BGH,
Beschl. v. 2.8.2000 - 3 StR 218/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 218/00
vom
2. August 2000
in der Strafsache gegen
1.
2.
3.
4.
wegen gewerbsmäßiger Bandenhehlerei u.a.;
hier: Revision des Angeklagten N.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 2. August 2000 gemäß
§ 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4, § 357 StPO
einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten N. gegen das Urteil des
Landgerichts Lübeck vom 1. Dezember 1999 wird
a) das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO
vorläufig eingestellt, soweit der Angeklagte N. in dem Fall
II. 12 der Urteilsgründe wegen Bandenhehlerei (§ 260
a StGB) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und einer Geldstrafe
von 50 Tagessätzen verurteilt worden ist;
im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die
notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) der Schuldspruch dahin geändert, daß
- der Angeklagte N. wegen gewerbsmäßiger
Bandenhehlerei in sechs Fällen, wegen
gewerbsmäßiger Hehlerei, wegen Hehlerei in zwei
Fällen und wegen Diebstahls in drei Fällen,
- die Mitangeklagten K. und H. im Fall II. 13 der
Urteilsgründe wegen gewerbsmäßiger
Bandenhehlerei statt wegen schweren Bandendiebstahls und
- der Mitangeklagte J. im Fall II. 9 der Urteilsgründe wegen
Diebstahls statt wegen schweren Bandendieb-
stahls verurteilt ist,
c) der Strafausspruch dahin geändert, daß
- bei dem Angeklagten N. von den verhängten Einzelstrafen die
für den Fall II. 12 entfällt und die für den
Fall II. 9 auf neun Monate Freiheitsstrafe (statt einer Freiheitsstrafe
von einem Jahr und einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen)
ermäßigt wird und
- bei dem Mitangeklagten J. die im Fall II. 9 verhängte
Einzelstrafe auf acht Monate Freiheitsstrafe (statt einer
Freiheitsstrafe von einem Jahr und einer Geldstrafe von 40
Tagessätzen) ermäßigt wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die (verbleibenden) Kosten seines
Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
1. Im Fall II. 12 hat der Senat das Verfahren auf Antrag des
Generalbundesanwalts nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, weil
der Verurteilung wegen vollendeter gewerbsmäßiger
Bandenhehlerei die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHSt 43,
110) entgegensteht, wonach beim Ankauf durch einen Lockspitzel der
Polizei nur ein Versuch gegeben ist.
2. Im Fall II. 9 rechtfertigen die Feststellungen nur eine Verurteilung
wegen Diebstahls nach §§ 242, 243 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
StGB. Insoweit sind die Voraussetzungen eines Bandendiebstahls (vgl.
Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 244 Rdn. 13 ff.)
nicht festgestellt. Der Senat hat daher den Schuldspruch entsprechend
geändert und die Änderung auf den vom gleichen
Rechtsfehler betroffenen Mitangeklagten J. gemäß
§ 357 StPO erstreckt.
3. Im Fall II. 13 mußte der Schuldspruch von schwerem
Bandendiebstahl auf gewerbsmäßige Bandenhehlerei
nach § 260 a Abs. 1 StGB abgeändert werden, da nach
den getroffenen Feststellungen kein fremder Gewahrsam gebrochen worden
und daher der Tatbestand des Diebstahls nicht erfüllt ist. Ob
die Ladung eines Lkw im Alleingewahrsam des Lkw-Fahrers oder auch im
Mitgewahrsam des Frachtunternehmens steht, hängt von den
tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls ab, insbesondere
ob die Transportfirma in der Lage ist, über die
beförderte Ware die tatsächliche Sachherrschaft
auszuüben (vgl. Eser in Schönke/Schröder,
StGB 25. Aufl. § 242 Rdn. 33 m.w.Nachw.). Hier hatte der
Lkw-Fahrer M. von seiner Firma den Auftrag erhalten, die Ware von
Hamburg nach Berlin zu transportieren, ohne daß den
Feststellungen irgendwelche Vorkehrungen der Transportfirma zur
Ausübung einer tatsächlichen Sachherrschaft
über die Ladung während dieser Fernfahrt zu entnehmen
wären. In solchen Fällen ist grundsätzlich
vom Alleingewahrsam des Lkw-Fahrers auszugehen (vgl. BGHSt 2, 317,
318). Nach den Feststellungen haben sich die Angeklagten N. , K. und H.
die von dem Lkw-
Fahrer unterschlagene Ladung verschafft und hierdurch eine Hehlerei
begangen, die die Voraussetzungen des § 260 a Abs. 1 StGB
erfüllt. Die Schuldspruchänderung war nach §
357 StPO auf die Mitangeklagten K. und H.
zu erstrecken. § 265 StPO steht den vorgenommenen
Schuldspruchänderungen nicht entgegen, da sich die
geständigen Angeklagten nicht anders als geschehen
hätten verteidigen können.
4. Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf
Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des
Angeklagten ergeben.
Die Teileinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO im Fall II. 12
führt zum Wegfall der dafür verhängten
Einzelstrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe sowie der
zusätzlich auferlegten Geldstrafe von 50 Tagessätzen.
Im Fall II. 9 konnte der Senat die dafür verhängte
Einzelstrafe bei dem Angeklagten N. von einem Jahr Freiheitsstrafe und
einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen auf neun Monate
Freiheitsstrafe und beim Mitangeklagten J. von einem Jahr
Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen auf
acht Monate Freiheitsstrafe gemäß § 354
Abs. 1 StPO selbst ermäßigen. Da die Strafkammer in
allen Fällen einer Verurteilung wegen Diebstahls nach
§§ 242, 243 StGB bei den Angeklagten N. und J.
jeweils gleich hohe Freiheitsstrafen von neun bzw. acht Monaten
verhängt hat und der Fall II. 9 diesen Fällen nach
den Umständen und der Beutehöhe entspricht, kann
ausgeschlossen werden, daß sie im Fall II. 9 niedrigere
Freiheitsstrafen als in den übrigen Fällen des
Diebstahls verhängt hätte.
Im Fall II. 13 läßt die
Schuldspruchänderung die Höhe der insoweit
verhängten Einzelstrafen unberührt, da der
anzuwendende Strafrahmen gleich ist und die Änderung auch den
Schuldgehalt der Tat nicht verringert hat.
Der Wegfall der Einzelstrafe für den Fall II. 12 und die
Ermäßigung im Fall II. 9 beim Angeklagten N.
führt nicht zu einer Ermäßigung der
Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren (ausgesetzt zur
Bewährung) und der zusätzlichen Gesamtgeldstrafe von
300 Tagessätzen. Angesichts der Höhe und Vielzahl der
verbleibenden Einzelstrafen kann ausgeschlossen werden, daß
die Strafkammer zu einer noch milderen Gesamtstrafe gelangt
wäre. In Anbe-
tracht der Schwere und Anzahl der begangenen Straftaten erscheint es
ohnehin als fraglich, ob die Gesamtstrafe noch ihrer Bestimmung,
gerechter Schuldausgleich zu sein, genügt. Entsprechendes gilt
auch für den Mitangeklagten J. .
Wegen der Fassung der Urteilsformel weist der Senat darauf hin,
daß nach § 260 Abs. 4 Satz 2 StPO die gesetzliche
Überschrift verwendet werden soll. Insbesondere erscheint es
verwirrend, wenn die gleichen Taten in der Urteilsformel und bei der
rechtlichen Würdigung unterschiedlich bezeichnet werden.
Strafschärfungsvorschriften wie § 243 StGB werden in
der Urteilsformel nicht zum Ausdruck gebracht (vgl.
Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 260 Rdn.
25).
Rissing-van Saan Miebach Winkler von Lienen Becker |