BGH,
Beschl. v. 20.2.2008 - 2 StR 37/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 37/08
vom
20.2.2008
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 20.2.2008
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Meiningen vom 8. Oktober 2007 aufgehoben, soweit die Unterbringung des
Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nicht angeordnet worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Die auf die Sachrüge gestützte Revision des
Angeklagten, von der die Nichtanordnung einer Maßregel nicht
ausgenommen ist, ist unbegründet im Sinne von § 349
Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen den Schuld- und Strafausspruch
richtet. Die Nichtanordnung einer Maßregel
gemäß § 64 StGB hält hingegen
rechtlicher Überprüfung nicht stand.
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Nach den fehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts
konsumierte der Angeklagte "in den letzten drei Jahren nahezu
täglich" Speed, Ecstasy, Kokain und Cannabis. Die
Betäubungsmittel finanzierte er im Wesentlichen
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durch Straftaten, zumeist Einbruchsdiebstähle (UA S. 3); wegen
Betäubungsmittelkonsums wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen.
Die Einbruchsdiebstähle, die Gegenstand der Verurteilung sind,
beging der Angeklagte ausnahmslos in der Absicht, mit der Tatbeute oder
deren Erlös Betäubungsmittel zu erwerben. Dasselbe
gilt für die Taten, die Gegenstand der Vorverurteilung waren,
deren Einzelstrafen das Landgericht in die nachträglich
gebildete Gesamtstrafe einbezogen hat. Schließlich hat das
Landgericht festgestellt, der Angeklagte habe eine "Lebensbeichte"
abgelegt, beabsichtige, mit seinem bisherigen Leben
abzuschließen und "ein neues Leben ohne Straftaten und
Betäubungsmittel zu beginnen" (UA S. 3).
Unter diesen Umständen musste sich aufdrängen, die
Anordnung einer Maßregel gemäß §
64 StGB zu prüfen; diese ist in den Urteilsgründen
jedoch nicht erwähnt. Der Annahme eines Hangs im Sinne von
§ 64 Satz 1 StGB, die hier nahe liegt, würde nicht
entgegenstehen, dass bei den Anlasstaten die Voraussetzungen des
§ 21 StGB jeweils nicht festgestellt sind (vgl. Fischer StGB
55. Aufl. § 64 Rdn. 7 ff. m.w.N.). Auch dass es sich bei den
abgeurteilten Straftaten durchweg um Symptomtaten handelte, liegt hier
nahe. Schließlich drängte sich angesichts der
festgestellten Motivationslage des Angeklagten auch die Annahme einer
konkreten Erfolgsaussicht im Sinne von § 64 Satz 2 StGB n.F.
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auf. Unter diesen Umständen war die
Maßregelanordnung vom Tatrichter zwingend zu prüfen.
Das Fehlen einer Erörterung in den Urteilsgründen
führt insoweit zur Aufhebung des Urteils und
Zurückverweisung der Sache.
Rissing-van Saan Rothfuß Fischer
Appl Schmitt |