BGH,
Beschl. v. 20.4.2004 - 4 StR 67/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 67/04
vom
20.04.2004
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 20.04.2004
gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Halle vom 26. November 2002 mit den
Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere - allgemeine - Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Zuhälterei in zwei
Fällen,
jeweils in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das
Ausländergesetz (§ 92 a
Abs. 1 Nr. 1 AuslG), in einem Fall in weiterer Tateinheit mit schwerem
Menschenhandel,
sowie wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit schwerem
Menschenhandel und wegen Vergewaltigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe
von 12 Jahren verurteilt; außerdem hat es
Adhäsionsentscheidungen getroffen.
Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten dringt hinsichtlich
der Taten
zum Nachteil der Nebenklägerin Britta V. mit einer
Verfahrensrüge
durch; im übrigen hat sie mit der Sachrüge Erfolg.
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I.
Soweit die Revision als Verstoß gegen den
Öffentlichkeitsgrundsatz
nach § 338 Nr. 6 StPO beanstandet, daß am 38.
Verhandlungstag an der Eingangstür
zum Verhandlungssaal ein von der Vorsitzenden verfügter Aushang
angebracht war, wonach der Eintritt in den Gerichtssaal nach Beginn der
Verhandlung
für Zuschauer nur in den Verhandlungspausen gestattet sei, ein
solcher
während der Verhandlung störe und als
Ungebühr vor Gericht mit einem
Ordnungsgeld geahndet werde, ist diese Rüge nicht in der
vorgeschriebenen
Form (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) erhoben. Aus ihr geht schon
nicht hervor, ob
es für diese sitzungspolizeiliche Maßnahme nach
§ 176 GVG einen konkreten
Anlaß gab (vgl. BGHSt 24, 72, 73 f.; Senatsentscheidungen vom
17. April 1952
- 4 StR 210/52 bei Dallinger MDR 1952, 410 und vom 30. März
2004 - 4 StR
42/04). Vor allem aber teilt die Revision nicht den Gegenstand der
Verhandlung
an diesem Sitzungstag mit. Der Senat kann daher nicht prüfen,
ob und
inwieweit es denkgesetzlich auszuschließen ist, daß
das Urteil auf dem Verstoß
gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz beruht (vgl. BGH NJW 1996,
138;
Kuckein in KK-StPO 5. Aufl. § 344 Rdn. 49). Zu einer
entsprechenden Darlegung
bestand hier schon deshalb Anlaß, weil ausweislich der
Sitzungsniederschrift
die Hauptverhandlung an diesem Tag lediglich zehn Minuten dauerte
und - soweit ersichtlich - nur die für das Urteil nicht mehr
relevante Frage der
Sicherungsverwahrung betraf.
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II.
Soweit der Angeklagte wegen der Taten zum Nachteil der Zeugin Britta
V. (wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit schwerem
Menschenhandel
und wegen Vergewaltigung) verurteilt worden ist, hat die Revision mit
der auf
die Verletzung des § 247 Satz 4 StPO gestützten
Verfahrensrüge Erfolg.
1. Am 15. Verhandlungstag, dem 27. Februar 2002, wurde der Angeklagte
gemäß § 247 Satz 1 StPO während
der Vernehmung der Zeugin Britta
V. aus dem Gerichtssaal entfernt. Die Zeugin äußerte
sich in seiner Abwesenheit
zur Sache. Nach etwa zweieinhalbstündiger Dauer wurde ihre
Vernehmung
unterbrochen, um ein psychiatrisches Gutachten über die Zeugin
einzuholen.
Vom wesentlichen Inhalt dieser Aussage wurde der Angeklagte weder
nach seiner Wiederzulassung am nächsten noch an einem
späteren Verhandlungstag
unterrichtet. Die Vorsitzende ließ lediglich am 5. April 2002
- zwischen
dem 18. und dem 19. Verhandlungstag - außerhalb der
Hauptverhandlung
neun Blätter per Faxkopie zur Kenntnisnahme an den Angeklagten
und die übrigen
Verfahrensbeteiligten übersenden, die mit "Einführung
in die Aussage
von Britta V. am 27.02.2002" betitelt waren. Diese Mitteilung enthielt
eine
Aneinanderreihung stichwortartiger Sätze, deren genauer
Kontext sich auch
einem mit dem Sachverhalt vertrauten Leser nicht ohne weiteres
erschließt,
weil einige Sätze nur als Antworten auf Fragen verstanden
werden können, die
ihrerseits nicht mitgeteilt werden. Noch vor Übersendung
dieser "Einführung"
war am 18. Verhandlungstag Karin V. , die Mutter der Zeugin Britta
V. , als Zeugin vernommen worden.
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2. Dieses Verfahren verstößt, wie die Revision zu
Recht rügt, gegen
§ 247 Satz 4 StPO, wonach der Vorsitzende den Angeklagten,
sobald dieser
nach seiner Entfernung aus dem Sitzungssaal wieder anwesend ist, vom
wesentlichen
Inhalt dessen zu unterrichten hat, was während seiner
Abwesenheit
ausgesagt oder sonst verhandelt worden ist. Eine solche Unterrichtung
hat vor
jeder weiteren Beweiserhebung in der Hauptverhandlung zu erfolgen. Sie
gehört
zu den wesentlichen Förmlichkeiten, die nach § 273
Abs. 1 StPO im
Hauptverhandlungsprotokoll zu beurkunden sind (vgl. BGHSt 1, 346, 350;
BGH
StV 1984, 102, 103; 1992, 359; vgl. auch Meyer-Goßner StPO
47. Aufl. § 247
Rdn. 17 und § 273 Rdn. 7). Auch wenn die während der
Entfernung des Angeklagten
durchgeführte Zeugenvernehmung noch nicht abgeschlossen,
sondern
nur unterbrochen war, muß der Angeklagte von dem in seiner
Abwesenheit
Ausgesagten unterrichtet werden, bevor in seiner Anwesenheit die
Beweisaufnahme
fortgesetzt wird (st. Rspr.; vgl. BGHSt 38, 260; BGH NStZ-RR 2000,
292; StV 2002, 353; vgl. auch Meyer-Goßner aaO § 247
Rdn. 15). Nur so ist
sichergestellt, daß der Informationsstand des Angeklagten im
Wesentlichen
dem der anderen Prozeßbeteiligten entspricht und er seine
Verteidigung, etwa
durch Fragen an weitere Zeugen, sachgerecht auszuüben vermag.
3. Der Senat kann nicht sicher ausschließen, daß
das Urteil, soweit es
die Straftaten zum Nachteil von Britta V. betrifft, auf diesem
Verfahrensfehler
beruht. Denn als Bestätigung der Angaben der insoweit einzigen
Belastungszeugin
Britta V. zu ihrer Bedrohungssituation und ihrer psychischen
Verfassung während der Zeit der Prostitutionsausübung
- und damit zu ihrem
Verhältnis zum Angeklagten - führen die
Urteilsgründe die Aussage der für
glaubwürdig erachteten Zeugin Karin V. an. Für eine
sachgerechte Befragung
dieser Zeugin, durch die er möglicherweise ein ihm
günstigeres Beweis-
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ergebnis hätte erreichen können, konnte es
für den Angeklagten wesentlich
sein zu wissen, was Britta V. in ihrer unterbrochenen Vernehmung
bekundet
hatte.
Ein Beruhen des Urteils auf dem Verfahrensverstoß
könnte nur ausschlossen
werden, wenn die Verhandlungsteile, welche die mit der
verspätet
mitgeteilten Aussage zusammenhängenden Tatvorwürfe
betrafen, wiederholt
worden wären (vgl. BGHSt 38, 260, 262; BGHR StPO §
247 S. 4 Unterrichtung
3; NStZ 1992, 346 f.). Eine erneute Vernehmung der Zeugin Karin V. ist
jedoch
ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls nicht erfolgt.
III.
Soweit die Verurteilung den schweren Menschenhandel zum Nachteil
der Nebenklägerin T. betrifft, kann sie keinen Bestand haben,
weil die
Beweiswürdigung widersprüchlich und
lückenhaft ist und daher durchgreifenden
rechtlichen Bedenken begegnet.
1. Nach den Feststellungen lernte der Angeklagte im Mai 2000 die
19jährige litauische Staatsangehörige Jurgita T. in
Magdeburg kennen,
die sich dort als Touristin seit ein paar Monaten aufhielt. Mit der
Behauptung,
sie zu lieben und heiraten zu wollen, überredete der
Angeklagte sie, in
dem von ihm in L. betriebenen Bordell als Barfrau zu arbeiten, wobei sie
über die Tätigkeit der dort beschäftigten
Prostituierten Buch zu führen und
dementsprechend den Prostituiertenlohn zu kassieren hatte [UA 7, 8].
Als sie
nach wenigen Tagen von einer festen Beziehung des Angeklagten zu einer
anderen Frau erfahren und ankündigt hatte, am
nächsten Tag abreisen zu wol-
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len, befahl er ihr zu bleiben und nunmehr als Prostituierte zu
arbeiten, wobei er
sie würgte und drohte, sie anderenfalls umzubringen;
außerdem sperrte er sie
in ihrer Wohnung ein.
Aus Angst vor weiteren Gewalttätigkeiten des Angeklagten
übte sie in
der Folgezeit die Prostitution aus, wobei sie überwiegend
für den Angeklagten
in dem Bordell in L. beziehungsweise in einer Wohnung in H.
tätig war,
aber auch einige Wochen für zwei andere Personen, an die sie
der Angeklagte
"ausgeliehen" hatte. Im Oktober 2000 fuhr sie auf Anweisung des
Angeklagten
mit Radomira Li. , die freiwillig im Bordell des Angeklagten als
Prostituierte
arbeitete, für etwa zwei Wochen in die Tschechische Republik
zu deren Familie
und kehrte mit ihr im November ins Bordell des Angeklagten
zurück.
2. Die Jugendkammer stützt diese Feststellungen im
Wesentlichen auf
die Angaben Jurgita T. s bei ihrer dritten polizeilichen Vernehmung,
die im Kernbereich gleichlautend mit den ersten beiden waren und die
die Zeugin
nach Vorhalt in der Hauptverhandlung bestätigte und
ergänzte (UA 13, 15).
An diesen Angaben hat die Jugendkammer keine Zweifel, zumal sich das
Verhalten
der Zeugin bei ihrer ersten Vernehmung in der Hauptverhandlung, bei
der sie zitterte und den Eindruck machte, daß sie kurz vor
einem Zusammenbruch
stand, als ihr Vorhalte und Nachfragen zu Widersprüchen in
früheren
Vernehmungen gemacht wurden (UA 12), mit einer schweren
posttraumatischen
Belastungsstörung erklären ließ und die
entsprechenden Krankheitssymptome
auch ausweislich eines daraufhin eingeholten psychiatrischen Gutachtens
nicht vorgetäuscht sein konnten (UA 15). Wegen dieser Symptome
und des persönlichen Eindrucks der Zeugin in der
Hauptverhandlung hält es
die Kammer auch für ausgeschlossen, daß die Zeugin
eine Zwangssituation
nur deshalb geschildert haben könnte, um sich für
eine tatsächlich freiwillige
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Tätigkeit als Prostituierte in ihrer Heimat und vor ihrer
Familie rechtfertigen zu
können (UA 15 f.).
Die Beweiswürdigung hält rechtlicher Prüfung
nicht stand, weil sie einen
unauflösbaren Widerspruch (vgl. BGH Beschluß vom 7.
Mai 2002 - 3 StR
89/02) aufweist, soweit das Landgericht diese Aussage Jurgita T. s
durch die Angaben der Zeuginnen P. und Li. als „nachhaltig
gestützt“ (UA 18) beziehungsweise als mit ihnen
„übereinstimmend“ (UA 19)
ansieht. Denn ausweislich der Urteilsgründe konnte die Zeugin
P. ,
die sich nur einen Tag im Bordell des Angeklagten aufgehalten hatte,
keine
Angaben zum Tatvorwurf machen. Die Zeugin Li. , die gemeinsam mit
Jurgita T. die Prostitution für den Angeklagten in L. und in H.
ausgeübt und mit ihr eine Auslandsreise unternommen hatte (UA
5, 9), bekundete
gar, daß Jurgita T. ihrer Meinung nach freiwillig der
Prostitution
nachgegangen sei und sich jederzeit frei habe bewegen können.
Daß dies die
Aussage der Zeugin T. im entscheidenden Punkt nicht
„nachhaltig
stützt“ sondern grundlegend in Frage stellt,
verliert seine Widersprüchlichkeit
nicht dadurch, daß die Jugendkammer der Zeugin Li. insoweit
nicht glauben
will, weil diese von der Lebensgefährtin sowie von einem
Freund des Angeklagten
angerufen und ihr vom Prozeß berichtet wurde (UA 18 f.).
Die Beweiswürdigung begegnet auch aus einem anderen Grund
durchgreifenden
Bedenken. Zwar ist der Tatrichter an einer Verurteilung eines zum
Tatvorwurf schweigenden Angeklagten nicht dadurch gehindert,
daß hinsichtlich
des Anklagevorwurfs "Aussage gegen Aussage" steht und außer
den Bekundungen
des einzigen Belastungszeugen keine weiteren belastenden Indizien
vorliegen. Er muß sich jedoch bewußt sein,
daß die Aussage dieses Zeugen
einer besonderen Glaubhaftigkeitsprüfung zu unterziehen ist,
zumal der Ange-
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klagte in solchen Fällen wenig
Verteidigungsmöglichkeiten durch eigene
Äußerungen
zur Sachlage besitzt. Eine lückenlose Gesamtwürdigung
der Indizien ist
dann von besonderer Bedeutung (BGHSt 44, 153, 158 f. m.w.N.; vgl. auch
BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung,
widersprüchliche 1; StV 2002, 470
m.w.N.).
Diesen Anforderungen werden die Ausführungen zur
Glaubhaftigkeit der
Aussagen Jurgita T. s nicht gerecht, auf denen allein der Schuldspruch
des schweren Menschenhandels zu ihrem Nachteil beruht. Die Darstellung
der für die Beweiswürdigung wesentlichen Tatsachen
ist in einzelnen
Punkten unvollständig und ermöglicht dem Senat keine
rechtliche Überprüfung.
Außerdem würdigt die Jugendkammer wesentliche,
für den Angeklagten sprechende
Indizien nicht oder unzureichend. Sie setzt sich schon nicht mit der
sich
hier aufdrängenden Frage auseinander, warum die Zeugin nach
ihrer Rückkehr
aus der Tschechischen Republik in das Bordell des Angeklagten
zurückkehrte.
Auch daß Jurgita T. ihre Aussagen gegenüber der
Polizei „zunächst
auf das Notwendige und Erforderliche, um aus der Situation gerettet zu
werden,
beschränken wollte“ (UA 15), erklärt nicht
ohne weiteres, warum sie bei
ansonsten „im Kernbereich (…)
gleichlautend(en)“ Angaben (UA 13) auch noch
bei der zweiten polizeilichen Vernehmung gerade den für die
Beurteilung der
Zwangssituation beachtlichen Umstand unerwähnt ließ,
daß sie im Spätsommer/
Herbst 2000 auch an anderen Orten und für andere Personen der
Prostitution
nachgegangen war (UA 12, 13). Dabei verhält sich das Urteil
insbesondere
nicht dazu, ob diese inhaltliche Ergänzung etwa erst auf
Vorhalt anderweitiger
polizeilicher Erkenntnisse erfolgt war. Einer entsprechenden Darlegung
der
Aussagegenese hätte es hier aber bedurft, weil gerade die
Ergänzungen - wie
auch der Umstand, daß sie bereits Wochen vor der
Bekanntschaft mit dem An-
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geklagten in dessen Bordellbetrieb in L. an einer Geburtstagsfeier
teilgenommen
hatte (UA 6, 12) - Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage
aufkommen
lassen könnten.
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IV.
Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen schweren Menschenhandels
erfaßt nicht nur die tateinheitlich damit ausgeurteilten
Delikte der Zuhälterei
und des Einschleusens von Ausländern hinsichtlich der Zeugin
T. ,
sondern auch die vom Landgericht rechtsfehlerhaft als hierzu in
Tatmehrheit
stehende Zuhälterei in Tateinheit mit Einschleusen von
Ausländern bezüglich
der Zeugin Li. (vgl. BGHR StPO § 353 Aufhebung 1). Angesichts
der zumindest
teilweisen Identität der Ausführungshandlungen bei
der Beschäftigung
beider Ausländerinnen als Prostituierte ist hier von
Tateinheit im Sinne des §
52 StGB auszugehen (vgl. BGHR StGB § 181 a Abs. 1 Nr. 2
Konkurrenzen 3;
BGH NJW 2000, 1732, 1736).
V.
Für die erneute Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes
hin:
1. Der neue Tatrichter wird zu bedenken haben, daß die
bisherigen
Feststellungen eine Verurteilung zwar wegen dirigistischer, nicht aber
wegen
ausbeuterischer Zuhälterei gemäß §
181 a Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 1 StGB getragen
hätten. Ausbeuten verlangt ein planmäßiges
und eigensüchtiges Ausnutzen
der Prostitutionsausübung als Erwerbsquelle, das zu einer
spürbaren Verschlechterung
der wirtschaftlichen Lage der Prostituierten führt (BGH NStZ
1989, 67). Dafür genügt nicht der Umstand,
daß die Frauen 50 Prozent ihrer
Einkünfte aus der Prostitution an den Angeklagten als Bar- und
Bordellbetreiber
abführen mussten und Jurgita T. für ihre
Unterbringung 50,- DM
Miete zu zahlen hatte, zumal, was die Jugendkammer nicht
berücksichtigt hat,
die Prostituierten andererseits am Getränkeumsatz des
Barbetriebes beteiligt
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wurden (UA 8). In derartigen Fällen setzt die Annahme
ausbeuterischer Zuhälterei
- anders als in den Fällen, in denen der Prostituierten nur 25
Prozent
verbleiben, weil sie ihre Einnahmen nicht nur mit einem
Bordellbetreiber, sondern
anschließend ein zweites Mal mit dem Zuhälter teilen
muß (vgl. BGH
NStZ 1999, 349, 350) - grundsätzlich Feststellungen zur
Höhe der Einnahmen
und Abgaben der Prostituierten voraus.
2. Eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 92 a AuslG
wäre dann fraglich,
wenn sich die erst in Deutschland vom Angeklagten zur Aufnahme der
Prostitution veranlaßten Zeuginnen Li. und T.
tatsächlich im
Besitz von Touristenvisa befunden hätten, wie dies das
Landgericht [UA 7, 21]
festgestellt hat (vgl. BGH NJW 2000, 1732, 1733 f.). Allerdings
vertragen sich
diese Feststellungen schwerlich damit, daß die beiden Frauen
als tschechische
beziehungsweise litauische Staatsangehörige im Jahre 2000
nicht visumspflichtig
waren (vgl. § 1 Abs. 1 DVAuslG i. V. m. Anlage I in der
Fassung von
18. Dezember 1990, BGBl. I 2983, geändert mit Verordnung vom
21. Mai 1999,
BGBl. I 1038, 1040). Nur wenn sie als sogenannte Positivstaatler kein
Visum
gehabt hätten, würde sich ihr illegaler Aufenthalt
aus der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit
- etwa durch Prostitution (vgl. BVerfG, Kammerbeschluß vom
22. März 2000 - 2 BvR 426/00; BGH NJW 1990, 2207; OLG
Karlsruhe NStZRR
1998, 61 f.) - direkt aus § 92 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs.
1 AuslG i. V. m. § 1
Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 12 DVAuslG ergeben (vgl. BayObLG NJW
2002, 1282 f.).
3. Sollte sich in der neuen Hauptverhandlung lediglich die
Gewaltanwendung
und -androhung zur Aufnahme der Prostitution nicht sicher feststellen
lassen, wird die nunmehr erkennende Strafkammer die prozessuale Tat zum
Nachteil der zur Tatzeit erst 19jährigen Zeugin T.
gegebenenfalls
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auch nach § 180 b Abs. 2 Nr. 2 StGB und unter dem Aspekt der
List im Sinne
des § 181 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu würdigen haben.
VI.
Der Senat verweist die Sache gemäß § 354
Abs. 2 Satz 1 2. Alt. StPO
an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück,
nachdem sich das
weitere Verfahren nur noch gegen den erwachsenen Angeklagten richtet
(vgl.
BGHSt 35, 267).
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanovi Ernemann |