfragebeschl. Rdn. 16) gewesen
sein.
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3. Der Senat hält daran fest, dass es für die
Auslegung des § 66b Abs. 3 StGB im Hinblick auf die zu
beurteilende Rechtsfrage entscheidend auf die Gesetzesmaterialien
ankommt.
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Die Auslegung nach dem Willen des Gesetzgebers, wie er sich aus der im
weiteren Gesetzgebungsverfahren im Ergebnis nicht in Frage gestellten
Begründung des Regierungsentwurfs ergibt, ist eine mit anderen
gleichrangige Auslegungsmethode (vgl. hierzu Vogel, Juristische
Methodik S. 129; Wank, Die Auslegung von Gesetzen 3. Aufl. S. 49 f.).
Ein Auslegungskanon mit einer feststehenden Rangfolge der
Auslegungsmethoden wird in der juristischen Methodenlehre heute ganz
überwiegend nicht mehr vertreten (vgl. Christensen/Kudlich,
Theorie richterlichen Begründens S. 375 ff.; Looschelders/Roth,
10
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Juristische Methodik im Prozeß der Rechtsanwendung S. 192
ff.). Vielmehr sind die Auslegungsmethoden für jede
auszulegende Gesetzesnorm einerseits nach ihrer Nähe zum
Normtext, andererseits nach der Stichhaltigkeit der konkreten einzelnen
Argumente zu gewichten (vgl. Christensen/Kudlich aaO S. 377 ff.).
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Die Auslegung anhand des aus der Entstehungsgeschichte eines Gesetzes
zu erschließenden Willens des Gesetzgebers ist der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht fremd (vgl. BGHZ 46, 74, 80
m. Nachw.; ferner Simon, Gesetzesauslegung im Strafrecht S. 258 ff. m.
weit. Nachw. aus der Rspr.). Diese Auslegungsmethode könnte
auch angewendet werden, wenn der Gesetzeswortlaut keinen Hinweis auf
den Willen des Gesetzgebers enthält. Insoweit verweist der
Senat auf die - ähnlich wie das in Rede stehende Senatsurteil
mit der Schwere der Rechtsfolge begründete - Rechtsprechung
zur einschränkenden Auslegung von § 250 Abs. 1 Nr. 1
Buchst. b StGB in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Reform des
Strafrechts (6. StrRG) vom 26. Januar 1998 (BGBl I 164) im Hinblick auf
nach dem äußeren Erscheinungsbild offensichtlich
ungefährliche Scheinwaffen (vgl. BGH, Urt. vom 18. Januar 2007
- 4 StR 394/06 = JR 2007, 379 m. insoweit zust. Anm. Kudlich). Diese
Entscheidung ist auf einen "Auslegungshinweis" in den
Gesetzesmaterialien gestützt, obwohl - wie in jenem Urteil im
Einzelnen dargelegt - der aus diesem Hinweis ersichtliche Wille des
Gesetzgebers keinen deutlichen Niederschlag im Gesetzeswortlaut
gefunden hat und er auch mit dem gesetzlichen System "nur
schwervereinbar" ist (BGH aaO).
Im Rahmen der Auslegung ist dem Willen des Gesetzgebers ein umso
größeres Gewicht beizumessen, je jünger die
auszulegende Norm ist (vgl. Wank aaO S. 49 f.; im Ergebnis ebenso Eser
in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 1 Rdn.
41 ff.; a.A. - ohne Berücksichtigung der Bedeutung eines
grö-ßeren oder geringeren Zeitablaufs -
Zschieschack/Rau in ihrer Anmerkung zum
12
- 7 -
Senatsurt. vom 28. August 2007 - 1 StR 268/07, zur
Veröffentlichung in Heft 4/2008 der JR vorgesehen).
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Bei dem Gesetz zur Einführung der nachträglichen
Sicherungsverwahrung vom 23. Juli 2004 (BGBl I 1838) handelt es sich um
ein vergleichsweise junges Gesetz, das - auch im Hinblick auf
§ 67d Abs. 6 und § 66b Abs. 3 StGB - den
(vorläufigen) Schlusspunkt einer jahrelang kontrovers
geführten rechtspolitischen Diskussion markierte (vgl.
Ullenbruch in MünchKomm-StGB § 66b Rdn. 9 ff.).
Dementsprechend umfangreich und detailliert ist bereits der
Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BTDrucks. 15/2887)
begründet. Auch die Einschränkung formaler
Voraussetzungen für die nachträgliche
Sicherungsverwahrung ist dabei im Gesetzgebungsverfahren bewusst
gewählt worden, um - wie es von Verfassungs wegen geboten ist
- sicher zu stellen, dass sie auf seltene Einzelfälle begrenzt
bleibt (vgl. BGHSt 51, 25, 27 m.w.N.).
Nach alledem hält der Senat auch nach nochmaliger
Überprüfung daran fest, dass die Auslegung nach dem
Willen des Gesetzgebers hier ausschlaggebend ist. Hiernach kommt die
Fassung, die § 66b Abs. 3 StGB erhalten hat, fast schon einem
gesetzgeberischen Redaktionsversehen gleich, das nach Auffassung des
Senats nicht Grundlage für eine derart beschwerende
Maßnahme wie nachträgliche Sicherungsverwahrung sein
kann.
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4. Allerdings kann es dann, wenn die Anwendung von § 66b Abs.
3 StGB wegen im Anschluss an die Erledigung zu vollstreckender
Restfreiheitsstrafe ausgeschlossen ist (Sperrwirkung von § 66b
Abs. 1 und 2 StGB gegenüber § 66b Abs. 3 StGB), zu
Lücken im System der nachträglichen
Sicherungsverwahrung kommen. In den Fällen, in denen die
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus auf einen Zustand im
Sinne von § 21 StGB gestützt war, ist eine Anordnung
nach § 66b Abs. 3 StGB zumeist ausgeschlossen (Anfragebeschl.
Rdn. 18); dessen Anwendbarkeit könnte von bloßen
"Zufälligkeiten" im
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Vollstreckungsverfahren, etwa Änderungen der
Vollstreckungsreihenfolge, abhängig sein (aaO Rdn. 19).
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Es versteht sich aber schon nicht von selbst, dass der Ablauf des
Vollstreckungsverfahrens von "Zufälligkeiten"
abhängt, da es seinerseits gesetzlichen Regeln folgt. Dem
braucht hier aber nicht näher nachgegangen zu werden.
Jedenfalls waren die aufgezeigten Lücken dem Gesetzgeber bei
der Verabschiedung des Gesetzes bekannt.
Er war sich nämlich bewusst, dass in den Fällen, in
denen die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus auf einen
Zustand im Sinne von § 21 StGB gestützt war,
§ 66b Abs. 3 StGB - in aller Regel - nur bei "Umkehrung der
regelmäßigen Vollstreckungsreihenfolge (§
67 Abs. 1 und 2 StGB)" anwendbar ist (BTDrucks. 15/2887 S. 14;
Unterstreichung hier vorgenommen). Außerdem hatte der
Bundesrat im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich auf die
mögliche Bedeutung von "Zufälligkeiten des
Vollstreckungsverfahrens" für § 66b Abs. 3 StGB
hingewiesen (BRDrucks. 202/04 [Beschluss] S. 4). Das aufgezeigte
Bedenken blieb im Ergebnis ohne Einfluss, nachdem die Bundesregierung
auch dieses als durch den dann in Kraft getretenen Gesetzesentwurf -
"auf der Basis der vorgeschlagenen Vorschrift nebst ihrer
Begründung" - "schlüssig beantwortet" bezeichnet hat
(BTDrucks. 15/2945 S. 5; Unterstreichung hier vorgenommen).
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Schließlich mag auch dahinstehen, ob der Auffassung zu folgen
ist, ein Wertungswiderspruch bestehe darin, dass Verurteilte, die bei
der Anlasstat ohne Schuld gehandelt hätten, schlechter
gestellt seien als Verurteilte, die durch die Tat (große)
Schuld auf sich geladen hätten (Anfragebeschl. Rdn. 19).
Hiergegen könnte sprechen, dass die Voraussetzungen von
§ 66b Abs. 1 und 2 StGB gegenüber denjenigen des
§ 66b Abs. 3 StGB nicht durchgehend strenger sind; so
ermöglicht Absatz 2 - anders als Absatz 3 - die
nachträgliche Si-
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cherungsverwahrung auch dann, wenn der Verurteilte nur eine Anlasstat
begangen hatte.
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5. Soweit in den in Rede stehenden Fallgestaltungen
nachträgliche Sicherungsverwahrung nicht in Betracht kommt,
ist dies nämlich aufgrund der fragmentarischen Natur des
Strafrechts (vgl. Roxin, Strafrecht AT I 4. Aufl. S. 45) und
insbesondere des Ultima-ratio-Charakters der - zumal
nachträglichen - Sicherungsverwahrung (vgl. nur BGH NStZ 2005,
88, 89) hinzunehmen. Die fragmentarische Natur des Strafrechts betrifft
nach Auffassung des Senats nicht nur die in den
Straftatbeständen kodifizierten Verhaltensnormen, sondern
ebenso - an zusätzliche "tatbestandliche" Voraussetzungen
anknüpfende - Sanktionsnormen.
Es entspricht der fragmentarischen Natur des Strafrechts, dass die
nachträgliche Sicherungsverwahrung nicht nur von einer
qualifizierten Gefährlichkeitsprognose allein, sondern
darüber hinaus - wie auch in § 66b StGB detailliert
geregelt - von vertypten formalen Kriterien abhängig ist. Sind
diese vom Gesetzgeber zu bestimmenden - und gegebenenfalls von ihm zu
ändernden -
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Kriterien nicht erfüllt, fehlt die erforderliche gesetzliche
Grundlage, um Sicherungsverwahrung nachträglich anzuordnen.
Nack Wahl Kolz
Elf Graf |