BGH,
Beschl. v. 20.10.2009 - 3 StR 386/09
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 386/09
vom
20. Oktober 2009
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 1. a) und
2. auf dessen Antrag - am 20. Oktober 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Kiel vom 18. Mai 2009 aufgehoben
a) im Strafausspruch; die zugehörigen Feststellungen bleiben
aufrechterhalten,
b) mit den zugehörigen Feststellungen, soweit das Landgericht
von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt abgesehen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen; jedoch wird der
Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des besonders
schweren Raubes schuldig ist.
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Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlichen schweren
Raubes" zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Von der
Anordnung seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hat es
abgesehen. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten
rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das
Verfahren. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der
Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
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1. Der Strafausspruch hält revisionsrechtlicher
Überprüfung nicht stand. Der Generalbundesanwalt hat
in seiner Zuschrift ausgeführt:
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"Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte am 13. Dezember
2007 - somit nach Begehung der verfahrensgegenständlichen Tat
- durch das Amtsgericht Kiel wegen Diebstahls,
Beförderungserschleichung und Unterschlagung zu einer
Geldstrafe verurteilt wurde (UA S. 5). Die Strafhöhe und den
Vollstreckungsstand teilen die Urteilsgründe nicht mit.
Soweit die Strafe noch nicht vollstreckt war, kam daher
grundsätzlich eine Gesamtstrafenbildung oder eine Entscheidung
nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB in Betracht. Sollte die Strafe
vollstreckt sein, wäre vom Tatrichter die Frage eines etwaigen
Härteausgleichs zu erörtern gewesen, insbesondere
wenn die Geldstrafe als Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt wurde (Senat,
Urteil vom 02.05.1990 - 3 StR 59/89 = NStZ 1990, 436; BGH Beschluss vom
22.11.2006 - 2 StR 433/06). Die Kammer hat eine entsprechende
Prüfung unterlassen, so dass nicht ausgeschlossen werden kann,
dass bei Vornahme eines Härteausgleichs eine niedrigere Strafe
verhängt worden wäre. Mangels entsprechender
Tatsachengrundlage kann der Senat keine eigene Entscheidung nach
§ 354 Abs. 1 a StPO treffen. Da die Feststellungen von dem
Rechtsfehler nicht betroffen sind, können sie bestehen
bleiben."
Dem schließt sich der Senat an.
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2. Das Urteil hat auch keinen Bestand, soweit das Landgericht von der
Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
(§ 64 StGB) abgesehen hat.
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Es hat festgestellt, dass der Angeklagte insbesondere harte Drogen
nicht durchgängig konsumierte und ab 2003 mehrere Jahre
heroinabstinent war. Den Haschischkonsum stellte er einige Wochen vor
seiner Inhaftierung am 11. Oktober 2008 völlig ein, ebenso
hatte er erfolgreich damit begonnen, die konsumierten Heroinmengen
unter Zuhilfenahme von Subutex herabzudosieren. Hieraus hat das
Landgericht geschlossen, dass der Angeklagte keinen Hang im Sinne von
§ 64 Satz 1 StGB habe, berauschende Mittel im
Übermaß zu sich zu nehmen, vielmehr diene sein
Drogenkonsum lediglich der Kompensation auftretender "privater
Rückschläge".
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Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn das
Landgericht hat auch festgestellt, dass der weitgehend mittellose
Angeklagte am Morgen des Tattages vier Diazepam-Tabletten einnahm, um
von ihm befürchteten Entzugserscheinungen vorzubeugen. Er
verließ dann seine Wohnung, weil er Personen treffen wollte,
von denen er sich entweder Geld oder Drogen zu "leihen" hoffte.
Während er und sein späterer Mittäter darauf
warteten, dass an dem ihnen bekannten Drogenumschlagsplatz die ersten
Dealer eintrafen, fassten beide den Entschluss, sich Geld durch einen
Überfall zu beschaffen. Mit diesen Umständen hat sich
das Landgericht bei seiner Prüfung rechtsfehlerhaft nicht
auseinandergesetzt. Erforderlich wäre dies deshalb gewesen,
weil eine körperliche Entzugssymptomatik zwar nicht
Voraussetzung eines Hangs im Sinne von § 64 Satz 1 StGB ist,
hierfür aber eine erhebliche Indizwirkung hat;
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Intervalle der Abstinenz stehen dem nicht zwingend entgegen (Fischer,
StGB 56. Aufl. § 64 Rdn. 9).
Über die Anordnung der Maßregel muss deshalb neu
verhandelt und entschieden werden; unter Hinzuziehung eines
Sachverständigen (§ 246 a StPO) werden hierzu
insgesamt neue Feststellungen zu treffen sein. Dass nur der Angeklagte
Revision eingelegt hat, stünde der Anordnung der
Maßregel nicht entgegen (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO).
Er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Landgericht
nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362
f.).
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3. Das weitergehende Rechtsmittel bleibt aus den Gründen der
Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg.
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4. Der Senat hat den Schuldspruch zur Klarstellung neu gefasst, weil
die von § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche
Bezeichnung der Straftat eine Kennzeichnung der Qualifikation erfordert
(BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4). Wegen der
Verwirklichung des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB durch die
Verwendung des Messers ist deshalb auf "besonders schwerer
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Raub" zu erkennen. Die Angabe mittäterschaftlicher Begehung
("gemeinschaftlich") ist bei der Fassung der Urteilsformel dagegen
entbehrlich und hat aus Gründen der Übersichtlichkeit
zu unterbleiben (Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 260
Rdn. 24).
Becker Pfister von Lienen
Hubert Mayer |