BGH,
Beschl. v. 21.11.2007 - 2 StR 468/07
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
2 StR 468/07
vom
21.11.2007
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht
geringer
Menge u. a.
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Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 21.11.2007
gemäß §§ 349 Abs. 4, 357 StPO
beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten W. wird das Urteil des Landgerichts
Frankfurt am Main vom 27. März 2007, auch soweit es die
Angeklagte K. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer
des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten W. wegen unerlaubter Einfuhr von
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei
Fällen - jeweils tateinheitlich begangen mit unerlaubtem
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge -
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs
Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagte K. , die Ehefrau des
Beschwerdeführers, hat das Landgericht wegen unerlaubten
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
in drei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und
drei Monaten verhängt. Darüber hinaus wurde die
Einziehung sichergestellten Rauschgiftes angeordnet.
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Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten W. hat mit der
Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Das Urteil war
auch hinsichtlich der Mitangeklagten K. , die nicht revidiert hat,
aufzuheben (§ 357 StPO).
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1. Nach den Feststellungen des Landgerichts wurden die Angeklagten als
Rauschgiftkuriere angeworben. Der Angeklagte W. , der zuvor telefonisch
informiert wurde, wenn er die in den Niederlanden bereitgestellten
Betäubungsmittel abzuholen hatte, sollte hierbei den Transport
des Rauschgifts von den Niederlanden nach Deutschland und die
Angeklagte K. die Weiterverteilung an in Deutschland ansässige
Zwischenlieferanten übernehmen. Das von ihm eingeschmuggelte
Rauschgift händigte der Angeklagte W. jeweils der Angeklagten
K. aus, die es anschließend auf entsprechende Weisungen des
Angeklagten W. an die Zwischenhändler verteilte, von denen sie
den zuvor vereinbarten, für beide Angeklagten bestimmten
Kurierlohn erhielt. Die Zahlung des Kaufpreises erfolgte hingegen
unmittelbar zwischen den Rauschgiftlieferanten und den von der
Angeklagten K. belieferten Abnehmern. Dem Angeklagten W. wurde, nachdem
er das Rauschgift nach Deutschland verbracht hatte, von den in den
Niederlanden ansässigen Rauschgiftlieferanten in jedem Fall
telefonisch mitgeteilt, an wen es geliefert werden sollte. Er teilte
sodann der Angeklagten K. nach Rückkehr nach Deutschland den
Ort der Lieferung, die Namen der jeweiligen Empfänger und
deren Funktelefonnummern mit, die ihm zuvor von dem Lieferanten genannt
worden waren.
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Die Angeklagten fuhren dreimal in die Niederlande. Im März
2005 erhielt der Angeklagte W. dort ca. 1000 g Heroinzubereitung mit
einem Heroinhydrochloridanteil von 535,17 g. Diese verbrachte er in
Begleitung der Angeklagten K. nach Deutschland. Nach Anweisung des
Angeklagten W. überbrachte die Angeklagte K. das Rauschgift in
Frankfurt am Main an V. C., der ihr den vereinbarten Kurierlohn in
Höhe von 1.500 € aushändigte, den sie
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an den Angeklagten W. weitergab. Im Mai 2005 verbrachte der Angeklagte
W. wiederum in Begleitung der Angeklagten K. ca. 1 kg Kokaingemisch mit
einem Kokainhydrochloridanteil von 905,89 g sowie 424,26 g Streckmittel
aus den Niederlanden nach Deutschland. Auf Weisung des Angeklagten W.
transportierte die Angeklagte K. das Rauschgift nach H. , wo sie den
Kurierlohn in Höhe von 1.500 € erhielt und an den
Angeklagten W. aushändigte. Im Juni 2005 erhielt der
Angeklagte W. in den Niederlanden 1.456,9 g Heroingemisch mit einem
Heroinhydrochloridanteil von 782,1 g sowie 444,6 g Kokaingemisch mit
einem Kokainhydrochloridanteil von 229 g und transportierte dieses in
Begleitung der Angeklagten K. nach Deutschland. Dort
überbrachte die Angeklagte K. auf Anweisung des Angeklagten W.
das Rauschgift nach B. und erhielt im Gegenzug 2.000 €
Kurierlohn.
Das Landgericht bezeichnet den Angeklagten einerseits als
"qualifizierten Kurier" (UA S. 10) und als "qualifizierte
Transportabteilung" (UA S. 22), andererseits als "klassischen Kurier"
(UA S. 22). Beide Angeklagten seien zwar auf Kurierebene, aber dort mit
hoher Professionalität tätig geworden (UA S. 39).
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Das Landgericht ist - ohne dies näher zu begründen -
bei beiden Angeklagten jeweils von täterschaftlich begangenem
unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge ausgegangen und hat hinsichtlich der Angeklagten K. sich
nicht in der Lage gesehen, festzustellen, dass sie an der Einfuhr
beteiligt war.
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2. Die Annahme täterschaftlichen Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält
rechtlicher Überprüfung nicht stand. Nach neuerer
Rechtsprechung (vgl. BGHSt 51, 219 f.) ist für eine
zutreffende Einordnung der Beteiligung des Kuriers der jeweils konkrete
Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft
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insgesamt und nicht allein für den Teilbereich des Transportes
zu bewerten. Für die Annahme täterschaftlicher
Verwirklichung des Tatbestandes kommt es jedenfalls nicht allein oder
entscheidend darauf an, welches Maß an
Selbständigkeit und Tatherrschaft der Beteiligte hinsichtlich
eines isolierten Teilakts des Umsatzgeschäftes innehat.
Abzustellen ist vielmehr darauf, welche Bedeutung der konkreten
Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt.
Eine Gehilfenstellung ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die
Tathandlung sich auf den (Teil-)Transport von Rauschgift zwischen
selbständig handelnden Lieferanten und Abnehmern oder
innerhalb der Sphäre von Lieferanten oder
Abnehmer-Organisationen beschränkt und der Beteiligte nicht in
der Lage ist, das Geschäft insgesamt maßgeblich
mitzugestalten. Einer Tätigkeit als Kurier, die sich in
bloßem Transport von Rauschgift erschöpft, kommt
daher eine täterschaftliche Gestaltungsmöglichkeit in
der Regel nicht zu. Auch ein möglicher faktischer
Handlungsspielraum während des Transports der Drogen kann in
der Regel schon auf Grund finanzieller und meist auch
persönlicher Abhängigkeit von den
Hintermännern nicht zu eigener täterschaftlicher
Einflussnahme ausgenutzt werden.
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Eine Bewertung von Transporttätigkeit als
mittäterschaftliches Handeltreiben kommt allerdings dann in
Betracht, wenn der Beteiligte erhebliche, über den reinen
Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltete, etwa am An-
und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein
eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts
hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn
erhalten soll. Auch eine Einbindung des Transporteurs in eine
gleichberechtigt verabredete arbeitsteilige Durchführung des
Umsatzgeschäfts spricht für die Annahme von
Mittäterschaft, auch wenn seine konkrete Tätigkeit in
diesem Rahmen auf die Beförderung der Dro-
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gen, von Kaufgeld oder Verkaufserlös beschränkt ist.
Im Einzelfall kann eine weitgehende Einflussmöglichkeit des
Transporteurs auf Art und Menge der zu transportierenden Drogen sowie
auf die Gestaltung des Transports für eine über das
übliche Maß reiner Kuriertätigkeit
hinausgehende Beteiligung am Gesamtgeschäft sprechen.
Unter Zugrundelegung dieser Kriterien reichen die getroffenen
Feststellungen nicht aus, um ein täterschaftliches
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu
belegen.
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Der Angeklagte war weder am Ankauf noch am Verkauf des Rauschgifts
unmittelbar beteiligt. Er sollte nicht einen Anteil am Umsatz oder am
zu erzielenden Gewinn erhalten; er erhielt nur einen Kurierlohn. Nach
den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte keinen Einfluss auf Art
und Menge der zu transportierenden Drogen. Dass er telefonischen
Kontakt zu den Hintermännern hatte, besagt für sich
genommen nichts, zumal er lediglich notwendige Informationen
für die Weitergabe an feststehende Abnehmer erhielt oder ihm
Abholtermine genannt wurden. Abgesehen davon, dass sich den
Urteilsfeststellungen nicht eindeutig entnehmen lässt, dass
der Angeklagte (und nicht die Hintermänner) den Kurierlohn
ausgehandelt haben, würde dieser Umstand einer reinen, wenn
auch geschäftsmäßig durchgeführten
Kuriertätigkeit nicht entgegenstehen. Dass der Angeklagte W.
die Verschiebung einer Rauschgiftübernahme um einen Tag
erreichen konnte (UA S. 12), belegt noch nicht, dass er eine
weitgehende Einflussnahme auf die Gestaltung des Transportes hatte.
Soweit der Angeklagte W. die Mitangeklagte K. , die gemeinsam mit dem
Beschwerdeführer von den niederländischen
Rauschgiftlieferanten als Kurier angeworben worden war, zum
Weitertransport des Rauschgifts und der Entgegennahme des Kurierlohns
einsetzte, stellt dies zwar einen gesteigerten
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Beihilfebeitrag dar, spricht aber nicht ohne Weiteres für eine
über das übliche Maß reiner
Kuriertätigkeit hinausgehende Beteiligung am
Gesamtgeschäft.
Der Senat hat den Schuldspruch nicht selbst umgestellt, da nicht
auszuschließen ist, dass ein neuer Tatrichter weitere
Feststellungen treffen kann und mit rechtsfehlerfreier
Begründung wieder zu täterschaftlichem Handeltreiben
gelangt. Von Bedeutung könnte in diesem Zusammenhang auch
sein, ob der Angeklagte bei den konkreten Taten auf die Anbahnung der
Geschäfte Einfluss hatte und ob er für die
Entgegennahme von Reklamationen bezüglich der
Qualität des gelieferten Rauschgiftes zuständig war.
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Die Aufhebung des Urteils im Schuldspruch bezüglich des
Angeklagten W. ist gemäß § 357 StPO auf die
Angeklagte K. zu erstrecken, die keine Revision eingelegt hat. Denn der
sachlich-rechtliche Fehler betrifft in gleicher Weise den Schuldspruch
bezüglich dieser Angeklagten, bei der die Annahme von
Mittäterschaft beim unerlaubten Handeltreiben mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge noch ferner liegt.
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Allerdings wird der neue Tatrichter kritisch zu prüfen haben,
ob der Angeklagten K. der jeweilige Zweck der Reise in die Niederlande
tatsächlich nicht bekannt war. Das Verschlechterungsverbot
würde einer Schuldspruchverschärfung (wegen
Beteiligung an der Einfuhr) nicht entgegenstehen.
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urlaubsbedingt orts-
abwesend und deshalb
an der Unterschrift gehindert.
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