BGH,
Beschl. v. 21.10.2008 - 3 StR 382/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 382/08
vom
21. Oktober 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.
a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf
dessen Antrag - am 21. Oktober 2008 gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Osnabrück vom 17. Juni 2008
a) im Schuldspruch dahin neu gefasst, dass die Worte "gemeinschaftlich"
entfallen;
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine
Entscheidung zur Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlicher
unerlaubter Einfuhr von in Tateinheit mit gemeinschaftlichem
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in jeweils nicht geringer
Menge in drei Fällen sowie wegen Beihilfe zur unerlaubten
Einfuhr von in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge" zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die auf
Verfahrensrügen und sachlich-
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rechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten
hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
Zum Schuld- und Strafausspruch hat die Überprüfung
des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen durchgreifenden
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Senat hat
lediglich den Schuldspruch neu gefasst (vgl. Meyer-Goßner,
StPO 51. Aufl. § 260 Rdn. 24 m. w. N.).
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Das Urteil kann jedoch keinen Bestand haben, soweit eine Entscheidung
zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt
unterblieben ist. Nach den Feststellungen des Landgerichts nahm der
Angeklagte seit Ende 2005 wieder Drogen (vorwiegend Marihuana und
Speed, gelegentlich auch Kokain) und hatte deswegen im Februar 2006
bereits etwa 1.500 € Schulden bei einem
Drogenhändler. Die abgeurteilten Straftaten beging er, um
diese Schulden erlassen zu bekommen und weitere
Betäubungsmittel zum Eigenverbrauch zu erhalten. In der
Strafzumessung hat die Strafkammer zu Gunsten des Angeklagten
berücksichtigt, dass er zu den Tatzeiten selbst Drogen
konsumierte und drogenabhängig ist. Dies drängte zu
der Prüfung, ob die Voraussetzungen der Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt gegeben sind.
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Über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer
Entziehungsanstalt muss nach alledem - unter Hinzuziehung eines
Sachverständigen (§ 246 a StPO) - neu verhandelt und
entschieden werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte
nicht gefährlich im Sinne dieser Vorschrift ist oder keine
hinreichend konkrete Aussicht besteht, ihn durch die Behandlung in
einer Entziehungsanstalt von seinem Hang zu heilen oder über
eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren
(§ 64 Satz 2 StGB), sind nicht ersichtlich. Vielmehr hat das
Landgericht festgestellt, das der Angeklagte sich im Frühjahr
2002 einer Drogenentziehungstherapie unterzogen und danach bis 2005
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drogenfrei gelebt hatte. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt
hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht
(§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; BGHSt 37, 5; BGH NStZ-RR 2008,
107). Er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das
Tatgericht auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt
38, 362 f.).
Der Senat kann ausschließen, dass der Tatrichter bei
Anordnung der Unterbringung auf eine niedrigere Strafe erkannt
hätte. Der Strafausspruch kann deshalb bestehen bleiben.
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Der neue Tatrichter wird im Falle der Anordnung der Unterbringung des
Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 67 Abs. 2 Satz
2 und 3, Abs. 5 Satz 1 StGB über die Reihenfolge der
Vollstreckung von Strafe und Maßregel zu befinden haben (vgl.
BGH NStZ 2008, 28; NStZ-RR 2008, 74). Bei Vorwegvollzug eines Teils der
verhängten Freiheitsstrafe wird es für dessen
Berechnung notwendig sein, die für den Angeklagten
voraussichtlich erforderliche Therapiedauer zu bestimmen.
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Becker Miebach Pfister
Hubert Schäfer |