BGH,
Beschl. v. 2.2.2010 - 4 StR 514/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 514/09
vom
2. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zum Betrug u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 2. Februar
2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Frankenthal vom 7. Mai 2009
a) aufgehoben und das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in
Fall II. 1. der Urteilsgründe verurteilt worden ist; insoweit
werden die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen
notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt;
b) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der
Beihilfe zum Betrug in zehn Fällen und der Beihilfe zum
versuchten Betrug schuldig ist;
c) im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die übrigen Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Betrug in elf
Fällen und wegen Beihilfe zum versuchten Betrug zu einer
Gesamtfreiheitsstra-
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fe von einem Jahr verurteilt; eine im Zwischenverfahren eingetretene
Verfahrensverzögerung hat es dadurch kompensiert, dass vier
Monate der Strafe als vollstreckt gelten. Hiergegen wendet sich der
Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und
materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat mit der
Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang
Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des
§ 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Verurteilung wegen Beihilfe zum Betrug im Fall II. 1. der
Urteilsgründe hat keinen Bestand, weil insoweit
Verjährung eingetreten ist. Der Durchsuchungsbeschluss des
Amtsgerichts Ludwigshafen vom 28. Februar 2003 war nicht geeignet, eine
Unterbrechung der Verjährungsfrist gemäß
§ 78 c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB herbeizuführen, da er
nicht die Beteiligung des Angeklagten an Taten des H. A. be
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Der Senat stellt das Verfahren daher insoweit ein und ändert
den Schuldspruch entsprechend ab.
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2. Der mit der Teileinstellung verbundene Wegfall der Einzelstrafe von
vier Monaten würde zwar für sich genommen angesichts
der Anzahl und Höhe der verbleibenden Einzelstrafen nicht zur
Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe führen. Die Strafzumessung
begegnet aber aus anderen Gründen durchgreifenden rechtlichen
Bedenken. Die Zumessungserwägungen des Landgerichts lassen
nicht erkennen, ob es bei der Festsetzung der Einzelstrafen und der
Gesamtstrafe die drohenden anwaltsrechtlichen Sanktionen
gemäß § 114 Abs. 1 BRAO
berücksichtigt hat. Die Nebenwirkungen einer strafrechtlichen
Verurteilung auf das Leben des Täters sind jedenfalls dann zu
berücksichtigen, wenn dieser durch sie seine berufliche oder
wirtschaftliche Basis verliert (vgl. BGH, Beschl. vom 27. August 1987 -
1 StR 412/87, BGHR StGB § 46 Abs. 1
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Schuldausgleich 8; vgl. auch Fischer StGB 57. Aufl. § 46 Rdn.
9 m.w.N.). Der Senat kann nicht mit Sicherheit ausschließen,
dass das Landgericht niedrigere Freiheitsstrafen verhängt
hätte, wenn es dies bedacht hätte.
Einer Aufhebung der den Strafausspruch tragenden rechtsfehlerfreien
Feststellungen bedarf es hingegen nicht. Dies schließt
ergänzende Feststellungen durch den neuen Tatrichter, die zu
den bisher getroffenen nicht in Widerspruch stehen, nicht aus.
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3. Auch über die Kompensation wegen der Justiz anzulastender
Verfahrensverzögerungen ist neu zu entscheiden, da der Senat
den Rechtsfolgenausspruch insgesamt aufgehoben hat.
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Die Revision beanstandet insoweit zu Recht, dass es nicht nur im
Zwischenverfahren, sondern auch während des
Ermittlungsverfahrens zu einem Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1
Satz 1 MRK gekommen ist, weil das Verfahren nach Fertigung des
Abschlussberichts der Polizei bis zur Anklageerhebung nicht erkennbar
gefördert wurde. Dagegen hält sich die Zeitspanne
zwischen dem Eingang der Revisionsbegründung und der
Übersendung der Akten an den Generalbundesanwalt, wie dieser
in seiner Antragsschrift im Einzelnen zutreffend dargelegt hat, trotz
der zwischenzeitlichen Herbeiführung einer
Beschwerdeentscheidung zur Frage einer
ordnungsgemäßen Vertretung des Angeklagten durch
einen weiteren Verteidiger innerhalb der üblichen
Verfahrensdauer.
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Der neu entscheidende Tatrichter wird die der Justiz anzulastenden
Verfahrensverzögerungen nach den vom Großen Senat
für Strafsachen (BGHSt 52, 124 ff.) aufgestellten
Maßstäben zu kompensieren haben. Im Hinblick auf die
im angefochtenen Urteil vorgenommene Anrechnung von vier Monaten der
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erkannten Strafe für eine im Zwischenverfahren eingetretene
Verzögerung von sechs Monaten bemerkt der Senat, dass er eine
derartige Kompensation für überzogen hält.
Zwar lassen sich allgemeingültige Kriterien für die
Bemessung der Kompensation nicht aufstellen; entscheidend sind stets
die Umstände des Einzelfalls, wobei zu
berücksichtigen ist, dass die Verfahrensdauer als solche und
die damit verbundenen Belastungen des Angeklagten - wie auch vorliegend
- bereits strafmildernd in die Strafzumessung eingeflossen sind. Die
Anrechnung hat sich aber im Regelfall auf einen eher geringen Bruchteil
der Strafe zu beschränken (vgl. BGHSt 52, 124, 146 f.; BGH,
Urt. vom 9. Oktober 2008 - 1 StR 238/08; Beschl. vom 11. März
2008 - 3 StR 54/08; Senatsbeschl. vom 24. November 2009 - 4 StR
245/09). Im Hinblick auf § 358 Abs. 2 StPO darf im
vorliegenden Fall der nach Abzug des für vollstreckt zu
erklärenden Teils der schuldangemessenen Strafe verbleibende
Strafanteil jedenfalls acht Monate nicht übersteigen.
Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Franke |