BGH,
Beschl. v. 21.12.2005 - 2 StR 452/05
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 452/05
vom 21.12.2005
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 21.12.2005
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Kassel vom 22. April 2005 mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Frage der
Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben
ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die
weitergehende Revision wird verworfen. Gründe: Das Landgericht
hat den Angeklagten wegen Mordes, wegen gemeinschaftlichen versuchten
Wohnungseinbruchsdiebstahls in zwei Fällen und wegen
gemeinschaftlicher Unterschlagung zu einer lebenslangen
Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt, im Übrigen hat es den
Angeklagten freigesprochen. Gegen dieses Urteil wendet sich der
Angeklagte mit seiner Revision und rügt die Verletzung
formellen und materiellen Rechts. 1
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Das Rechtsmittel hat Erfolg, soweit eine Entscheidung zur Frage der
Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§
64 StGB) unterblieben ist. Im Übrigen ist die Revision
unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Insoweit
kann auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 12. Oktober
2005 verwiesen werden. 2 1. Das Landgericht hat u. a. festgestellt: 3
Der 28-jährige Angeklagte begann im Alter von 14 Jahren,
regelmäßig größere Mengen
Alkohol, vor allem Bier, Wodka und Schnaps zu konsumieren und hatte
alsbald den ersten Vollrausch mit "Filmriss". Im Alter von 15 Jahren
begann er zudem Heroin zu konsumieren, das er zunächst
rauchte, später dann intravenös spritzte. Dabei
konsumierte er täglich maximale Mengen von zwei bis drei Gramm
Heroin. Im Zusammenhang mit seinem zunehmenden Alkohol- und
Drogenkonsum brach er eine Ausbildung zum Maler und Lackierer nach
sechs Monaten ab, so dass er keine Berufsausbildung abgeschlossen hat.
Der tägliche Konsum von Alkohol und Drogen setzte sich
während seiner Ehe fort. Als seine Ehefrau mit Methadon
substituiert wurde, stellte der Angeklagte den Konsum von illegalen
Drogen ein und trank lediglich regelmäßig Alkohol.
Der Alkoholkonsum steigerte sich nach der Trennung von der Ehefrau.
Nach seiner Entlassung aus der Strafhaft Ende November 2003 trank er
wiederum vermehrt Alkohol und nahm Oxazepam-Tabletten ein.
Anlässlich seiner Inhaftierung in dieser Sache wurde der
Angeklagte im Zentralkrankenhaus der Justizvollzugsanstalt
stationär behandelt. Dabei wurden u. a. ein
Alkoholentzugssyndrom bei bekanntem Alkoholabusus, ein toxischer
Leberschaden, eine Polytoxikomanie und eine Hepatitis-C-Erkrankung
diagnostiziert. 4 Die der Verurteilung zugrunde liegenden Straftaten
beging der Angeklagte in der Nacht vom 18. auf den 19. April 2004.
Gemeinsam mit seinen Mittätern 5
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brach er zweimal erfolglos in eine Wohnung ein, um Alkohol oder Geld
dafür zu finden. Als man ein drittes Mal eindringen wollte,
war der Wohnungsinhaber erwacht, stellte sich den Tätern an
der Tür entgegen und wurde vom Angeklagten erwürgt,
um ihn als Zeugen der vorangegangenen Straftaten zu beseitigen. Geraume
Zeit nach der Tötung fand der Angeklagte eine
Geldbörse mit etwa 10 € in der Wohnung des Opfers,
die er einem der Mittäter aushändigte, der
dafür Bier und zwei Flaschen Cola holte, welche man mit Wodka
gemischt trank. Eine erhebliche Verminderung der
Steuerungsfähigkeit hat das sachverständig beratene
Landgericht für alle vier Taten im Ergebnis rechtsfehlerfrei
verneint, weil sich im Verhalten des Angeklagten, dessen
Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit weder anhand der Blutprobe noch
seiner ungenauen Trinkmengenangaben errechnet werden konnte, keine
Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit durch
Alkohol oder Medikamente gezeigt habe. Im Rahmen der Strafzumessung hat
das Landgericht zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt,
dass er infolge des vorangegangenen Alkohol- und Medikamentenkonsums
enthemmt war. 6 2. Nach diesen Urteilsfeststellungen drängte
sich dem Tatrichter eine Prüfung der Voraussetzungen
für eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach
§ 64 StGB auf (vgl. u. a. BGH NStZ 2005, 210; BGHR StGB
§ 64 Abs. 1 Rausch 1; BGH NStZ-RR 2001, 12). Die
Feststellungen legen nahe, dass der Angeklagte einen Hang zum
übermäßigen Alkohol- und Medikamentenkonsum
hat und dass jedenfalls die versuchten Einbruchsdiebstähle und
die Unterschlagung auf diesen Hang zurückgehen. Das
Landgericht hätte daher prüfen und entscheiden
müssen, ob bei dem Angeklagten die Gefahr besteht, dass er
auch in Zukunft infolge seines offenbar vorhandenen Hangs erhebliche
rechtswidrige Taten begehen wird und ob eine hinreichend konkrete
Aussicht eines Behandlungserfolgs besteht. 7
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Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung
einer Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 StPO; BGHSt
37, 5). Der Beschwerdeführer hat die Maßregel nach
§ 64 StGB auch nicht von seinem Rechtsmittelangriff
ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362). 8
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