BGH,
Beschl. v. 21.11.2001 - 2 StR 260/01
§§ 263 a, 266 b StGB
1. Der berechtigte Inhaber einer Scheckkarte, der unter Verwendung der
Karte und der PIN-Nummer an einem Geldautomaten Bargeld abhebt, ohne
zum Ausgleich des erlangten Betrages willens oder in der Lage zu sein,
macht sich nicht nach § 263 a StGB strafbar.
2. § 266 b StGB erfaßt auch die
mißbräuchliche Verwendung einer Scheckkarte als
Codekarte zur Abhebung an Geldautomaten durch den berechtigten
Karteninhaber; dies gilt jedoch nicht bei Abhebungen an Automaten des
Kreditinstituts, das die Karte selbst ausgegeben hat.
BGH, Beschl. vom 21. November 2001 - 2 StR 260/01 - Landgericht Kassel
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 260/01
vom
21. November 2001
in der Strafsache gegen
wegen Betrugs u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat nach Anhörung
des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführerin am 21.
November 2001 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Kassel vom 6. Juni 2000
a) in den Fällen II.4., 10. und 12. aufgehoben; die
zugehörigen Feststellungen bleiben jedoch aufrechterhalten,
b) hinsichtlich der übrigen Fälle im Schuldspruch
dahin geändert und klargestellt, daß die Angeklagte
der Urkundenfälschung (II.2.), des Betruges in 10
Fällen (Fälle II.3., 6., 7., 9., 11., 18. bis 22.),
davon in 5 Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung
(Fälle II.3., 6., 7., 18., 20.) und in einem dieser
Fälle in weiterer Tateinheit mit Mißbrauch von
Scheck- und Kreditkarten (Fälle II.13. bis 16.) schuldig ist,
c) in den Einzelstrafaussprüchen in den Fällen II.1.,
3., 5., 8. und 13. bis 17. sowie im Ausspruch über die
Gesamtstrafe aufgehoben; die zugehörigen Feststellungen
bleiben jedoch aufrechterhalten.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
I.
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Verschaffens von falschen
amtlichen Ausweisen, Gebrauchmachens einer falschen Urkunde in acht
Fällen, davon in Tateinheit mit Betrug in fünf
(tatsächlich sechs) Fällen, Betrugs in sechs
Fällen, Computerbetrugs in zwei Fällen und
Mißbrauchs von Scheck- und Kreditkarten in fünf
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren
verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt
wurde. Die Revision der Angeklagten, mit der sie die Verletzung
materiellen Rechts rügt, hat in dem aus dem
Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im
übrigen ist sie unbegründet im Sinne von §
349 Abs. 2 StPO.
II.
Die Angeklagte verschaffte sich Ende 1999 einen gefälschten
Personalausweis und eröffnete unter Täuschung
über ihre Identität bei vier Kreditinstituten jeweils
ein Konto, wobei sie beabsichtigte, die Konten insbesondere unter
Verwendung der erlangten Kreditkarten, ec-cards und Schecks zu
überziehen, ohne die Salden auszugleichen, um sich oder ihrem
Freund einen Vermögensvorteil zu verschaffen. In der Folgezeit
hob sie zumeist unter Einsatz der Karten in mehreren Fällen,
u. a. auch an Geldautomaten Geld ab, löste Euroschecks
über die Garantiesumme ein und verwendete eine der ec-cards in
Geschäften zur Bezahlung im Lastschriftverfahren, wodurch ein
Schaden von insgesamt ca. DM 23.000, entstand. Zudem erhielt sie unter
Täuschung über ihre Identität und
Rückzahlungswilligkeit von einer Bank einen Kredit
über DM 20.000,, der ihr in bar ausgezahlt wurde.
III.
1. Das Urteil des Landgerichts hält in den Fällen
II.10. und 12. rechtlicher Überprüfung nicht stand.
In diesen Fällen hat die Angeklagte jeweils unter Verwendung
der zuvor durch Täuschung von der Postbank erlangten ec-card
und PIN-Nummer an Geldautomaten - von im Urteil nicht näher
bezeichneten Kreditinstituten - Bargeld abgehoben. Das Landgericht hat
die Angeklagte insoweit wegen Computerbetrugs gemäß
§ 263 a StGB jeweils in Tatmehrheit zu dem bereits bei der
Erlangung der ec-card begangenen Betrugs (Fall II.4.) verurteilt.
Dies begegnet in mehrfacher Hinsicht durchgreifenden Bedenken:
a) Der Einsatz der ec-card an den Geldautomaten zur Bargeldbeschaffung
durch die Angeklagte erfüllt bei der gegebenen Sachlage die
Voraussetzungen des § 263 a StGB nicht. Der hier allein in
Betracht kommende Fall der unbefugten Verwendung von Daten (§
263 a Abs. 1 3. Alt. StGB) liegt nicht vor.
Von § 263 a Abs. 1 3. Alt. StGB erfaßt werden nach
allgemeiner Ansicht Abhebungen an einem Geldautomaten durch einen
Nichtberechtigten, der eine gefälschte, manipulierte oder
mittels verbotener Eigenmacht erlangte Karte verwendet (vgl. BGHSt 38,
120, 121; OLG Stuttgart NJW 1988, 981, 982; Cramer in
Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 263 a
Rdn. 11 m.w.N.; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 263
a Rdn. 8 a).
Nichtberechtigt in diesem Sinne war die Angeklagte jedoch nicht. Sie
hat die ec-card von der Postbank zur Verwendung erhalten. Berechtigter
Karteninhaber ist aber auch derjenige, der die Überlassung der
Karte unter Täuschung über seine Identität
vom Kartenaussteller erlangt hat (BGHR StGB § 266 b Abs. 1
Konkurrenzen 2; BGH wistra 1993, 183, 184; Tröndle/Fischer aaO
§ 263 a Rdn. 8 a; Lenckner/Perron in
Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 266 b
Rdn. 7).
Der Mißbrauch einer ec-card oder einer Kreditkarte durch
einen berechtigten Karteninhaber, der - wie hier - Geld am Bankomaten
in der Absicht abhebt, einen ihm damit gewährten Kredit nicht
zurückzuzahlen, ist hingegen nicht nach § 263 a StGB
strafbar. Denn der berechtigte Karteninhaber handelt nicht "unbefugt"
im Sinne von § 263 a Abs. 1 3. Alt. StGB.
Die Auslegung des Merkmals der "unbefugten" Datenverwendung ist
allerdings nicht unstreitig (vgl. zum Streitstand Tiedemann in LK 11.
Aufl. § 263 a Rdn. 41 f. m.w.N.). Nach der gesetzgeberischen
Intention ist der Anwendungsbereich dieser Tatbestandsalternative durch
die Struktur- und Wertgleichheit mit dem Betrugstatbestand bestimmt.
Mit § 263 a StGB sollte die Strafbarkeitslücke
geschlossen werden, die dadurch entstanden war, daß der
Tatbestand des Betrugs menschliche Entscheidungsprozesse voraussetzt,
die bei dem Einsatz von EDV-Anlagen fehlen. Eine Ausdehnung der
Strafbarkeit darüberhinaus war nicht beabsichtigt (vgl.
Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur
Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität [2. WiKG],
BTDrucks. 10/318 S. 19; Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks.
10/5058 S. 30). Dem entspricht eine betrugsnahe oder betrugsspezifische
Auslegung, wie sie auch von der überwiegenden Meinung in
Literatur und Rechtsprechung vertreten wird (so schon BGHSt 38, 120 f.;
OLG Düsseldorf NStZ-RR 1998, 137; Cramer aaO Rdn. 11, 19;
Lackner/Kühl, StGB 24. Aufl. § 263 a Rdn. 13;
Günther in SK-StGB § 263 a Rdn. 18;
Tröndle/Fischer aaO § 263 a Rdn. 8; Bernsau, Der
Scheck- und Kreditkartenmißbrauch durch den berechtigten
Karteninhaber S. 167 f.,174). Danach ist nur eine solche Verwendung von
Daten "unbefugt", die täuschungsäquivalent ist. Ob
allerdings eine Betrugsäquivalenz für die Abhebung
von Geld am Geldautomaten mit der Abhebung am Schalter gegeben ist, ist
ebenfalls streitig (bejahend Lackner/Kühl aaO § 263 a
Rdn. 14; Tiedemann aaO Rdn. 51; Tröndle/Fischer aaO §
263 a Rdn. 8 a; ablehnend Günther aaO § 263 a Rdn.
19; Zielinski, Anmerkung zu BGHSt 38, 120 in CR 1992, 221 f. - jeweils
m.w.N. -). Bejaht wird eine Betrugsäquivalenz insbesondere mit
der Begründung, daß in beiden Fällen von
einer schlüssigen Miterklärung auszugehen sei,
daß das Konto gedeckt oder ein gewährter Kredit
zurückgezahlt werde. Dabei wird aber zur Begründung
der Täuschungsqualität der Abhebung am Geldautomaten
auf einen fiktiven Bankangestellten abgestellt, der die Interessen der
Bank umfassend wahrzunehmen hat. Zu Recht wird demgegenüber
darauf hingewiesen, daß eine Vergleichbarkeit nur mit einem
Schalterangestellten angenommen werden kann, der sich mit den Fragen
befaßt, die auch der Computer prüft (Altenhain JZ
1997, 752, 758). Der Computer prüft aber nicht die
Bonität des berechtigten Karteninhabers, sondern lediglich, ob
sich dieser im Rahmen des Verfügungsrahmens bewegt.
Für die hier vertretene Auffassung spricht zudem,
daß der Gesetzgeber durch das 2. WiKG vom 15. Mai 1986
zugleich mit § 263 a StGB auch § 266 b StGB
eingeführt hat. Diese Vorschrift stellt ein auf den
berechtigten Karteninhaber beschränktes Sonderdelikt dar
(BTDrucks. 10/5058 S. 32), das die vertragswidrige Bargeldbeschaffung
mit einer gegenüber §§ 263, 263 a StGB
geringeren Strafe bedroht. § 266 b StGB geht daher auch als
lex specialis dem nach der bisherigen Rechtsprechung beim Einsatz einer
ec-card als Scheckkarte im eigentlichen Sinne verwirklichten §
263 StGB (vgl. BGHSt 24, 386, 388) vor (BGH NStZ 1987, 120;
Tröndle/Fischer aaO § 266 b Rdn. 9).
Erfaßte man den Mißbrauch der Scheckkarte als
Codekarte am Geldautomaten durch ihren berechtigten Inhaber als
Computerbetrug nach § 263 a StGB, führte dies zu
erheblichen Wertungswidersprüchen im Hinblick auf die
unterschiedlichen Strafrahmen von § 263 a und § 266 b
StGB und die fehlende Versuchsstrafbarkeit bei § 266 b StGB.
b) Der mißbräuchliche Einsatz der Scheckkarte zur
Barabhebung an Geldautomaten ist bei Benutzung eines Automaten eines
dritten Kreditinstituts nach § 266 b StGB strafbar (OLG
Stuttgart NJW 1988, 981, 982; BayObLGSt 1997, 75, 77; Lenckner/Perron
aaO § 266 b Rdn. 8; Maurach/Schroeder/Maiwald, Strafrecht BT
8. Aufl. § 45 IV Rdn. 74; Kindhäuser in NK-StGB
§ 263 a Rdn. 46; aA Gribbohm in LK 11. Aufl. § 266 b
Rdn. 10, 11).
Allerdings hatte der Gesetzgeber bei der Schaffung dieses Tatbestands
den Fall vor Augen, daß der Scheckkarteninhaber unter
Verwendung der Karte und unter Ausnutzung der damit verbundenen
Garantiefunktion Waren kauft und Dienstleistungen in Anspruch nimmt,
obwohl er weiß, daß das Kreditinstitut seine
Rechnungen zu bezahlen hat, er aber zur Erstattung der Auslagen nicht
in der Lage sein wird (BTDrucks. 10/5058 S. 32). Im Wirtschaftsleben
wird der Euroscheck über diese Zwecke hinaus aber auch
vielfach zur Bargeldbeschaffung, etwa durch Bareinlösungen bei
anderen Kreditinstituten verwendet. Auch diese keineswegs zweckwidrige
Verwendung von Euroschecks (vgl. BGHZ 122, 156 f.) wird vom Tatbestand
des § 266 b StGB erfaßt, wenn der
Scheckkarteninhaber zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist.
Die Verwendung der ec-card zur Barabhebung am Geldautomaten einer
Drittbank ist damit vergleichbar. Allerdings wird in diesen
Fällen die Karte nicht in ihrer eigentlichen Funktion als
Scheckkarte eingesetzt, sondern lediglich als Codekarte (quasi als
"Schlüssel") zur Abhebung am Automaten verwendet.
Dementsprechend folgt auch eine Zahlungsverpflichtung der
kartenausgebenden Bank gegenüber der Drittbank nicht aus der
Garantiefunktion der ec-card. Eine Gleichbehandlung mit der
Bareinlösung eines ec-Schecks bei einem anderen als dem
bezogenen Kreditinstitut ist aber deshalb gerechtfertigt, weil auch in
diesen Fällen das kartenausgebende Institut im Sinne von
§ 266 b StGB zu einer Zahlung "veranlaßt" wird. Die
Zahlungsverpflichtung des kartenausgebenden Instituts ergibt sich dabei
derzeit aus den "Vereinbarungen für das Deutsche
ec-Geldautomatensystem" vom 1. Juli 1993, "den Richtlinien für
das Deutsche ec-Geldautomatensystem" und den "Bedingungen für
den ec-Service". Danach zieht das automatenbetreibende Institut den von
seinem Geldautomaten ausgezahlten Betrag per Lastschrift bei dem
kartenausgebenden Institut ein, wobei eine Rückgabe der
Lastschrift wegen Widerspruchs, fehlender Deckung oder aus anderen
Gründen im Sinne des Abkommens über den
Lastschriftverkehr nicht möglich ist
(Gößmann in Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrecht 2.
Aufl. § 54 Rdn. 1, 16). Damit erlangt das auszahlende Institut
durch eine Handlung des Scheckkarteninhabers einen Anspruch
gegenüber dem kartenausgebenden Institut, der dem aus einem
Garantievertrag jedenfalls vergleichbar ist. Daß ein
Garantievertrag im technischen Sinne erforderlich ist,
läßt sich weder dem Gesetzestext noch dem
Gesetzeszweck entnehmen (vgl. auch Baier ZRP 2001, 454 f.).
c) Hingegen werden von § 266 b StGB vertragswidrige
Bargeldabhebungen des Berechtigten an einem Geldautomaten des
Kreditinstituts, das die Karte selbst ausgegeben hat, nicht
erfaßt (BayObLGSt 1997, 75, 77; Lenckner/Perron aaO Rdn. 8;
Zielinski aaO S. 227).
Denn der Tatbestand des § 266 b StGB setzt ein
Drei-Partner-System voraus, in dem der Aussteller der Karte dem
Dritten, dessen Leistungen der Inhaber der Karte in Anspruch nimmt,
Erfüllung (jedenfalls im weiteren Sinne) garantiert (BGHSt 38,
281, 282 ff. zur Kundenkarte; BayObLGSt 1997, 75, 77). Selbst wenn der
Wortlaut der Vorschrift eine Auslegung des Merkmals "zur Zahlung
veranlassen" im Sinne einer bloß tatsächlichen
Verursachung einer Zahlung nicht zwingend ausschließt (so
aber BGHSt 38, 281, 282; anders Ranft NStZ 1993, 185 f.; Otto JZ 1992,
1139 f.), spricht jedenfalls die Gesetzgebungsgeschichte gegen eine
solche Auslegung und damit gegen die Einbeziehung des
Zwei-Partner-Systems in den § 266 b StGB. Zwar wird im Bericht
des Rechtsausschusses zu § 266 b StGB neben dem
Drei-Partner-System auch das Zwei-Partner-System zumindest
erläuternd erwähnt. Nach dem Willen des Gesetzgebers
sollte aber § 266 b StGB - wie ausgeführt - die
Fälle erfassen, in denen der Täter die Karte
gebraucht, obwohl er weiß, daß das Kreditinstitut
seine Rechnungen zu bezahlen hat (BTDrucks. 10/5058 S. 32). Dies ist im
Zwei-Personen-Verhältnis jedoch nicht der Fall, weil dabei
keine Zahlungsverpflichtung des kartenausgebenden Instituts entsteht.
Die Karte wird insoweit nicht in ihrer Garantiefunktion (auch nicht im
weiteren Sinne) verwendet. Daß der Gesetzgeber gerade auf die
durch die Handlung des Karteninhabers begründete
Zahlungsverpflichtung abgestellt hat, lassen die Ausführungen
zum Begriff der Scheckkarte erkennen. Mit der Formulierung "die ihm
durch die Überlassung einer Scheckkarte ...
eingeräumte Möglichkeit, den Aussteller zu einer
Zahlung zu veranlassen" sollte gerade auf die Garantiefunktion Bezug
genommen werden (BTDrucks. 10/5058 S. 32).
Eine Ausweitung auf Auszahlungen im Zwei-Partner-System ist auch vom
Zweck der Vorschrift, den der Gesetzgeber in dem Schutz der
Funktionsfähigkeit des Zahlungsverkehrs sieht (vgl. BTDrucks.
10/5058 S. 32), nicht gedeckt (BGHSt 38, 281, 284). Denn bei Abhebungen
am Geldautomaten (oder am Schalter) der Hausbank wird die Karte
lediglich zur technischen Erleichterung des Auszahlungsvorgangs
verwendet, ohne daß eine Zahlungsverpflichtung des Instituts
entsteht. Vielmehr hat es das kartenausstellende Kreditinstitut selbst
in der Hand, die Bonität ihres Kunden durch geeignete
technische Kontrollmaßnahmen zu überprüfen
und eine Auszahlung des Geldes bei Benutzung seines Geldautomaten zu
verweigern (Zielinski aaO S. 228).
Dies führt allerdings dazu, daß der bloße
vertragswidrige Einsatz der Karten an eigenen Geldautomaten des
kartenausgebenden Kreditinstituts in vielen Fällen - da auch
eine Bestrafung nach §§ 242, 246 StGB nicht in
Betracht kommt, weil das Kreditinstitut das Eigentum an den
Geldscheinen an den berechtigten Kontoinhaber übertragen will
(vgl. BGHSt 35, 152, 162 f.) - straflos bleiben wird. Abgesehen davon,
daß in Fällen wie dem vorliegenden aber schon eine
Strafbarkeit wegen Betrugs bei der Erlangung der ec-card zu bejahen
ist, wobei die Abhebungen am Geldautomaten jedenfalls zu einer
Vertiefung des Betrugsschadens führen, muß es dem
Gesetzgeber überlassen bleiben, etwaige
Strafbarkeitslücken zu füllen.
2. Da im Urteil die Kreditinstitute nicht festgestellt worden sind,
deren Geldautomaten die Angeklagte benutzt hat, bedarf es zur
Beurteilung einer Strafbarkeit nach § 266 b StGB weiterer
Aufklärung. Die Aufhebung des Urteils in den Fällen
II.10. und 12. - wobei die lediglich
ergänzungsbedürftigen Feststellungen aufrechterhalten
bleiben können - führt auch zur Aufhebung der -
rechtlich an sich nicht zu beanstandenden - Verurteilung im Fall II. 4.
der Urteilsgründe.
Insoweit hat die Angeklagte unter Vorlage des gefälschten
Personalausweises und Täuschung über ihre
Zahlungswilligkeit bei der Postbank die Eröffnung eines Kontos
sowie die Übergabe von Schecks und einer Kreditkarte erreicht.
Zudem hat sie - wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der
Urteilsgründe ergibt - auch die in den Fällen II.10.
und 12. eingesetzte ec-card erlangt. Sie ist daher vom Landgericht zu
Recht wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung
verurteilt worden. Der Betrug war mit der Aushändigung der
Schecks und der ec-card sowie der Kreditkarte an die zahlungsunwillige
Angeklagte vollendet, da dadurch eine konkrete
Vermögensgefährdung eingetreten ist (vgl. BGHSt 33,
244, 246; BGHR StGB § 266 b Abs. 1 Konkurrenzen 2; BGH bei
Dallinger MDR 1953, 21; zur Kreditkarte BGH wistra 1993, 183, 184).
Die Frage, welcher Vermögensschaden durch diesen Betrug
eingetreten ist und wie das Verhältnis eines etwa bei den
Abhebungen begangenen Scheckkartenmißbrauchs zu dem
vorangegangen Betrug zu beurteilen ist, steht jedoch im untrennbaren
Zusammenhang mit den Fällen 10. und 12.. Dies ergibt sich aus
folgenden Erwägungen:
a) Sollte der neue Tatrichter aufgrund der zulässigen
ergänzenden Feststellungen dazu kommen, daß die
Angeklagte in den Fällen II.10. und 12. (oder zumindest in
einem dieser Fälle) an einem Geldautomaten eines dritten
Kreditinstituts Geld abgehoben und sich somit nach § 266 b
StGB strafbar gemacht hat, bestünde zwischen dem Betrug bei
der Erlangung der Scheckkarte (Fall II.4.) und dem Mißbrauch
der Karte durch deren Einsatz Tateinheit (vgl. BGHR StGB § 266
b Abs. 1 Konkurrenzen 2; Tröndle/Fischer aaO § 266 b
Rdn. 9; offengelassen BGH wistra 1993, 183, 184; aA Tatmehrheit:
Lackner/ Kühl aaO § 266 b Rdn. 9; Bernsau aaO S.
133). Ein Zurücktreten des § 266 b StGB als
mitbestrafte Nachtat (so Lenckner/Perron aaO Rdn. 14) scheidet bei
dieser Fallgestaltung aus, da § 266 b StGB über das
Vermögen hinaus auch die Funktionsfähigkeit des
bargeldlosen Zahlungsverkehrs schützt; dieser wird jedoch erst
mit der mißbräuchlichen Benutzung der Scheckkarte
tangiert (BGH wistra 1993, 183, 184). Die gegebenenfalls mehrfachen
Vergehen des § 266 b StGB durch den Einsatz der Karte werden
durch die jeweils vorliegende Tateinheit mit der bei der Erlangung der
Karte begangenen Betrugstat ebenfalls zur Tateinheit verklammert.
b) Sollte der Tatrichter aufgrund der ergänzenden
Feststellungen dazu kommen, daß die Angeklagte in den
Fällen II.10. und 12. an Geldautomaten der Postbank abgehoben
hat, wäre in der Auszahlung des Geldes lediglich die
Beendigung des bereits mit der Kontoeröffnung und Erlangung
der ec-card vollendeten Betrugs zu sehen. Der dadurch bereits
eingetretene Schaden wäre bei einer späteren
Auszahlung des Geldes durch die Postbank lediglich vertieft worden.
Mehrere Handlungen während eines Gesamtablaufs, die ebenso wie
die erste Täuschung nur auf die Herbeiführung des vom
Täter von vornherein ins Auge gefaßten
endgültigen Erfüllungsschadens gerichtet sind, haben
rechtlich keine selbständige Bedeutung, so daß
insoweit nur von einer Betrugstat auszugehen ist (Lackner in LK 10.
Aufl. § 263 Rdn. 292; vgl. auch BGHR StGB § 263 Abs.
1 Konkurrenzen 9 zum Verhältnis Eingehungs-
Erfüllungsbetrug).
3. Hinsichtlich der übrigen Fälle war der
Schuldspruch wie aus dem Tenor ersichtlich zu ändern.
a) Das Verschaffen eines falschen amtlichen Ausweises
gemäß § 276 StGB im Fall II.1. stellt hier
keine rechtlich selbständige Tat dar. Vielmehr tritt es hinter
der Urkundenfälschung durch Gebrauchmachen von dem Ausweis -
u.a. im Fall II.2. - als subsidiär zurück (BGHR StGB
§ 276 Konkurrenzen 1), so daß der Schuldspruch
insoweit entfällt.
b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts stehen die abgeurteilten
Fälle II.3., 5., 8. und 13. bis 17. nicht in Tatmehrheit
zueinander. Die Angeklagte hat sich vielmehr des Betrug in Tateinheit
mit Urkundenfälschung in zwei rechtlich zusammentreffenden
Fällen und mit Mißbrauch von Scheck- und
Kreditkarten in vier rechtlich zusammentreffenden Fällen
schuldig gemacht.
aa) Im Fall II.3. hat die Angeklagte unter Vorlage des
gefälschten Personalausweises und Täuschung
über ihre Zahlungswilligkeit bei der Sparda-Bank ein Konto
eröffnet und die Einräumung eines
Überziehungskredits erlangt. Sie ist insoweit vom Landgericht
wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung verurteilt
worden. Da sie bei der Kontoeröffnung vergessen hatte, auch
Schecks und eine ec-card zu beantragen, suchte sie etwa zwei Wochen
später erneut die Sparda-Bank auf. Dabei legte sie
gefälschte Gehaltsabrechnungen vor und erhielt eine ec-card
und Euroschecks ausgehändigt (Fall II.5.).
Die Auffassung der Kammer, die damit verwirklichte
Urkundenfälschung stehe zu Fall II.3. in Tatmehrheit,
hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Vielmehr ist hinsichtlich der abgeurteilten Fälle II.3. und 5.
Tateinheit gegeben, weil die Angeklagte schon bei der
Kontoeröffnung beabsichtigt hatte, eine ec-card und
Euroschecks zu erlangen, um damit Abhebungen tätigen zu
können. Die beiden Urkundenfälschungen in den
Fällen II.3. und 5. werden daher durch die vorliegende
einheitliche Betrugstat, die bereits mit der Täuschung bei der
Kontoeröffnung begonnen hat, zu Tateinheit verklammert (vgl.
BGHR StGB § 266 b Abs. 1 Konkurrenzen 2).
bb) Auch im Fall II.8. ist ein - gegenüber dem bereits mit der
Kontoeröffnung und Inempfangnahme der ec-card und Schecks
begangenen - als selbständig zu bewertender Betrug nicht
gegeben. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt
sich, daß die Angeklagte in diesem Fall von dem bei der
Sparda-Bank eröffneten Konto am Schalter einer Filiale der
Sparda-Bank die Auszahlung von DM 4.400, erreicht hat. Danach lag in
der Auszahlung aber lediglich die Beendigung des bereits mit der
Täuschung bei der Kontoeröffnung begonnen Betrugs.
Dabei kann offenbleiben, ob der Betrug schon durch die
Einräumung eines Überziehungskredits vollendet war
(ablehnend BGH StV 1989, 199 f. zur Kundenkarte; offengelassen BGHSt
15, 24, 26). Denn jedenfalls lag mit der - von der Angeklagten von
vornherein beabsichtigten - Aushändigung der Schecks und der
ec-card an die zahlungsunwillige Angeklagte ein vollendeter Betrug vor,
da dadurch eine konkrete Vermögensgefährdung
eingetreten ist (BGHSt 33, 244, 246; BGHR StGB § 266 b Abs. 1
Konkurrenzen 2; BGH bei Dallinger MDR 1953, 21; zur Kreditkarte BGH
wistra 1993, 183, 184), der durch die spätere Auszahlung des
Geldes bei der Filiale der Sparda-Bank lediglich vertieft worden ist.
cc) In den Fällen II.13. bis 16. hat das Landgericht die
Angeklagte zu Recht wegen Mißbrauchs von Scheck- und
Kreditkarten gemäß § 266 b StGB verurteilt.
Sie hat insoweit jeweils bei Drittbanken die im Fall II.5. erlangten
Euroschecks der Sparda-Bank unter Verwendung der ec-card über
die Garantiesumme von DM 400, eingelöst, wobei sie von Anfang
an vor hatte, die anfallenden Belastungen auf ihrem Konto nicht
auszugleichen. Für die Strafbarkeit nach § 266 b StGB
kommt es dabei nicht darauf an, ob die Angeklagte durch die
Einlösung der Schecks den ihr bei der Kontoeröffnung
gewährten Überziehungskredit überschritten
hat. Die Vorschrift zielt vielmehr gerade auch auf diejenigen
Fälle ab, in denen der dem Karteninhaber vertraglich
vorgegebene Rahmen nicht überschritten wird, er diesen Rahmen
aber nicht ausschöpfen darf, weil er zur Ausgleichung der
aufgelaufenen Schuldsalden am Fälligkeitstermin nicht in der
Lage sein wird (Ranft JuS 1988, 673, 678).
Die Annahme von Tatmehrheit in den Fällen II.13. bis 16. ist
hingegen rechtlich zu beanstanden, da die Angeklagte bereits die
Aushändigung der Scheckkarte durch eine Betrugstat erlangt
hatte. Zwischen der Betrugstat bei Erlangung der Karte und dem
Mißbrauch der Karte durch deren Einsatz besteht jedoch
Tateinheit (s.o. III. 3)b)aa)). Steht aber danach bei der hier
gegebenen Sachlage jeder Mißbrauch der Scheckkarte in
Tateinheit mit der bei ihrer Erlangung begangenen Betrugstat, so
verklammert der Betrug auch die mehrfachen Vergehen nach § 266
b StGB in den Fällen II.13. bis 16. zu Tateinheit.
dd) Hingegen kommt eine Verurteilung nach § 266 b StGB im Fall
II.17. nicht in Betracht. Denn hier hat sich die Angeklagte unter
Vorlage von zwei im Fall II.5. erlangten Euroschecks und der ec-card DM
800, von der Sparda- Bank, also dem kartenausgebenden Kreditinstitut
selbst, auszahlen lassen. Der vorgelegte Scheck ist insoweit lediglich
als Bankscheck anzusehen, mit dem die Angeklagte eine Auszahlung vom
eigenen Konto begehrt und für den die Garantiefunktion der
Scheckkarte keine Rolle spielt.
Auch insoweit kommt dem bei der Auszahlung verwirklichten Betrug
gegenüber der Sparda-Bank keine selbständige
Bedeutung zu. Er stellt sich als eine Tat mit Fall II.3./5. dar, da die
Angeklagte bereits bei der Kontoeröffnung beabsichtigt hat,
dieses durch Abhebungen zu überziehen, ohne den Saldo
auszugleichen. Die Abhebung ist daher lediglich als Beendigung des
Betrugs anzusehen (vgl. auch BGHR StGB § 266 b Abs. 1
Konkurrenzen 2).
c) Hingegen ist die Verurteilung wegen tatmehrheitlich begangenen
Betrugs in den Fällen II.18. bis 22. rechtlich nicht zu
beanstanden. Insoweit hat die Angeklagte die ec-card im
Lastschriftverfahren (sog. POZ-System: Point of sale ohne
Zahlungsgarantie) eingesetzt. Dabei übernimmt die
kartenausgebende Bank keine Garantie für die Zahlung. Vielmehr
erteilt der Karteninhaber durch seine Unterschrift lediglich eine
Einzugsermächtigung, so daß der
Geschäftspartner das Risiko der Nichteinlösung
trägt (BGHSt 46, 146, 148, 150). Der Schaden ist daher in
diesen Fällen nicht bei der kartenausgebenden Bank, sondern
bei dem jeweiligen Geschäftspartner, also einem Dritten
eingetreten, so daß eine rechtlich selbständige Tat
mit gesondert strafwürdigem Unrecht vorliegt.
Die Angeklagte hat sich demnach in den Fällen II.9., 11., 19.,
21. und 22. des Betruges, in den Fällen II.6., 7., 18. und 20.
des Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung, im Fall
II.2. der Urkundenfälschung und in den Fällen II.3.,
5., 8. und 13. bis 17. e i n e s Betrugs in Tateinheit mit
Urkundenfälschung (in zwei rechtlich zusammentreffenden
Fällen) und mit Mißbrauch von Scheck- und
Kreditkarten (in vier rechtlich zusammentreffenden Fällen)
schuldig gemacht.
§ 265 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht
entgegen, da auszuschließen ist, daß sich die
geständige Angeklagte gegen den Tatvorwurf anders als
geschehen hätte verteidigen können.
Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung
der in den Fällen II.1., 3., 5., 8. sowie 13. bis 17.
verhängten Einzelstrafen. Da die Aufhebung der
Strafaussprüche lediglich durch die Veränderung der
Konkurrenzverhältnisse bedingt ist, können die
zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten bleiben. Der Senat
schließt aus, daß die Höhe der
übrigen Einzelstrafen in den Fällen II.2., 6., 7.,
9., 11. sowie 18. bis 22. von den Rechtsfehlern beeinflußt
ist.
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