BGH,
Beschl. v. 21.11.2002 - 4 StR 448/02
4 StR 448/02
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom
21. November 2002
in der Strafsache gegen
wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 21. November 2002
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Paderborn vom 29. Juli 2002
a) im Schuldspruch in den Fällen II. 7 bis 9 der
Urteilsgründe dahin geändert, daß der
Angeklagte nur eines (vollendeten) Computerbetruges schuldig ist,
b) in den Aussprüchen über die Einzelstrafen und
über die Gesamtstrafe aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls
in fünf Fällen, versuchten
Wohnungseinbruchsdiebstahls, Hehlerei, Betruges in zwei
Fällen, Computerbetruges in drei Fällen, versuchten
Computerbetruges, fahrlässiger Gefährdung des
Straßenverkehrs und wegen unerlaubten Entfernens vom
Unfallort zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs
Monaten verurteilt. Ferner hat es seine Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt angeordnet.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung
materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu einer
Änderung des Schuldspruchs in den Fällen II. 7 bis 9
der Urteilsgründe und zur Aufhebung des gesamten
Strafausspruchs; im übrigen ist es unbegründet im
Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 22. Oktober
2002 ausgeführt:
"Die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Fälle 7 bis 9 nach
§ 263a StGB ist fehlerhaft. Die Annahme des Tatgerichts, jeder
einzelne der drei Geldabhebungsvorgänge sei eine
eigenständige Tat, geht fehl. Nach den Feststellungen hat der
Angeklagte am 13. Juni 2001 mit einer der in der Nacht zuvor
gestohlenen EC-Karten dreimal Geld bei ein und demselben Geldautomaten
abgehoben, also offensichtlich kurz hintereinander, denn bei einem
weiteren Versuch um 11.24 Uhr am Geldautomaten einer Bank in einem
anderen Ort wurde die Karte eingezogen (Fall 10). Da der Angeklagte bei
den zeitlich aufeinander folgenden Abhebungen weder die Bankfiliale
noch die Karte gewechselt hat, stehen die Taten in natürlicher
Handlungseinheit (vgl. BGH NStZ 2001, 595). Somit ist lediglich von
einer vollendeten Tat des Computerbetrugs auszugehen.
Bei der Strafzumessung hat die Strafkammer nicht ausgeschlossen,
daß die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei
sämtlichen Straftaten i.S.v. § 21 StGB erheblich
vermindert war. Sie hat gleichwohl die - zwar nicht zwingend - aber
fakultativ bestehende Möglichkeit, den Strafrahmen nach
§ 49 Abs. 1 StGB zu mildern, nicht erörtert, sondern
die eingeschränkte Schuldfähigkeit nur im Rahmen der
allgemeinen Strafzumessung berücksichtigt. Dieses Vorgehen ist
rechtsfehlerhaft. Die erheblich verminderte Schuldfähigkeit
verringert grundsätzlich den Schuldgehalt und damit die
Strafwürdigkeit der Tat (BGHR StGB § 21
Strafrahmenverschiebung 23). Zwar können
schulderhöhende Momente diese Verringerung des Schuldgehalts
ausgleichen, so daß eine Milderung des Strafrahmens
unterbleiben kann. Dies muß der Tatrichter aber
ausdrücklich darlegen. Es reicht nicht aus, den sich aus
§ 21 StGB ergebenden Milderungsgrund ausschließlich
bei der Strafzumessung im engeren Sinn zu berücksichtigen
(BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 11). Es ist nicht
auszuschließen, daß der - an sich maßvoll
bemessene - Strafausspruch auf diesem Rechtsfehler beruht."
Dem schließt sich der Senat an. Die rechtsfehlerfrei
getroffenen Feststellungen, die den Aussprüchen über
die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe zugrundeliegen, können
bestehen bleiben; ergänzende Feststellungen sind
möglich.
Tepperwien Kuckein Athing Solin-Stojanovic Sost-Scheible |