BGH,
Beschl. v. 2.5.2001 - 2 StR 128/01
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 128/01
vom
2. Mai 2001
in der Strafsache gegen
1.
2.
wegen schweren Raubes u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführer am 2. Mai 2001 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Erfurt vom 23. November 2000, soweit es sie betrifft,
a) im Schuldspruch dahin geändert, daß sie jeweils
des schweren Raubes in zwei Fällen, der versuchten schweren
räuberischen Erpressung und der Nötigung schuldig
sind;
b) in den Einzelstrafaussprüchen der Fälle II.1. und
II.4. der Urteilsgründe sowie im jeweiligen
Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen räuberischer
Erpressung, schweren Raubes in zwei Fällen und schwerer
räuberischer Erpressung zu Gesamtfreiheitsstrafen von elf
Jahren (Angeklagter M. - unter Einbeziehung von Einzelstrafen einer
Vorverurteilung) und sechs Jahren (Angeklagter B. ) verurteilt.
Ihre auf die Sachrüge gestützten Revisionen haben in
dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg
(§ 349 Abs. 4 StPO); im übrigen sind sie
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Zuschrift an den Senat vom 21.
März 2001 ausgeführt:
"Die umfassende Nachprüfung des Urteils aufgrund der von
beiden Beschwerdeführern erhobenen allgemeinen
Sachrüge führt zu dem Ergebnis, daß die
Verurteilung der Angeklagten wegen räuberischer Erpressung und
schwerer räuberischer Erpressung in den Fällen II.1.
und II.4. der Urteilsgründe durchgreifenden rechtlichen
Bedenken begegnet.
Die Strafkammer hält in beiden Fällen den Tatbestand
des § 253 StGB für gegeben, weil sie den
Vermögensvorteil, den die Angeklagten erlangten, darin
erblickt, daß der Mitangeklagte Tr. zu einer unentgeltlichen
Tätigkeit als Lagerverwalter unverzollter Zigaretten und zu
Kurierfahrten mit entsprechender Ware gezwungen wurde (UA S. 7, 11);
durch die erzwungenermaßen unentgeltliche Erbringung dieser
Leistungen habe der Mitangeklagte Tr. einen Vermögensschaden
erlitten, weil für die ihm abgenötigten Leistungen
üblicherweise ein Entgelt geschuldet werde (UA S. 21).
Dem kann aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Handlungen
der festgestellten Art, die der Erfüllung strafbarer
Tatbestände dienen, wohnt kein messbarer wirtschaftlicher Wert
inne, so daß ihre erzwungene Vornahme zu keinem
Vermögensschaden führen kann. Insbesondere ist auch
auszuschließen, daß sich die Angeklagten durch
diese dem Mittäter Tr. abgenötigten Handlungen
bereichern wollten, so daß auch aus diesem Grunde der
Tatbestand des § 253 StGB nicht gegeben ist. Er kann zudem
nicht aufgrund der Überlegung bejaht werden, daß die
Angeklagten Tr. zwar als Tatgehilfen einsetzten, ihm aber seinen
Beuteanteil, der üblicherweise auf einen Tatbeteiligten
entfallen mag, vorenthielten, und sich auf diese Weise am Beuteanteil
des Tr. bereicherten. Denn ein solcher denkbarer Beuteanteil des Tr.
hat keinen Vermögenswert im Sinne von § 253 Abs. 1
StGB. Ein Teilnehmer an einer Straftat erwirbt gegen seine Tatgenossen
keinen vermögenswerten, rechtlich geschützten
Anspruch, der deshalb auch nicht dem Vermögensbegriff des
§ 253 StGB unterfallen kann (vgl. dazu Fischer in
Fischer/Tröndle 50. Aufl. § 263 Rdn. 29 b).
Im Falle II.1. der Urteilsgründe haben sich die Angeklagten
nach den Feststellungen daher der Nötigung nach § 240
Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Im Falle II.4. der Urteilsgründe
unternahmen die Angeklagten unter Einsatz eines Werkzeuges im Sinne von
§ 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB den Versuch, Tr. zur
rechtsgrundlosen Zahlung von 40.000 DM zu nötigen (UA S. 12,
13). Von diesen wiederholten Bemühungen (unbeendeter Versuch)
sind die Angeklagten nicht freiwillig zurückgetreten. Der
Fortsetzung ihres Tuns stand entgegen, daß der Mitangeklagte
Tr. im Juli 1996 in Abschiebehaft genommen wurde. Die
Beschwerdeführer sind deshalb im Falle II.4. der
Urteilsgründe der versuchten schweren räuberischen
Erpressung schuldig.
Der Umstellung der Schuldsprüche in den Fällen II.1.
und II.4. steht § 265 StPO nicht entgegen, da sich die
Beschwerdeführer nach einem entsprechenden Hinweis ersichtlich
nicht anders verteidigen könnten als bisher.
Die Einzelstrafaussprüche in den genannten Fällen und
der jeweilige Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe
können nach der Umstellung der Schuldsprüche
ebenfalls keinen Bestand haben. Im Falle II.1. der
Urteilsgründe wird der neu entscheidende Tatrichter besonders
zu prüfen haben, ob ein besonders schwerer Fall der
Nötigung im Sinne von § 240 Abs. 1 StGB a.F. in
Betracht kommt."
Dem schließt sich der Senat an.
Der Senat hat die Sache an eine allgemeine Strafkammer statt an die
Jugendkammer zurückverwiesen, da sich das weitere Verfahren
nur noch gegen Erwachsene richtet (vgl. BGHSt 35, 267 ff.).
Bode Otten Rothfuß
Fischer Elf
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