BGH,
Beschl. v. 20.1.2006 - 2 StR 566/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 566/05
vom 20.1.2006
in der Strafsache
gegen
wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 20.01.2006 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des
Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 4. August 2005
mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, a) soweit der
Angeklagte wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen (Fall II.2. der
Urteilsgründe) verurteilt ist b) im Ausspruch über
die Gesamtfreiheitsstrafe c) im Ausspruch über die Anordnung
der Unterbringung nach § 64 StGB. 2. Im Umfang der Aufhebung
wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende
Revision wird verworfen. Gründe: Das Landgericht hat den
Angeklagten der Unterschlagung, des siebenfachen Computerbetrugs und
der Misshandlung von Schutzbefohlenen für schuldig befunden
und ihn unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einer anderen
Verurteilung und eines Strafbefehls und unter Auflösung der
insoweit gebildeten 1
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Gesamtstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren
verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
angeordnet. Dagegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der
Sachrüge. Das Rechtsmittel ist begründet, soweit es
sich gegen die Verurteilung des Angeklagten wegen Misshandlung von
Schutzbefohlenen und die Anordnung der Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt wendet, im Übrigen ist es
unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. 2 Nach
den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte, der sich mit
dem knapp einjährigen Kind seiner Lebensgefährtin
allein in der Küche befand und es beaufsichtigen sollte, dem
Kind absichtlich eine heiße Flüssigkeit, vermutlich
eine Tasse Kaffee, in das Gesicht gegossen und es erheblich verletzt.
Das Landgericht hat zwar ein Motiv des Angeklagten für eine
solche Handlung nicht erkennen können, ein anderer
Geschehensablauf als der festgestellte sei aber ausgeschlossen. Eine
dem Angeklagten anzulastende fahrlässige Handlung, die zur
Verletzung des Kindes geführt habe, habe dieser - der in den
verschiedenen Verfahrensstadien drei vom Landgericht als widerlegt
angesehene Versionen angegeben hat, nach denen sich das Kind selbst die
Flüssigkeit ins Gesicht geschüttet habe - nicht
vorgebracht und sei auch nicht ersichtlich. 3 Dies hält
rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Annahme einer
vorsätzlichen Misshandlung des Kindes beruht auf einer nicht
erschöpfenden Beweiswürdigung. Das Landgericht hat
nicht bedacht, dass der Angeklagte mit seinen Sachverhaltsdarstellungen
bestrebt gewesen sein kann, jeden Verschuldensvorwurf, auch den einer
Sorgfaltspflichtverletzung, von sich zu weisen. Mit dieser
Möglichkeit hätte sich das Landgericht
auseinandersetzen und auch hier 4
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nicht fern liegende fahrlässige Tatvarianten in Betracht
ziehen müssen, zumal der Angeklagte sonst nicht durch
Gewalttätigkeiten aufgefallen war. Soweit das Landgericht
ausgeführt hat, einen Monat später seien "weitere
Verletzungen am Körper des Kindes festgestellt worden, die
einen Rückschluss auf etwaige Brandwunden zuließen",
ist nicht ersichtlich, ob das Landgericht damit auf weitere dem
Angeklagten anzulastende Verletzungen des Kindes verweisen wollte.
Jedenfalls fehlt es insoweit an jeglichen tatsächlichen
Feststellungen, denen etwa eine Indizwirkung für den
vorliegenden Fall zukommen könnte. Auch die Anordnung der
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hat keinen Bestand. 5
Abgesehen davon, dass der erforderliche symptomatische Zusammenhang
zwischen der Drogenabhängigkeit des Angeklagten und den
abgeurteilten Taten nicht ausreichend belegt ist, hat das Landgericht
nicht beachtet, dass bereits durch Urteil des Amtsgerichts Koblenz vom
21. Mai 2004 die - zum Zeitpunkt seiner Entscheidung noch nicht
erledigte - Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
angeordnet worden ist. Da die nunmehr abgeurteilten Taten vor dieser
Verurteilung begangen worden sind, war nach den
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Grundsätzen der nachträglichen Gesamtstrafenbildung
(§ 55 StGB) in der neuen Entscheidung lediglich die
frühere Anordnung der Maßregel aufrechtzuerhalten,
nicht aber eine (weitere) neue Maßregel anzuordnen (BGHSt 30,
305; BGHR StGB § 64 Anordnung 4). Rissing-van Saan RiBGH Dr.
Bode ist Otten erkrankt und an der Unterschrift gehindert.
Rissing-van Saan Roggenbuck Appl |