BGH,
Beschl. v. 21.5.2008 - 5 StR 97/08
5 StR 97/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 21. Mai 2008
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u. a.
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Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Mai 2008
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Leipzig vom 24. Oktober 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO im
Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als
unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in
Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer
Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und seine Unterbringung in
der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die Revision des Angeklagten hat
mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen
Teilerfolg; im Übrigen ist sie aus den Gründen der
Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet.
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Die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 StGB
beruht letztlich auf einem durchgreifenden Rechtsfehler. Denn das
Landgericht hat die Frage der Anordnung der Unterbringung des
Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB
gänzlich unerörtert gelassen und damit
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auch nicht geprüft, ob der Gefährlichkeit des
Angeklagten etwa allein durch eine andere, mildere Maßregel
begegnet werden kann (§ 72 Abs. 1 StGB, vgl. BGH StV 2007,
633; BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2007 - 3 StR 355/07).
Die Anordnung einer solchen Maßregel ist angesichts der
Feststellungen nicht von vornherein ausgeschlossen. So trank der
Angeklagte seit Jahren erhebliche Mengen Alkohol in Form von Bier oder
Schnaps. Bei der Tat war er mit einer Blutalkoholkonzentration von
über 2,2 Promille alkoholisiert, was die Annahme erheblich
verminderter Steuerungsfähigkeit begründete und das
Tatgericht zur Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49
Abs. 1 StGB veranlasste. Zudem ergeben die - insoweit nicht erkennbar
vollständigen - Feststellungen, dass der Angeklagte auch bei
früheren Straftaten in den letzten Jahren alkoholisiert war.
Während seiner Haftzeit besaß er zudem
Betäubungsmittel und wurde deswegen verurteilt.
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Eine Auseinandersetzung mit der danach nicht ganz fern liegenden
Möglichkeit, der Angeklagte weise einen Hang zum
übermäßigen Genuss berauschender Mittel
auf, war danach geboten. Allein die auf die Angaben des Angeklagten
gestützte Feststellung, er habe „aus Lust und
Freude“ getrunken, steht der Annahme eines Hanges im Sinne
des § 64 StGB nicht entgegen, zumal keine Feststellungen dazu
getroffen sind, inwieweit der Konsum von Alkohol oder sonstigen
Rauschmitteln die Lebensführung des Angeklagten
beeinträchtigt und zu einer psychischen Abhängigkeit
geführt hat. Die Erkenntnisse des hinzugezogenen
psychiatrischen Sachverständigen zur Frage eines Hanges zum
Rauschmittelkonsum werden nicht mitgeteilt. Den Urteilsgründen
ist auch nicht etwa zu entnehmen, dass hinsichtlich einer
Suchtbehandlung keine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht im Sinne des
§ 64 Satz 2 StGB besteht.
Wäre ein Hang im Sinne des § 64 StGB zu bejahen,
hätte dies im Zusammenhang mit der Anordnung der
Sicherungsverwahrung zu der Erörte-
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rung gedrängt, inwieweit der Alkoholmissbrauch des Angeklagten
die Begehung von Straftaten gefördert hat und eine
erfolgreiche Suchtbehandlung etwa zu einer deutlichen Verringerung der
Tätergefährlichkeit führen kann. Dies ist
nicht bereits deswegen zu verneinen, weil die dargelegten weiteren
Persönlichkeitsmängel eine Disposition für
die Begehung von Straftaten begründen (vgl. BGHR StGB
§ 64 Zusammenhang, symptomatischer 2 m.w.N.; BGH NStZ-RR 2007,
171).
Danach muss über die Frage der Maßregelanordnung
nach § 66 und § 64 StGB neu verhandelt und
entschieden werden. Hierbei wird zu beachten sein, dass Unsicherheiten
über den Erfolg allein der milderen Maßregel zur
kumulativen Anordnung von Maßregeln führen (BGHR
StGB § 72 Sicherungszweck 5; BGH StV 2007, 633).
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Der Senat weist außerdem darauf hin, dass bei der Anordnung
der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 StGB das Tatgericht
präzise darzulegen hat, aufgrund welcher Vorverurteilungen des
Angeklagten es die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1
Nr. 1 und Nr. 2 StGB als erfüllt ansieht. Nur so kann das
Revisionsgericht überprüfen, ob das Tatgericht
hierbei von zutreffenden Maßstäben ausgegangen ist.
Hier durfte die letzte Vorverurteilung des Angeklagten nicht als Vortat
im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB herangezogen werden, da
sie erst nach Begehung der hier abgeurteilten Tat
rechtskräftig geworden ist (vgl. BGHSt 35, 6, 11 f.; BGH,
Beschluss vom 11. Januar 2008 - 2 StR 541/07). Der freilich
unvollständige Revisionsvortrag zu einer
Verfahrensrüge gibt schließlich Anlass zu dem
Hinweis, dass angesichts der Bedeutung der zeitlich unbefristeten
Maßregel als einer der
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schärfsten Sanktionen des Strafrechts korrekt darzulegen ist,
auf welche Beurteilungsgrundlage sich der zwingend hinzuziehende
Sachverständige bei der Erstattung des Gutachtens
gestützt hat.
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