BGH,
Beschl. v. 20.8.2008 - 5 StR 313/08
5 StR 313/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
20.8.2008
in der Strafsache
gegen
wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20.8.2008
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Görlitz vom 4.3.2008 wird gemäß §
349 Abs. 4 StPO
a) das Verfahren in den ersten neun Fällen des sexuellen
Missbrauchs von Kindern (jeweils Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren)
auf Kosten der Staatskasse, die auch die insoweit entstandenen
notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen hat, eingestellt,
b) das Urteil im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der
Angeklagte des sexuellen Missbrauchs von Kindern in 40 Fällen
schuldig ist, und im Ausspruch über die Gesamtstrafe
aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die weiteren Kosten des Rechtsmittels,
an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
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G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von
Kindern in 49 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs
Jahren verurteilt. Es hat ihn von 45 weiteren mit der
unverändert zugelassenen Anklage vorgeworfenen Fällen
des sexuellen Missbrauchs von Kindern freigesprochen. Die auf die
Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten
führt zur Teileinstellung des Verfahrens und zur Aufhebung des
Gesamtstrafausspruchs. Im Übrigen ist sein Rechtsmittel aus
den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Die ersten neun Taten sind nicht von der Anklage umfasst und durften
daher nicht Gegenstand der Verurteilung sein. Die Anklage benennt -
offensichtlich zur Vermeidung der Anwendung des Strafgesetzbuchs der
DDR und des Übergangsrechts (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 16.
Februar 2005 - 2 StR 492/04) - als Tatzeitraum die Zeit vom 8. Oktober
1990 bis 26. Juli 1992, ohne dabei maßgeblich auf den Beginn
der Tatserie abzustellen. Hingegen legen die Urteilsfeststellungen (UA
S. 4, 5) - auch unter Berücksichtigung der
Ausführungen auf UA S. 27 - der Verurteilung die an einem
Wochenendtag vor dem 27. Juli 1990 begangene Initialtat und eine daran
bis zum 26. Juli 1991 anschließende, für
höchstens drei Wochen unterbrochene Tatserie zugrunde,
während der der Angeklagte zu seiner Erregung sexuelle
Handlungen an seiner Tochter mindestens einmal pro Woche
ausführte; in insgesamt 33 der 49 Fälle vollzog der
Angeklagte nach der - für sich genommen nicht zu
beanstandenden Schätzung des Landgerichts - mit der
Geschädigten, von deren Glaubwürdigkeit sich die
Kammer auch aufgrund deren nachvollziehbarer zeitlicher Einordung des
Beginns der Tatserie (UA S. 22, 26: vor Erhalt des
Begrüßungsgeldes, vor Wegzug eines Klassenkameraden,
noch im gemeinsam mit dem Bruder bewohnten Kinderzimmer)
überzeugt hat, den Geschlechtsverkehr. Zugunsten des
Angeklagten ist davon auszugehen, dass zu den 33
Beischlafsfällen (§ 176 Abs. 1, Abs. 3
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Satz 2 Nr. 1 StGB a.F.) die neun im Zeitraum von Juli 1990 bis 8.
Oktober 1990 begangenen Missbrauchstaten gehören.
2. Infolge der Verfahrenseinstellung entfallen neun Einzelstrafen von
jeweils zwei Jahren Freiheitsstrafe. Dies zieht die Aufhebung des
Gesamtstrafausspruchs nach sich.
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3. Die im Zeitraum vom 8. Oktober 1990 bis zum 26. Juli 1991 begangenen
Taten sind - anders als die vor dem 3. Oktober 1990 liegenden
Fälle (vgl. dazu BGH aaO) - nicht verjährt
(§ 78b Abs. 1 Nr. 1, § 78 Abs. 3 Nr. 3 StGB). Der
Angeklagte ist am 28. Juni 2006 (Band II Blatt 149 der Hauptakten)
erstmals verantwortlich vernommen worden (§ 78c Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 StGB). Seine Tochter wurde am 27. Juli 1978 geboren.
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Dass das Tatgericht, dessen Urteil im Gegensatz zur Qualität
der inhaltlichen Beweiswürdigung ungewöhnlich
nachlässig in Bezug auf Daten und Zahlen gefasst ist,
ersichtlich versehentlich nur eine Tatserie bis zum 13. Geburtstag der
Nebenklägerin ausgeurteilt und den Angeklagten infolgedessen
von einer Vielzahl weiterer Fälle freigesprochen hat, ist
unangefochten geblieben, beschwert den Angeklagten nicht und ist
infolge Rechtskraft nicht korrigierbar. Der Senat versteht die Wendung
auf UA S. 27 nicht dahin, dass das Landgericht den zeitlichen Angaben
der Nebenklägerin in unerklärtem Widerspruch zur
Beweiswürdigung nachhaltig misstraut hätte, was zur
umfassenden Aufhebung des Urteils hätte führen
müssen.
4. Das neue Tatgericht hat nach alledem aus den verbleibenden
rechtskräftigen 40 Einzelstrafen (zugunsten des Angeklagten 24
Einzelfreiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren und, wie ausgeurteilt,
16 Einzelfreiheitsstrafen von jeweils einem Jahr) eine
Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden. Dabei dürfte namentlich
angesichts des bisher nach der letzten ausgeurteilten Tat verstrichenen
Zeitraums und des engen zeitlichen, sachlichen und situativen
Zusammenhangs der Tatserie eine im Vergleich zum angefochtenen Urteil
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straffere Zusammenziehung nahe liegen (vgl. dazu BGHR StGB §
54 Serienstraftaten 1, 3, 4, 5; Strafhöhe 1; § 54
Abs. 1 Bemessung 12). Etwa zu treffende neue Feststellungen
dürfen nur zugrunde gelegt werden, wenn sie den nunmehr
bestandskräftigen nicht widersprechen.
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