BGH,
Beschl. v. 2.8.2000 - 5 StR 143/00
5 StR 143/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 2. August 2000
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. August 2000
beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Wuppertal vom 25. Mai 1999 nach § 349 Abs. 4 StPO in den
gesamten Strafaussprüchen mit den zugehörigen
Feststellungen aufgehoben.
Die weitergehenden Revisionen werden nach § 349 Abs. 2 StPO
als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Umsatzsteuerhinterziehung in
dreizehn Fällen sowie wegen vier Fällen der
Urkundenfälschung zu Gesamtfreiheitsstrafen von vier Jahren
beziehungsweise drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach den
Feststellungen hatten die als Automatenaufsteller tätigen
Angeklagten in den Umsatzsteuerjahreserklärungen für
die Jahre 1991 bis 1996 und in sieben Umsatzsteuervoranmeldungen aus
dem Jahr 1997 steuerpflichtige Umsätze aus dem Betrieb von
Geldspielautomaten und Unterhaltungsgeräten teilweise nicht
angegeben. Daneben hatten sie in vier Fällen Spielautomaten
mit gefälschten Zulassungsblechen der Physikalisch-Technischen
Bundesanstalt versehen.
Die Nachprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen
Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Dagegen hat der
Strafausspruch keinen Bestand. Angesichts der Höhe der jeweils
verkürzten Steuern zwischen 2.405 DM und 95.364 DM bei einem
Gesamthinterziehungsumfang von 346.723 DM begegnen die insoweit
festgesetzten Einzelstrafen und die Gesamtstrafen durchgreifenden
Bedenken.
Zwar sind gewichtige Umstände vorhanden, die zu Lasten der
Angeklagten zu berücksichtigen sind. Neben der nicht
unerheblichen kriminellen Energie sprechen vor allem das
langjährige steuerunehrliche Gesamtverhalten und die Tatsache,
daß sie eine Vielzahl von Dritten in kriminelle Handlungen
verstrickt haben, gegen die Angeklagten. Dies hat das Landgericht zu
Recht hervorgehoben. Dem stehen jedoch maßgebliche
strafmildernde Umstände gegenüber. Die nicht
vorbestraften Angeklagten haben nicht nur bereits zu Beginn der
Hauptverhandlung ein umfassendes Geständnis abgelegt, sondern
haben darüber hinaus erheblich zur Aufklärung ihrer
Taten beigetragen. So haben sie für alle Aufstellorte von
Spielautomaten, die sie umsatzsteuerlich nicht
ordnungsgemäß behandelt hatten, Angaben gemacht, die
als Schätzungsgrundlage für die verkürzten
Steuern herangezogen werden konnten. Diese Angaben umfaßten
neben der Umsatzentwicklung jeweils auch Beginn und Ende der mit den
Gastwirten getroffenen "Schwarzgeldabreden". Auch ist der entstandene
Steuerschaden mittlerweile vollständig ausgeglichen. Zudem
stellte die in dieser Situation außergewöhnlich
lange Verfahrensdauer von 55 Hauptverhandlungstagen für die
Angeklagten
- insbesondere angesichts ihrer Aufklärungshilfe - eine
erhebliche Belastung dar. Schließlich hat das Landgericht dem
engen zeitlichen, sachlichen und situativen Zusammenhang der Taten
(vgl. hierzu BGHR StGB § 54 - Bemessung 2; weitere Nachweise
bei Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 54 Rdn. 6)
möglicherweise eine zu geringe Bedeutung beigemessen.
Auch unter Bedacht auf die strafschärfenden Gesichtspunkte ist
vor diesem Hintergrund zu besorgen, daß das Landgericht bei
der Strafzumessung maßgeblich auch die nach § 154
Abs. 2 StPO ausgeschiedenen Verfahrensteile mitberücksichtigt
hat, ohne daß die Voraussetzungen für eine solche
Berücksichtigung zu Lasten der Angeklagten vorgelegen haben.
Dies legt schon der Umfang und das Gewicht derjenigen Feststellungen
und Erörterungen im Urteil nahe, die für eine
Verkürzung von Einkommensteuern, nicht aber für die
abgeurteilte Hinterziehung von Umsatzsteuern von Bedeutung sind. Eine
Berücksichtigung eingestellter Verfahrensteile kommt indes nur
dann in Betracht, wenn die Taten in der Hauptverhandlung
prozeßordnungsmäßig festgestellt worden
sind (vgl. Schoreit in KK 4. Aufl. § 154 Rdn. 48). Auch wenn
die Angeklagten auf die Möglichkeit hingewiesen wurden,
daß ihr Verhalten trotz der Einstellung
strafschärfend berücksichtigt werde, sind konkrete
Taten der Einkommensteuerhinterziehung hier nicht ausreichend
festgestellt. Zu den insoweit erforderlichen Feststellungen
für eine Steuerhinterziehung gehört nicht nur die
Schilderung der jeweiligen Hinterziehungshandlungen, die den
allgemeinen Schluß erlauben, daß Steuern
verkürzt werden sollten. Vielmehr ist zur Bestimmung des
ungefähren Schuldumfangs und damit des Gewichts der
berücksichtigten Taten auch die Ermittlung des
Ausmaßes der durch sie verursachten steuerlichen Folgen und
die Mitteilung zumindest der Größenordnung der
hinterzogenen Beträge erforderlich.
Die Aufhebung des Strafausspruchs ist auch auf die wegen
Urkundenfälschung gefundenen vier Einzelstrafen zu erstrecken,
da nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Höhe
dieser Strafen durch die Strafen für die übrigen
Taten beeinflußt worden ist.
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