BGH,
Beschl. v. 20.3.2001 - 4 StR 533/00
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 533/00
vom
20. März 2001
in der Strafsache gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 20.
März 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4
StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Dortmund vom 23. August 2000
1. aufgehoben und das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in
den Fällen II 1 bis 3 der Urteilsgründe (Taten bis
Oktober 1991) verurteilt worden ist; insoweit werden die Kosten des
Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen
der Staatskasse auferlegt;
2. im Schuldspruch dahin abgeändert, daß der
Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht
Fällen und des unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in fünf Fällen schuldig
ist.
II. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
III. Der Beschwerdeführer hat die übrigen Kosten des
Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten - unter Freisprechung im
übrigen - wegen unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei
Monaten verurteilt. Mit seiner Revision gegen dieses Urteil
rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen
Rechts. Das Rechtsmittel führt zur teilweisen Einstellung des
Verfahrens und zur Änderung des Schuldspruchs; im
übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen lieferte der Angeklagte an Abnehmer in
Österreich im August 1991 3 kg, bis "November 1991" dreimal 3
kg, im Mai 1992 3 kg, von August 1992 bis Dezember 1992 viermal 10 kg
und ab Mitte April 1993 siebenmal 10 kg Haschisch mit einem
Wirkstoffgehalt von mindestens 3 %.
2. Das Landgericht hat die 16 Taten jeweils als unerlaubtes
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
gemäß § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG
gewürdigt. Diese rechtliche Wertung trifft jedoch nur
für die ab dem 22. September 1992 begangenen Taten zu; denn
§ 29 a BtMG ist erst an diesem Tag in Kraft getreten (BGBl
1992 I 1302, 1305, 1312). Die vor dem 22. September 1992 begangenen
Taten erfüllen den Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3
Satz 1, Satz 2 Nr. 4 BtMG a.F. (vgl. BGH StV 1993, 364).
3. Da die Strafverfolgungsverjährung für unerlaubtes
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gemäß
§ 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 BtMG a.F.
fünf Jahre beträgt (§ 78 Abs. 3 Nr. 4, Abs.
4 StGB) und die Verjährung erst durch den Haftbefehl des
Amtsgerichts Dortmund vom 17. Oktober 1996 (Bd. II Bl. 97 d.A.)
unterbrochen wurde (§ 78 c Abs. 1 Nr. 5 StGB), ist
hinsichtlich der bis zum 17. Oktober 1991 begangenen Taten
Strafverfolgungsverjährung eingetreten. Dies ist von Amts
wegen zu beachten; insoweit muß das Urteil aufgehoben und das
Verfahren eingestellt werden (vgl. BGH, Beschluß vom 21.
Januar 1999 - 4 StR 582/98).
4. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab, wobei er
zu Gunsten des Angeklagten davon ausgeht, daß von den drei
Taten "bis November 1991" nur eine - nicht verjährte - im
November 1991 und von den vier von August bis Dezember 1992 begangenen
Taten nur eine nach dem 22. September 1992 (strafbar nach § 29
a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) begangen wurde. § 265 StPO steht der
Schuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der Angeklagte
gegen den Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz
1, Satz 2 Nr. 4 BtMG nicht wirksamer als bisher hätte
verteidigen können.
5. Soweit das Verfahren eingestellt ist, entfallen die dafür
festgesetzten Einzelstrafen; im übrigen kann der
Strafausspruch trotz der Teileinstellung und der
Schuldspruchänderung bestehen bleiben: Angesichts der
Strafzumessungsgründe, in denen die Strafkammer minder schwere
Fälle des § 29 a Abs. 2 BtMG rechtsfehlerfrei
verneint und damit zugleich zum Ausdruck gebracht hat, daß
besonders schwere Fälle im Sinne des § 29 Abs. 3 Satz
1, Satz 2 Nr. 4 BtMG a.F. - mit demselben Strafrahmen wie § 29
a Abs. 1 BtMG - vorliegen, hält der Senat es für
ausgeschlossen, daß der Fehler bei dem anzuwendenden Recht
die Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten beeinflußt
hat (vgl. BGH, Beschluß vom 30. März 1993 - 1 StR
112/93). Im Hinblick auf die - nach der Teileinstellung - verbleibenden
Einzelstrafen (11 mal 1 Jahr 6 Monate und zweimal 1 Jahr
Freiheitsstrafe) schließt der Senat auch aus, daß
die außerordentlich milde Gesamtstrafe von drei Jahren und
drei Monaten Freiheitsstrafe ohne die in den eingestellten
Fällen verhängten Einzelstrafen (dreimal 1 Jahr
Freiheitsstrafe) noch geringer ausgefallen wäre.
Meyer-Goßner Maatz Kuckein
Athing Ernemann |