BGH,
Beschl. v. 21.10.2008 - 4 StR 437/08
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 437/08
vom
21. Oktober 2008
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
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Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des
Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 21. Oktober
2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Arnsberg vom 6. Juni 2008 im Rechtsfolgenausspruch mit den
Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und
Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine
andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen
bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit
Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwölf
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren
verurteilt. Daneben hat es das sichergestellte Bargeld in Höhe
von 35.720 Euro für verfallen erklärt und den Verfall
von Wertersatz in Höhe von 450.000 Euro angeordnet.
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Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung
formellen und materiellen Rechts. Soweit sich der
Beschwerdeführer mit zwei Aufklärungsrügen
und mit der Sachrüge gegen den Schuldspruch wendet, ist sein
Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2
StPO. Dagegen hält der Rechtsfolgenausspruch insgesamt
rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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1. Das Landgericht hat die Einzelstrafen dem Strafrahmen des §
30 a Abs. 1 BtMG entnommen; das Vorliegen eines minder schweren Falles
im Sinne des § 30 a Abs. 3 BtMG hat es verneint. Bei der
Strafrahmenwahl hat es jedoch nicht erörtert, ob die
Voraussetzungen des Strafmilderungsgrundes des § 31 Nr. 1 BtMG
vorliegen. Die Revision beanstandet dies zu Recht.
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Das Landgericht hat sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der
Bemessung der Einzelstrafen zu Gunsten des Angeklagten "in erheblichem
Umfang berücksichtigt, dass dieser die ihm zur Last gelegten
einzelnen Taten umfassend eingeräumt hat". Zu dem
Geständnis des Angeklagten hat es ausgeführt:
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"Er hat als erstes Mitglied der Bande umfassende Aussagen zu der
Struktur und dem Zusammenwirken der jeweiligen Tatbeteiligten gemacht.
Das kann zur Folge haben, dass der Angeklagte in den Verfahren gegen
die dortigen Beteiligten möglicherweise als Zeuge geladen
wird. Bei den Taten 1. bis 3. und 4. bis 6. hat die Kammer zudem
berücksichtigt, dass der Angeklagte als erster Beteiligter
detaillierte Angaben zu dem Cannabisanbau gemacht und der Tatnachweis
durch sein Geständnis erheblich erleichtert worden ist".
Der Senat kann anhand der Urteilsgründe nicht
überprüfen, ob das Landgericht zutreffend von der
Anwendung des in den Urteilsgründen nicht erwähnten
§ 31 BtMG abgesehen hat, der gegebenenfalls die Annahme eines
minder schweren Falles im Sinne des § 30 a Abs. 3 BtMG oder
jedenfalls eine Milderung des Strafrahmens des § 30 a Abs. 1
BtMG gemäß § 49 Abs. 2 StGB
ermöglicht hätte. Da die Urteilsausführungen
zu dem Geständnis des Angeklagten es zumindest als
möglich erscheinen lassen, dass die Voraussetzungen des
§ 31 Nr. 1 BtMG gegeben sind, war eine ausdrückliche
Erörterung dieser Frage
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geboten (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 251; BGHR BtMG § 31 Nr. 1
Aufdeckung 21).
Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer wird zu beachten haben,
dass bei der Prüfung eines Aufklärungserfolges im
Sinne des § 31 Nr. 1 BtMG auf den Zeitpunkt der erneuten
Hauptverhandlung abzustellen ist (vgl. BGHR BtMG § 31 Nr. 1
Aufdeckung 21).
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2. Auch die Anordnungen des Verfalls des sichergestellten Bargeldes und
des Verfalls des Wertersatzes halten rechtlicher Nachprüfung
nicht stand.
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a) Die auf § 73 Abs. 1 StGB gestützte Anordnung des
Verfalls des in der Wohnung des Angeklagten sichergestellten Bargeldes
in Höhe von 1.720 Euro sowie des in seinem
Bankschließfach sichergestellten Bargeldes in Höhe
von 34.000 Euro hat schon deshalb keinen Bestand, weil die Annahme des
Landgerichts, diese Bargeldbeträge seien dem Angeklagten
"unmittelbar aus der Tatbestandsverwirklichung zugeflossen", durch die
Feststellungen nicht belegt ist. Der Verfall nach § 73 Abs. 1
Satz 1 StGB erfordert, dass Bargeld, das der Täter
für die Tat oder aus ihr erlangt hat, noch als solches bei dem
Täter vorhanden ist (vgl. BGH NStZ 2003, 198, 199). Dass der
Angeklagte das bei ihm sichergestellte Bargeld als solches für
eine der abgeurteilten Taten oder aus einer dieser Taten erlangt hat,
lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen.
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b) Die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes hat ebenfalls keinen
Bestand.
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Das Landgericht hat den Umfang des Erlangten gemäß
§ 73 b StGB "unter Berücksichtigung einer teilweisen
Entreicherung gemäß § 73 c Abs. 1 Satz 2 1.
Alt. StGB" auf 450.000 Euro geschätzt. Zu der
Schätzungsgrundlage hat das Landgericht lediglich
ausgeführt, dass der Angeklagte "aus den jeweiligen
rechtswidrigen Taten erhebliche Bargeldbeträge und damit
Vermögenswerte erlangt" habe. Da er über
Vermögen verfüge, werde vermutet, dass "die
Erlöse aus den Drogengeschäften" herrührten.
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Dies begegnet schon deshalb durchgreifenden Bedenken, weil das
Landgericht bei der Schätzung des Umfangs des vom Angeklagten
im Sinne der §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73 a Satz 1 StGB
Erlangten auf die Erlöse aus der
Veräußerung des aus den jeweiligen Ernten gewonnenen
Marihuanas abgestellt hat. Zwar unterliegen Erlöse aus
Betäubungsmittelgeschäften dem Verfall, weil sie der
Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes
selbst und damit aus der Tat im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1
StGB (vgl. BGHSt 50, 299, 309; BGHR StGB § 73 Erlangtes 4)
erlangt hat. Für verfallen erklärt werden kann aber
nur ein durch die Straftat tatsächlich erlangter
Vermögenszuwachs (vgl. BGH NStZ-RR 2001, 82). Soweit in zwei
der Plantagen erhebliche Marihuanamengen aus den Ernten sichergestellt
worden sind, hätten die insoweit lediglich erzielbaren
Erlöse nicht in den vom Landgericht mit 4.368.000 Euro
angenommenen Gesamterlös eingerechnet werden dürfen.
Soweit das aus den jeweiligen Ernten gewonnene Marihuana
veräußert worden ist, ist den Feststellungen zudem
nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte selbst faktische
Verfügungsgewalt an den jeweiligen Verkaufserlösen
erlangt hat (vgl. dazu BGH NStZ-RR 2007, 121; BGH, Beschluss vom 6.
Februar 2008 - 5 StR 442/07). Dies liegt hier schon deshalb fern, weil
der Angeklagte nach den Feststellungen zwar als Bandenmitglied an der
Errichtung und dem Betrieb der vier Indoor-Cannabis-Plantagen beteiligt
war, nicht aber am Abtransport
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und der Veräußerung des Marihuanas. Soweit andere
Mitglieder der Bande die Verfügungsgewalt über die
Erlöse aus der Veräußerung des Marihuanas
erlangt haben, käme eine Zurechnung nach den
Grundsätzen der Mittäterschaft
gemäß § 25 Abs. 2 StGB mit der Folge einer
gesamtschuldnerischen Haftung des Angeklagten nur dann in Betracht,
wenn er sich mit den anderen Bandenmitgliedern darüber einig
gewesen wäre, dass er zumindest Mitverfügungsgewalt
über die jeweiligen Erlöse erlangen sollte (vgl. BGH
NStZ-RR 2007, 121 m.N.). Das war aber nach den bisherigen
Feststellungen nicht der Fall. Vielmehr erhielt der Angeklagte als
Entlohnung für seine Tätigkeiten in den
Fällen 1. bis 3. monatlich Beträge in Höhe
von 2.000 bis 3.000 Euro und in den Fällen 4. bis 6.
Beträge in Höhe von 3.000 bis 4.000 Euro in bar.
Für seine Tätigkeiten bei der Errichtung der Plantage
in Rodgau-Jügesheim (Fälle 7. bis 9.) erhielt der
Angeklagte ein Entgelt von 25.000 bis 30.000 Euro sowie ein weiteres
Entgelt von 30.000 bis 40.000 Euro für die Ernte, die unter
der Verantwortung des Angeklagten erfolgte und komplett
durchgeführt werden konnte. Ferner erhielt der Angeklagte in
den Fällen 10. bis 12. für jede der eingebrachten
Ernten ein Entgelt von 20.000 Euro.
Die dem Angeklagten danach als Gegenleistung für seine
Beteiligung an den jeweiligen Taten zugeflossenen
Bargeldbeträge, die er im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz
1 StGB jeweils "für die Tat erlangt" (vgl. BGHSt 50, 299, 309;
BGHR StGB § 73 Erlangtes 4) hat, unterliegen zwar ebenfalls
dem Verfall, sodass gemäß § 73 a Abs. 1
Satz 1 StGB insoweit der Verfall des Wertersatzes anzuordnen ist. Auf
der Grundlage der bisherigen Feststellungen liegt der Umfang des vom
Angeklagten für seine Beteiligung an den zwölf Taten
Erlangten allerdings deutlich unter 450.000 Euro.
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Die Sache bedarf daher auch hinsichtlich des Verfalls des Wertersatzes
neuer Verhandlung und Entscheidung.
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Im Hinblick darauf, dass in den Urteilsgründen als
Rechtsgrundlage für die Verfallsanordnung auch die
§§ 33 BtMG, 73 d StGB angeführt worden sind,
weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die §§
73 Abs. 1, 73 a Abs. 1 StGB dem erweiterten Verfall nach § 73
d StGB vorgehen (vgl. BGH StraFo 2004, 283; NStZ-RR 2006, 138, 139).
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