BGH,
Beschl. v. 20.6.2007 - 1 StR 251/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
1 StR 251/07
vom
20.06.2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u. a.
- 2 -
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20.06.2007
gemäß §§ 349 Abs. 2 und 4, 354
Abs. 1, 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten Dr. B. und D. V. wird das Urteil
des Landgerichts Konstanz vom 30. November 2006 - auch soweit es den
Mitangeklagten Da. B. betrifft - im Ausspruch über die
Einziehung von bei den Angeklagten sichergestellten
Gegenständen dahin ergänzt und neu gefasst, dass
145,06 g Kokain, 4.603 g Streckmittel, die bei dem Angeklagten Dr. B.
sichergestellten Mobiltelefone der Marken Samsung SGH-E 810, Nokia
2600, Motorola und Sagem, die bei dem Angeklagten D. V.
sichergestellten Mobiltelefone der Marken Motorola E 1000, Panasonic
EBGD 87, Nokia 7650 und Sony, die bei dem Angeklagten Da. B.
sichergestellten Mobiltelefone der Marken Nokia 3100, Samsung SGH-X 48,
Samsung E 700 IMEI, Nokia 8310, Motorola, Siemens C 60, Samsung SGH-A
800 sowie die bei dem Angeklagten Dr. B. sichergestellte Handgranate,
Typ M75, eingezogen werden.
2. Im Übrigen werden die Revisionen der Angeklagten Dr. B. und
D. V. verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
zu tragen.
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Gründe:
1
Das Landgericht hat den Angeklagten Dr. B. wegen unerlaubten
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
in vier Fällen, davon in einem Fall
bandenmäßig, sowie wegen Verstoßes gegen
das Kriegswaffenkontrollgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von
sieben Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten D. V. wegen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge in elf Fällen, davon in zwei Fällen
bandenmäßig, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht
Jahren sowie den nicht revidierenden Angeklagten Da. B. wegen
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge in vier Fällen unter Einbeziehung einer
Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren
verurteilt. Des Weiteren hat es den Verfall von Wertersatz sowie die
Einziehung der „sichergestellten Betäubungsmittel
und Streckmittel“, der „sichergestellten
Mobiltelefone der Angeklagten “sowie der sichergestellten
Handgranate“ angeordnet.
Der Angeklagte V. erhebt eine Verfahrensrüge. Zudem wenden
sich beide Angeklagte mit der Sachrüge gegen das Urteil. Die
Rechtsmittel haben im Wesentlichen keinen Erfolg.
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I. Der Angeklagte V. macht in den Fällen II. 5 (Fall 3, 5.
Unterfall der Anklageschrift vom 11. April 2006) und II. 7 (Fall 4, 2.
Unterfall der Anklage) der Urteilsgründe ein
Beweisverwertungsverbot geltend. Das Landgericht habe Erkenntnisse im
Zusammenhang mit dem unzulässigen Einsatz eines
„vermeintlich Verdeckten Ermittlers“ zu seinen
Lasten verwertet.
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Die Rüge bleibt erfolglos. Nach den Urteilsgründen
hat das Landgericht seine Überzeugung von der
Täterschaft des Angeklagten V. in diesen beiden
Fällen - ebenso wie in den anderen, in denen der Angeklagte V.
verurteilt wurde - nicht auf Erkenntnisse des von den deutschen
Behörden eingesetzten, verdeckt ermittelnden Beamten eines
ausländischen Polizeidienstes gestützt. Vielmehr hat
es seine Überzeugungsbildung in beiden Fällen in
erster Linie auf die Angaben des Zeugen Vu. sowie im Fall II. 7
zusätzlich auf die des observierenden Zeugen L.
gestützt (UA S. 49 f. und S. 54 ff.). Soweit in die
Beweiswürdigung im Fall II. 7 des Urteils SMS und
Wortprotokolle von Telefonüberwachungsmaßnahmen
eingeführt wurden, handelt es sich ausschließlich um
solche, an denen der von den deutschen Behörden eingesetzte
ausländische „Verdeckte Ermittler“ nicht
beteiligt war. Die Taten, an denen der in Deutschland eingesetzte
ausländische Polizeibeamte beteiligt war und die Gegenstand
der Hauptverhandlung waren, betrafen Fälle 5, 3. Unterfall und
7, 1. und 2. Unterfall der Anklageschrift vom 11. April 2006, mithin
die Fälle II. 12, 14 und 15 der Urteilsgründe, in
denen der Anklagte V. nicht verurteilt wurde. Den in der
Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnissen im Zusammenhang mit dem von
den deutschen Behörden eingesetzten ausländischen
Polizeibeamten kam somit für die Verurteilung des Angeklagten
V. - anders als für die des nicht revidierenden Da. B. - keine
Bedeutung zu.
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Unabhängig davon hätte kein Beweisverwertungsverbot
vorgelegen. Es beschwert den Angeklagten nicht, dass die
Staatsanwaltschaft beim Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Konstanz
die Zustimmung zum Einsatz von bis zu drei Verdeckten Ermittlern, unter
denen auch bis zu zwei ausländische Polizeibeamte sein
durften, eingeholt hat. Ohne Rechtsfehler hat es das Landgericht in
seinem Beschluss vom 15. Oktober 2006 dahingestellt sein lassen, ob ein
ausländischer Polizeibeamter überhaupt als Verdeckter
Ermittler nach § 110a StPO eingesetzt werden konnte. Verdeckte
Ermittler sind gemäß § 110a
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Abs. 2 StPO nur Beamte im Sinne der §§ 2, 35 ff. BRRG
(vgl. Schäfer in Löwe/ Rosenberg, StPO 25. Aufl.
§ 110a Rdn. 12; Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl.
§ 110a Rdn. 3). Dies verlangen nicht nur die besondere
Ermittlungstätigkeit und die damit einhergehende
Gefährdung, sondern auch die erforderliche straffe
Führung sowie die wirksame, auch disziplinarrechtliche
Dienstaufsicht über den Verdeckten Ermittler (vgl. BTDrucks.
12/989 S. 42). Solange es keine gesetzliche Regelung gibt, die
Polizeibeamte einer ausländischen Behörde
ausdrücklich Beamten im Sinne der §§ 2, 35
ff. BRRG gleichstellt, richtet sich deren verdeckter Einsatz nicht nach
den Vorschriften der §§ 110a ff. StPO (vgl. Nack in
KK 5. Aufl. § 110a Rdn. 5). Die hier erteilte richterliche
Zustimmung zum Einsatz als „Verdeckter Ermittler“
war somit nicht erforderlich. Verdeckt ermittelnde Beamte des
ausländischen Polizeidienstes sind deshalb zu behandeln wie
von der Polizei eingesetzte Vertrauenspersonen. Wurde für
ihren Einsatz dennoch eine richterliche Zustimmung - wie vorliegend -
eingeholt, so kann die Verwertbarkeit der Angaben der Vertrauensperson
oder sonstiger daraus resultierender Beweismittel nicht durch einen
möglichen Fehler des Zustimmungsbeschlusses des
Ermittlungsrichters beeinträchtigt sein.
II. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der
Sachrüge der beiden Angeklagten hat weder im Schuldspruch noch
im Strafausspruch einen die Angeklagten belastenden Rechtsfehler
ergeben.
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III. Der Senat vermag dem Antrag des Generalbundesanwalts nicht zu
folgen, im Wege der Berichtigung des Tenors einen höheren
Verfall von Wertersatz anzuordnen, weil sich aus den
Urteilsgründen möglicherweise ein Rechenfehler
ergibt. Es muss bei der aus dem Urteilstenor ersichtlichen und
verkündeten Höhe verbleiben (vgl. BGH, Beschl. vom
17. Dezember 1999 - 1 StR 630/99).
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IV. Über die Einziehung der im Tenor des angefochtenen Urteils
nicht ausreichend bezeichneten Gegenstände hatte der Senat -
wie im Einzelnen aus dem Tenor ersichtlich - neu zu entscheiden. Sind
Gegenstände einzuziehen, ist es grundsätzlich
tunlich, die Gegenstände in der Urteilsformel oder, sofern es
sich um eine Vielzahl von Gegenständen handelt, jedenfalls in
einer Anlage hierzu (vgl. BGHSt 9, 88, 90) so konkret zu bezeichnen,
dass für die Beteiligten und die
Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der
Einziehung geschaffen ist. Bei der Einziehung von
Betäubungsmitteln gehört dazu auch die Angabe von Art
und Menge des einzuziehenden Rauschgifts, die sich aus dem Urteilstenor
ergeben muss. Diesen Anforderungen wird die Kennzeichnung der
einzuziehenden Gegenstände in der Urteilsformel nicht
vollständig gerecht. Dem Antrag des Generalbundesanwalts, das
Urteil deshalb im Ausspruch über die Einziehung aufzuheben,
brauchte der Senat jedoch nicht zu folgen. Der Senat kann
gemäß § 354 Abs. 1 StPO die Entscheidung
selbst treffen, wenn die Urteilsgründe die erforderlichen
Angaben enthalten (vgl. BGHSt 26, 258, 266; BGH, Beschl. vom 5.
Dezember 1991 - 1 StR 719/91; BGH, Beschl. vom 13. Februar 2004 - 3 StR
501/03; BGH, Beschl. vom 28. November 2006 - 4 StR 404/06; BGH, Beschl.
vom 25. April 2007 - 2 StR 86/07). Soweit die Einziehung der
„sichergestellten Betäubungsmittel“
angeordnet worden ist, die das Landgericht zutreffend auf § 33
Abs. 2 BtMG gestützt hat, enthalten die Urteilsgründe
die bei Betäubungsmitteln erforderlichen Angaben über
deren Art und Menge, so dass der Senat die konkrete Bezeichnung der
einzuziehenden Gegenstände insoweit nachholen kann. Gleiches
gilt für die nach den insoweit getroffenen Feststellungen
ebenfalls rechtlich nicht zu beanstandende Einziehung der bei dem
Angeklagten Dr. B. sichergestellten Handgranate
gemäß § 24 Abs. 1
Kriegswaffenkontrollgesetz.
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Auch in Bezug auf die Anordnung der Einziehung der "sichergestellten
Streckmittel und der zu den Taten benutzten sichergestellten
Mobiltelefone der Angeklagten“ enthalten die
Urteilsgründe unter Berücksichtigung der
Verzeichnisse der Beweisstücke noch die erforderlichen
Angaben, damit der Senat selbst Klarheit über den Umfang der
Einziehung schaffen kann. Hinsichtlich der Streckmittel konnte die
Einziehung unabhängig von der Eigentümerstellung
erfolgen, da die konkrete Gefahr besteht, dass sie der Begehung
rechtswidriger Taten dienen werden, § 74 Abs. 1 und 2 Nr. 2
StGB.
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Die Einziehungsentscheidung war gemäß § 357
StPO auch auf den nicht revidierenden Angeklagten Da. B. zu erstrecken.
10
Nack Wahl Boetticher
Kolz Graf |