BGH,
Beschl. v. 21.10.2008 - 3 StR 408/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 408/08
vom
21. Oktober 2008
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
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StGB § 224 Abs. 1 Nr. 5, § 226
Die gefährliche Körperverletzung in der
Qualifikationsform der lebensgefährdenden Behandlung steht in
Tateinheit mit der durch die Tathandlung verursachten schweren
Körperverletzung.
BGH, Beschl. vom 21. Oktober 2008 - 3 StR 408/08 - LG
Düsseldorf
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer Körperverletzung u. a.
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Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des
Generalbundesanwalts und nach Anhörung des
Beschwerdeführers am 21. Oktober 2008 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Düsseldorf vom 19. Mai 2008 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die
der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen
notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer
Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlicher
Körperverletzung sowie wegen Körperverletzung in zwei
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren
und drei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die
allgemeine Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten.
Die Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum
Nachteil des Angeklagten ergeben.
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Zutreffend hat das Landgericht bei der Tat 3 Tateinheit zwischen der
schweren Körperverletzung und der gefährlichen
Körperverletzung angenommen.
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Nach den Feststellungen des Landgerichts geriet der angetrunkene
Angeklagte mit seiner Ehefrau in einen Streit. Er bespritzte ihr
Kopftuch und ihre Kleidung im Bereich des Halses und des
Oberkörpers mit flüssigem Grillanzünder und
setzte sie mit einem Feuerzeug in Brand. Dabei nahm er schmerzhafte und
lebensgefährliche Brandverletzungen sowie lebenslang sichtbare
Spuren an Gesicht und Oberkörper des Opfers zumindest
billigend in Kauf. Die Ehefrau erlitt an Gesicht, Hals und
Händen sowie im oberen Brustbereich Verbrennungen zweiten und
dritten Grades. Sie musste einen Monat lang auf der Intensivstation
für Schwerbrandverletzte behandelt werden. Trotz mehrerer
Operationen hat sie in allen Transplantatbereichen bleibende,
schmerzhafte Narben. Diese sind einen halben bis einen Zentimeter dick
und wulstig sowie von deutlich roter Farbgebung, so dass das Opfer
selbst auf eine Entfernung von mehreren Metern mit bloßem
Auge als Brandverletzte erscheint. Eine Korrektur des
Erscheinungsbildes ist nach dem derzeitigen Stand der medizinischen
Wissenschaft nicht möglich.
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Damit hat der Angeklagte eine schwere Körperverletzung in der
Form der dauerhaften erheblichen Entstellung des Opfers (§ 226
Abs. 1 Nr. 3 StGB) sowie eine gefährliche
Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden
Behandlung (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB) begangen. In dieser
Begehungsform steht die gefährliche Körperverletzung
zur schweren Körperverletzung in Tateinheit. Die Annahme von
Gesetzeskonkurrenz (so Hirsch in LK 11. Aufl. § 226 Rdn. 39;
Fischer in Tröndle/Fischer, StGB 54. Aufl. § 226 Rdn.
20) würde das gesonderte Unrecht, das - über die
schwere Folge der Körperverletzung hinausgehend - in der
lebensgefährlichen Handlung liegt, nicht zum Ausdruck bringen
(Lilie in LK 11. Aufl. § 224 Rdn. 41; Stree in
Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 224 Rdn.
16; Horn/Wolters in SK-StGB § 226 Rdn. 27; so jetzt auch
Fischer, StGB 55. Aufl. § 226 Rdn. 20 für die
Variante des § 224 Abs. 1 Nr. 5
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StGB; noch offen gelassen von BGH, Beschl. vom 25. Juli 2007 - 2 StR
252/07); denn diese Folge wird, insbesondere auch in der
Qualifikationsform der erheblichen dauerhaften Entstellung, weder
regelmäßig noch gar notwendig durch eine das Leben
(abstrakt) gefährdende Handlung bewirkt.
Becker Miebach Pfister
Hubert Schäfer |