BGH,
Beschl. v. 2.6.2006 - 2 StR 150/06
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 150/06
vom
2.6.2006
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 2.06.2006
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Frankfurt am Main vom 18. Januar 2006 im Schuldspruch dahin
geändert, dass der Angeklagte wegen unerlaubter Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit
Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von fünf
Jahren und sechs Monaten verurteilt ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten
Einführens von Betäubungsmitteln“ in nicht
geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer
Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit einer
Verfahrensrüge und mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel
hat in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichem Umfang Erfolg; im
Übrigen ist es aus den Gründen der Antragsschrift des
Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349
Abs. 2 StPO.
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Das Landgericht hat seine Auffassung, dass tateinheitlich mit der
unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge täterschaftliches unerlaubtes Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorliege, nicht
begründet. Allerdings erfasst der Tatbestand des unerlaubten
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln grundsätzlich
alle Tätigkeiten - auch einmalige und bloß
unterstützende Handlungen, insbesondere auch die
Förderung fremder Geschäfte -, soweit sie auf den
späteren Umsatz des Rauschgifts gerichtet sind. Auch
können schon einzelne dieser Handlungen die (objektiven)
Voraussetzungen der Mittäterschaft erfüllen, weil
dafür nur ein die Tatbestandsverwirklichung
fördernder Beitrag erforderlich ist. Demnach kann
grundsätzlich auch die Tätigkeit des Kuriers, der
gegen Entlohnung selbständig Betäubungsmittel
transportiert, ohne selbst Käufer oder Verkäufer zu
sein, Handeltreiben darstellen (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr.
1 Handeltreiben 36 und 54; BGH StV 1999, 427). Es bedarf aber der
Abgrenzung der Mittäterschaft zur Beihilfe nach den
allgemeinen Grundsätzen des Strafrechts.
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Für eine Beteiligung des Angeklagten lediglich als Gehilfe
spricht hier in objektiver Hinsicht, dass er mit An- und Verkauf des
Rauschgifts nichts zu tun und keinen Einfluss auf die Bestimmung von
Art und Menge des zu transportierenden Rauschgifts hatte. Die
Gestaltung des Transports und die Umstände der
Übergabe wurden ihm vorgegeben. Nach den Urteilsfeststellungen
ist unklar geblieben, ob der Angeklagte, der von seinem Auftraggeber in
Lagos (Nigeria) zum Flughafen begleitet wurde und der selbst keinen
Schlüssel für den Koffer mit dem Kokain bei sich
führte, während der Kurierfahrt zu irgendeinem
Zeitpunkt eine eigenständige Verfügungsgewalt
über diesen Koffer haben sollte. Nach dem Zweifelsgrundsatz
war mangels gegenteiliger Anhaltspunkte zugunsten des Angeklagten davon
auszugehen, dass dies nicht der Fall war. Dann aber hat der Angeklagte
lediglich Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln geleistet.
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Da in einer neuen Hauptverhandlung weitere Feststellungen, die ein
täterschaftliches Handeltreiben begründen
könnten, nicht zu erwarten sind, hat der Senat den
Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Einfuhr
von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit
mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge schuldig ist. § 265 StPO steht nicht entgegen,
weil auszuschließen ist, dass sich der Angeklagte gegen den
geänderten Schuldvorwurf anders und wirksamer als geschehen
hätte verteidigen können.
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Der Senat kann ausschließen, dass die Strafe auf dem
Rechtsfehler beruht: das Landgericht hat die Strafe dem Strafrahmen des
§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG entnommen. Die Verwirklichung von zwei
Straftatbeständen hat es nicht strafschärfend
berücksichtigt, sondern hat dem Angeklagten
ausdrücklich zu Gute gehalten, dass er als Kurier nur eine
untergeordnete Rolle im Drogenabsatzgeschäft gespielt habe.
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Rissing-van Saan Otten Rothfuß
Roggenbuck Appl |