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BGH, Beschluss vom 21. Juli 2004 - 5 StR 190/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 21.7.2004 - 5 StR 190/04
5 StR 190/04
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 21. Juli 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Juli 2004
beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten
wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom
22. Dezember 2003 nach § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch
aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach
§ 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten der
Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer
Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die zugunsten
des Angeklagten eingelegte, auf den Strafausspruch beschränkte Revision
der Staatsanwaltschaft führt in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts
wegen eines Wertungsfehlers zur Aufhebung des Strafausspruchs
unter Aufrechterhaltung der Feststellungen. Entsprechenden
Teilerfolg hat die Revision des Angeklagten.
1. Die Revision des Angeklagten ist zum Schuldspruch unbegründet
im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts
merkt der Senat lediglich an:
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a) Die Auffassung des Generalbundesanwalts zur Verfahrensrüge
nach § 261 StPO ist zutreffend. Zum einen sind Rückschlüsse auch auf „innere
Tatsachen“ Dritter aus vom Angeklagten in seiner Einlassung mitgeteilten
Beobachtungen ohne weiteres möglich. Abgesehen davon können zeugenschaftlich
vernommene Kriminalbeamte entsprechendes auch ohne formelle
Vernehmungen von Rechtsanwälten und Kanzleimitarbeitern durch
schlichte Befragungen ermittelt und demgemäß ausgesagt haben.
b) Die Annahme direkten Tötungsvorsatzes ist bei dem gegebenen
Tatbild ersichtlich rechtsfehlerfrei.
c) Trotz ganz außergewöhnlicher - teils bizarrer - Begleitumstände
des Vor- und Nachtatgeschehens ist es sachlich-rechtlich noch nicht zu beanstanden,
daß das - auch insoweit sachverständig beratene - Schwurgericht
die Ablehnung der Voraussetzungen der §§ 20, 63 StGB wegen krankhafter
seelischer Störung oder schwerer anderer seelischer Abartigkeit nicht eingehender
begründet hat. Daß das Schwurgericht den Ausnahmefall eines affektbedingten
Ausschlusses der Schuldfähigkeit verneint hat, ist aus den zutreffenden
Erwägungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts
rechtsfehlerfrei. Allerdings ist das Ausmaß der - ohne jeden Zweifel festzustellenden
- erheblichen Einschränkung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten
im Vergleich zu sonstigen Fällen nach § 21 StGB herabgesetzter
Schuldfähigkeit wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung beträchtlich.
2. Wie von beiden Revisionen zutreffend beanstandet, erweist sich die
Anlastung (UA S. 29 f., 31) selbstbefriedigender sexueller Praktiken des Angeklagten
in der Wohnung des noch nicht entdeckten Getöteten nach der Tat
als rechtsfehlerhaft, weil - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausführt
- damit kein strafbares Verhalten (§ 168 StGB) und keine besondere
Rechtsfeindlichkeit oder Uneinsichtigkeit des Angeklagten belegt und eine
bewußte Mißachtung des Opfers ausdrücklich nicht festgestellt ist. Der Wertungsfehler
zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich, ohne daß es
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einer Aufhebung der nicht von dem Rechtsfehler berührten, beanstandungsfrei
getroffenen zugehörigen Feststellungen bedürfte.
Der Senat merkt an, daß entgegen den in beiden Revisionen geäußerten
Auffassungen dem angefochtenen Urteil trotz des Ausmaßes der Beeinträchtigung
der Schuldfähigkeit des Angeklagten keine durchgreifenden
Strafzumessungsmängel im Zusammenhang mit der Anwendung des § 21
StGB anhaften (vgl. zur Handlungsintensität BGHR StGB § 21 Strafzumessung
18; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 46 Rdn. 28 und 33). Es liegt auch
nicht etwa ein Fall vor, in dem das Revisionsgericht die Strafe wegen eines
offensichtlich nicht mehr schuldangemessenen Ergebnisses zu beanstanden
hätte.
Auch sonst fehlt es an weiteren durchgreifenden Rechtsfehlern in der
Strafzumessung, namentlich solchen, die Anlaß geben könnten, auch die
zugehörigen Feststellungen aufzuheben. Der Senat weist indes darauf hin,
daß die Begründung, mit der das Schwurgericht die Voraussetzungen eines
benannten minder schweren Falles des Totschlags (§ 213 StGB, erste Alternative)
verneint hat (UA S. 28 f.), durchgreifenden Bedenken begegnet, weil
bei der Beurteilung der Schwere der Beleidigung (vgl. dazu nur Tröndle/
Fischer aaO § 213 Rdn. 5 a. E. m.w.N.) die konkreten Vorbeziehungen
zwischen dem Angeklagten und seinem Opfer nicht ausreichend bedacht
worden sind und die Annahme eines Mitverschuldens des Angeklagten an
der Provokation durch das Opfer kaum vertretbar erscheint. Angesichts des
schon bislang - nach Annahme des § 213 StGB, zweite Alternative - zutreffend
zugrundegelegten Strafrahmens aus § 213 i.V.m. §§ 21, 49 Abs. 1
StGB, dessen Anwendung hier zwingend war, ist dieser Mangel freilich ohne
durchgreifende Auswirkung geblieben. Der neue Tatrichter ist nicht gehindert,
die gebotene erneute Bewertung zu § 213 StGB, erste Alternative auf
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der Grundlage der gleichwohl umfassend fehlerfrei getroffenen Feststellungen
vorzunehmen.
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