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BGH, Beschluss vom 2. Mai 2000 - 1 StR 136/00


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 2.5.2000 - 1 StR 136/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 136/00
vom
2. Mai 2000
in der Strafsache gegen
wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern u. a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Mai 2000 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Weiden i. d. OPf. vom 10. Januar 2000 wird
a) das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte wegen Beleidigung verurteilt worden ist (Fall II 4 der Urteilsgründe); insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) klargestellt, daß der Angeklagte des sexuellen Mißbrauchs von Kindern in 190 Fällen schuldig ist;
c) das genannte Urteil im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die übrigen Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Jugendschutzkammer zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat das Verfahren zu Fall II 4 der Urteilsgründe (Tat zum Nachteil des Nebenklägers, M. L. , der zur Tatzeit 14 Jahre alt war) gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Damit erledigen sich die von der Revision erhobenen Einwände gegen die Verurteilung des Angeklagten wegen Beleidigung (vgl. dazu BGHSt 36, 145, 150).
2. Der verbleibende Schuldspruch wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in 190 Fällen begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
3. Wie Revision und Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt haben, enthalten die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts einen Rechtsfehler, soweit die Strafkammer zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, "daß er sich in der Hauptverhandlung völlig uneinsichtig und ohne Reue zeigte und die Geschädigten durch sein hartnäckiges Abstreiten der Taten als Lügner darstellte" (vgl. dazu BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verteidigungsverhalten 4, 6, 15, 17).
a) Auf diesem Rechtsfehler kann, wie der Generalbundesanwalt dargelegt hat, der Ausspruch über die verhängten Einzelstrafen - die mit jeweils vier bzw. fünf Monaten Freiheitsstrafe im untersten Bereich des Strafrahmens liegen - nicht beruhen. In all den Fällen, in denen dem Angeklagten sexueller Mißbrauch von Kindern zur Last liegt, hat die Strafkammer jeweils einen minder schweren Fall angenommen, da der inzwischen 60 Jahre alte Angeklagte auf Grund einer hirnorganischen Persönlichkeitsveränderung in seinem Steuerungsvermögen erheblich vermindert war (§ 21 StGB) und bei den drei Geschädigten keine Nachwirkungen der Übergriffe verblieben sind.
b) Hingegen vermag der Senat nicht auszuschließen, daß der aufgezeigte Mangel die Höhe der Gesamtstrafe beeinflußt hat. Es liegt nicht fern, daß im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau der Taten, bei der auch die Persönlichkeit des Täters zu würdigen ist (vgl. BGHR StGB § 54 Serienstraftaten 1, 3, 4), sich der zu Unrecht angeführte Straferschwerungsgrund zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat.
Bei der neu zu treffenden Entscheidung kann wiederum strafmildernd ins Gewicht fallen, daß der Angeklagte bislang sozial eingeordnet und im wesentlichen straffrei gelebt hat, auf Grund seines gesundheitlichen Zustandes besonders haftempfindlich ist und sich bereits seit dem 6. April 1999 in Untersuchungshaft befindet.
4. Der vom Nebenkläger "auch für das Revisionsverfahren" beantragten Bewilligung von Prozeßkostenhilfe bedarf es nicht, da die Bestellung seines Rechtsanwalts "als Beistand" durch Beschluß des Landgerichts vom 3. Dezember 1999 fortwirkt (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 397 a Rdn. 17).
Schäfer Maul Granderath
Nack Wahl



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