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BGH, Beschluss vom 21. September 2004 - 3 StR 185/04


Entscheidungstext  
 
BGH, Beschl. v. 21.9.2004 - 3 StR 185/04
Nachschlagewerk: ja
BGHSt:     nein
Veröffentlichung: ja
__________________

StPO § 252
Unter den Begriff der Vernehmung im Sinne des § 252 StPO fällt auch
die Befragung der Angehörigen des Angeklagten im Sinne von § 52
Abs. 1 StPO durch einen Vertreter der Jugendgerichtshilfe.
BGH, Beschl. vom 21. September 2004 - 3 StR 185/04 - LG Krefeld

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
3 StR 185/04
 vom
21. September 2004
in der Strafsache
gegen
 
1.

2.
wegen Körperverletzung mit Todesfolge u. a.
- 2 -


Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerde-
führer und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 21. Sep-
tember 2004 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:

1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Land-
gerichts Krefeld vom 17. Dezember 2003 jeweils mit den zuge-
hörigen Feststellungen aufgehoben

a) hinsichtlich des Angeklagten   R. , soweit seine Unter-
bringung in einer Entziehungsanstalt abgelehnt wurde,

b) hinsichtlich des Angeklagten   B.  im Strafausspruch.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-
lung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel
und die dem Nebenkläger dadurch entstandenen notwendigen
Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zu-
rückverwiesen.

2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

 

 Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten    R.   wegen Körperver-
letzung mit Todesfolge, gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen, Körper-
verletzung in drei Fällen, einmal in Tateinheit mit Widerstand gegen Voll-
streckungsbeamte, wegen Diebstahls, Fahrens ohne Fahrerlaubnis sowie we-
gen Sachbeschädigung in zwei Fällen, einmal in Tateinheit mit Hausfriedens-
 
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bruch, zur Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Den Angeklagten
   B.  hat es wegen Körper verletzung mit Todesfolge, gefährlicher Kör-
per verletzung, Diebstahls und Hausfriedensbruchs zur Jugendstrafe von fünf
Jahr en verurteilt. Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren
Revisionen, mit denen sie das Verfahren beanstanden und die Verletzung
sachlichen Rechts rügen. Das Rechtsmittel des Angeklagten R.  führt auf die
Sachrüge zur Aufhebung des Urteils, soweit seine Unterbringung in einer Ent-
ziehungsanstalt abgelehnt wurde. Das Rechtsmittel des Angeklagten B.  hat
auf die Sachrüge die Aufhebung des Strafausspruchs zur Folge. Im übrigen
sind beide Revisionen unbegründet ( § 349 Abs. 2 StPO).

 

 I.

Revision des Angeklagten R.

1. Soweit der Angeklagte R.  das Verfahren beanstandet, bedarf nähe-
rer Erörterung nur seine Rüge, die Jugendkammer habe die Angaben, die sei-
ne Ehefrau und seine Eltern gegenüber der Ver treterin der Jugendgerichtshilfe
gemacht hätten, unter Verstoß gegen § 252 StPO verwertet. Ihr liegt folgender
Verfahrenssachverhalt zugrunde:

Im Hauptverhandlungstermin vom 3. November 2003 erstattete die Ver-
treterin der Jugendgerichtshilfe ihren Bericht zum Angeklagten R. . Dabei be-
richtete sie unter anderem auch über Gespräche, die sie mit seiner Ehefrau
und seinen Elter n geführt hatte, und schilder te deren Angaben und Einschät-
zungen. In ihrer Vernehmung in den Hauptverhandlungsterminen vom 8. und
9. Oktober 2003 hatte die Ehefrau des Angeklagten jeweils von ihrem Zeugnis-
verweigerungsrecht gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 2 StPO Gebrauch gemacht. Die
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Eltern des Angeklagten waren zur Hauptver handlung nicht geladen und wurden
demgemäß auch nicht vernommen. In ihrer Entscheidung, auf die Straftaten
des Angeklagten nicht Jugendstrafr echt, sondern Erwachsenenstrafrecht an-
zuwenden, hat sich die Jugendkammer unter anderem auch mit den Äußerun-
gen der Ehefrau des Angeklagten und seiner Eltern gegenüber der Jugendge-
richtshilfe auseinandergesetzt.

Die Rüge ist zulässig, aber unbegründet.

a) Allerdings durfte die Jugendkammer die Angaben der Ehefrau des
Angeklagten und seiner Elter n gemäß § 252 StPO nicht ver werten.

aa) Diese Vorschrift verbietet nach ständiger Rechtsprechung nicht nur
- entsprechend ihrem Wortlaut - die Verlesung der früheren Aussage eines
Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisver weigerungs-
recht Gebrauch macht, sondern untersagt es auch, jene Aussage durch Anhö-
rung der nichtrichter lichen Verhörsperson in die Hauptverhandlung einzuführen
und zu verwerten (BGHSt 2, 99, 104 f.; 21, 218). Voraussetzung für das Be-
weiserhebungs- und -verwertungsverbot ist zwar stets, daß es sich um Erklä-
rungen des Zeugen handelt, die er im Rahmen einer Vernehmung gemacht hat.
Der Begriff der Vernehmung ist aber in einem weiten Sinne zu verstehen und
umfaßt - unabhängig davon, ob die Angaben förmlich protokolliert oder nur in
einem internen Vermerk festgehalten werden - alle Bekundungen über wahrge-
nommene Tatsachen auf Grund einer amtlichen, von einem Staatsorgan dur ch-
geführten Befr agung, bei der der Beweiserhebungswille des Amtsträgers nach
außen erkennbar ist ( vgl. BGHSt 29, 230, 232; Schlüchter in SK-StPO 6. Lfg.
§ 252 Rdn. 9; Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 252 Rdn. 10).
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bb) Unter den weiten Begriff der Vernehmung im Sinne des § 252 StPO
fällt auch die Befragung der Angehörigen des Angeklagten im Sinne von § 52
Abs. 1 StPO durch einen Vertreter der Jugendgerichtshilfe (vgl. Diemer in KK
5. Aufl. § 252 Rdn. 19; Gollwitzer aaO § 252 Rdn. 30):

Hierfür spricht bereits, daß Befr agungen durch den Vertreter der Ju-
gendgerichtshilfe auch sonst wie Vernehmungen behandelt werden. So ist an-
erkannt, daß er den Beschuldigten vor dessen Befragung entsprechend § 136
Abs. 1 Satz 2, § 163 a Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 StPO über seine Aus-
sagefreiheit und die Befugnis, einen Verteidiger zu befr agen, belehren muß
(vgl. Ostendorf, JGG 6. Aufl. § 38 Rdn. 9 a; Brunner/Dölling, JGG 11. Aufl. § 38
Rdn. 13 ). Andere Personen müssen über ihre Zeugnis- und Auskunftsverwei-
ger ungsrechte (§§ 52 ff., 55 StPO) belehrt werden (vgl. Rieß in Löwe/Rosen-
ber g, StPO 25. Aufl. § 160 Rdn. 90 ff. für die Gerichtshilfe).
Für diese Auslegung sprechen aber auch Sinn und Zweck des § 252
StPO und des damit im Zusammenhang stehenden Zeugnisver weigerungs-
rechts nach § 52 StPO. Dieses Zeugnisverweigerungsrecht soll den Zeugen
vor Konflikten schützen, die aus den Besonderheiten der Vernehmungssituati-
on entstehen, insbesonder e einerseits durch die Wahrheitspflicht bei der Zeu-
genvernehmung und andererseits durch die sozialen Pflichten, die aus der fa-
miliären Bindung gegenüber dem Angeklagten erwachsen (vgl. BGHSt 27, 231,
232; 40, 211, 214; Meyer-Goßner, StPO 47. Aufl. § 52 Rdn. 1). Das in § 252
StPO enthaltene Beweisverwer tungsverbot soll gewährleisten, daß der zur
Zeugnisverweiger ung Berechtigte bis zur Hauptver handlung frei entscheiden
kann, ob seine frühere, vielleicht vor eilige oder unbedachte Aussage verwertet
werden darf (vgl. BGHSt 10, 77, 78; BGHR StPO § 52 Abs. 3 Satz 1 Belehrung
4).
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 Diese Entscheidungsfreiheit muß auch hinsichtlich der Angaben beste-
hen, die Angehörige bei der Befragung dur ch die Jugendgerichtshilfe machen.
Diese Befragung dient nämlich den im Jugendgerichtsverfahren nach § 43
Abs. 1 JGG gebotenen Ermittlungen zur Persönlichkeit des Täters, die ent-
sprechend der Zweckbindung nach § 38 Abs. 2 Satz 2 JGG - auch im
Verfahren gegen Heranwachsende (§§ 107, 109 Abs. 1 JGG) - eine zentrale
Aufgabe der Jugendger ichtshilfe darstellen und zu ihren klassischen
Tätigkeitsbereichen zählen (vgl. Brunner/Dölling aaO § 38 Rdn. 4 a, 17, § 43
Rdn. 3, 17 f.; Laubenthal, Jugendgerichtshilfe im Strafverfahren S. 63). Die
Jugendgerichtshilfe erhebt insoweit - auf Veranlassung des
Jugendstaatsanwalts oder des Jugendgerichts - im Ermittlungs- und
Strafverfahren wesentliche Grundlagen für die Rechtsfolgenentscheidung und
steht daher bei entsprechenden Befragungen von Beweispersonen rechtlich
anderen Ermittlungsorganen gleich.
Der Auffassung, daß die Befragung von Per sonen aus dem Umfeld des
Beschuldigten durch die Jugendgerichtshilfe als Vernehmung im Sinne des
§ 252 StPO anzusehen ist, steht nicht entgegen, daß diese im Rahmen ihr er
Tätigkeit zur Gewährung von Jugendhilfeleistungen als Betreuungshilfe ver-
pflichtet und damit Teil der öffentlichen Jugendhilfe ist (vgl. Br unner /Dölling
aaO § 38 Rdn. 4 b ff.; Laubenthal aaO S. 34 f.; Wilhelm, Die Stellung der Ju-
gendgerichtshilfe im Verfahren S. 63 ff.). Diese Funktion, der eine ganz we-
sentliche Bedeutung zukommt (vgl. Ostendorf aaO § 38 Rdn. 21), besteht
grundsätzlich neben den - in erster Linie für die Justiz - zu leistenden Ermitt-
lungs- und Überwachungsaufgaben im Sinne des § 38 Abs. 2 JGG und berührt
diese deshalb rechtlich nicht. Auch aus der Stellung der Jugendgerichtshilfe
als ein mit gesetzlich festgelegten Rechten und Pflichten ausgestattetes Pr o-
zeßorgan bzw. Prozeßhilfeorgan eigener Art ergibt sich nichts anderes. Sie
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wird zwar - im Gegensatz zur Gerichtshilfe (vgl. Wohlers in SK-StPO 27. Lfg.
§ 160 Rdn. 55) - als eigen- und selbständige Institution tätig (vgl. OLG Frank-
furt NStZ-RR 1996, 251; Ostendorf aaO § 38 Rdn. 6; Laubenthal aaO S. 58).
Aus dieser besonderen Stellung folgt aber nicht, daß sie bei ihrer Ermittlungs-
tätigkeit im Sinne von § 38 Abs. 2 Satz 2 JGG nicht denselben prozessualen
Vorschr iften unter worfen wäre, wie andere Ermittlungsorgane.

cc) In der Konsequenz dessen durften hier die Angaben der Ehefrau
des Angeklagten und seiner Eltern nicht durch den Bericht der Jugendge-
richtshilfe in die Hauptverhandlung eingeführt und verwertet wer den. Für die
Angaben der Ehefrau folgt dies unmittelbar aus § 252 StPO, weil sie in der
Hauptverhandlung von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht
hat. Für die Angaben der Eltern gilt im Ergebnis dasselbe. Nach ständiger
Rechtsprechung dürfen nämlich in entsprechender Anwendung der Vorschrift
nichtrichter liche Vernehmungspersonen in der Hauptverhandlung grundsätz-
lich so lange nicht über den Inhalt früherer Angaben eines zur Zeugnisverwei-
ger ung berechtigten Zeugen gehört werden, wie Ungewißheit darüber besteht,
ob dieser von seinem Weigerungsrecht Gebrauch macht oder darauf ver zich-
tet (vgl. BGHSt 25, 176, 177 m. w. N.). Diese Ungewißheit war hier bezüglich
der Eltern des Angeklagten nicht ausgeräumt.

b) Auf der unzulässigen Verwertung der Angaben der Ehefrau des An-
geklagten und seiner Eltern ber uht das angefochtene Urteil indes nicht.

Die Jugendkammer hat die nach § 105 Abs. 1 Nr . 1 JGG getroffene, auf
15 Seiten sehr ausführlich begründete Entscheidung auf ihr en eigenen Ein-
druck in der Hauptverhandlung, die Ausführungen des psychiatrischen Sach-
verständigen Dr. K.   zu weiteren Entwicklungsmöglichkeiten der Persön-
lichkeit des Angeklagten und den Bericht der Ver treterin der
Jugendgerichtshilfe gestützt. Grundlage dieses Berichts waren aber neben den
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gestützt. Grundlage dieses Berichts waren aber neben den Angaben der Ehe-
frau des Angeklagten und seiner Eltern vor allem Erkenntnisse und Einschät-
zungen aus früheren Ermittlungsverfahren und aus zwei mit ihm selbst geführ-
ten Gesprächen. Soweit in den Bericht die Angaben der Eltern und der Ehefrau
eingeflossen sind, haben sie für die Gesamtabwägung der Jugendkammer er-
kennbar keine Bedeutung gehabt. Der Senat kann daher ausschließen, daß
ihre Entscheidung, auf die Straftaten des Angeklagten Erwachsenenstrafr echt
anzuwenden, auf jenen Angaben ber uht. Das gilt um so mehr, als die mitgeteil-
ten Tatsachen nach ihrem Inhalt zum Teil eher für die Anwendung von Jugend-
strafrecht sprechen und im übr igen mit den Angaben übereinstimmen, die der
Angeklagte selbst gegenüber der Vertreterin der Jugendgerichtshilfe gemacht
hat.

 2. Die Erwägungen, mit denen die Jugendkammer es abgelehnt hat, den
Angeklagten R.  nach § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen,
führen hingegen - auf die Sachrüge hin - zur Aufhebung des Urteils und Zu-
rückverweisung der Sache insoweit. Die Jugendkammer hat zwar das Vorlie-
gen eines Hangs des Angeklagten, alkoholische Getr änke im Übermaß zu sich
zu nehmen, bejaht. Sie hat aber - sachverständig beraten - einen symptomati-
schen Zusammenhang zwischen diesem Hang und den Gewalttaten des Ange-
klagten verneint.

Diese Bewertung hält rechtlicher Prüfung nicht stand, weil sie in Wider-
spruch zu den Tatfeststellungen des angefochtenen Urteils steht. Danach war
der Angeklagte bei Begehung seiner Gewalttaten stets erheblich alkoholisiert.
Die Brutalität, die der Angeklagte bei den begangenen Körperverletzungen an
den Tag legte, steigerte sich von Tat zu Tat im Gleichklang mit seinem Alko-
holkonsum. Angesichts der enthemmenden Wirkung des Alkohols liegt daher
der erforderliche Zusammenhang zwischen seinen Straftaten und seinem
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erforder liche Zusammenhang zwischen seinen Straftaten und seinem Hang,
Alkohol im Übermaß zu sich zu nehmen, auf der Hand. Dem steht nicht entge-
gen, daß die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Taten "in
gewisser Hinsicht" er halten geblieben war und die Jugendkammer zu Gunsten
des Angeklagten davon ausgegangen ist, daß eine erheblich ver minderte
Steuer ungsfähigkeit (§ 21 StGB) lediglich nicht auszuschließen war. Denn die
Anordnung der Unter bringung in einer Entziehungsanstalt setzt - im Gegensatz
zur Unterbringung nach § 63 StGB - nicht voraus, daß bei Begehung der Tat
die Voraussetzungen des § 21 StGB vorlagen (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 41).
Sicher feststehen muß allein, daß die Tat im Rausch begangen wurde oder auf
die Rauschmittelabhängigkeit des Täters zurückzuführen ist.

Im übrigen ist die Anordnung der Unterbringung gemäß § 64 StGB bei
Vorliegen ihrer rechtlichen Voraussetzungen zwingend (st. Rspr.; vgl. nur BGH
NStZ-RR 2003, 295). Daher ist die Erwägung der Jugendkammer, sie habe
"unter Berücksichtigung des noch jugendlichen Alters von der Unterbringung
des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen" bereits wegen der
hierin zum Ausdr uck kommenden Ermessensausübung rechtlich bedenklich.
Abgesehen davon, daß der Angeklagte bei Verkündung des angefochtenen
Urteils bereits 20 Jahr e alt war und somit kein "jugendliches Alter" mehr hatte,
ist die Anordnung der Unter bringung in einer Entziehungsanstalt nicht vom Le-
bensalter des Täters abhängig; sie ist insbesondere auch gegen Jugendliche
und Heranwachsende zulässig (§ 7 JGG) und bei Vor liegen ihrer Vorausset-
zungen geboten. Die getroffene Feststellung, bei dem Angeklagten liege eine
"sich abzeichnende" bzw. "eine möglicherweise beginnende Abhängigkeit" vor,
spricht schließlich mit Blick auf die größeren Heilungschancen einer möglichst
frühzeitigen Therapie auch in der Sache dagegen, von der Anordnung nach
§ 64 StGB abzusehen.
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Anhaltspunkte dafür, daß die Unterbringung des Angeklagten keine hin-
reichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges bieten könnte (BVerf-
GE 91, 1 ff.), sind nicht ersichtlich.
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II.

Revision des Angeklagten B.

Der den Angeklagten B.  betreffende Strafausspruch hält rechtlicher
Prüfung nicht stand.

Die Jugendkammer hat wegen der Schwere der Schuld (§ 17 Abs. 2
2. Alt. JGG) Jugendstr afe ver hängt. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Höhe der ausgesprochenen Jugendstr afe hat sie jedoch nicht
rechtsfehlerfrei begründet. Denn die Jugendkammer hat bei deren Zumessung
ausschließlich Umstände herangezogen, die auch bei Anwendung von Er-
wachsenenstrafrecht zu erwägen gewesen wären. Erzieherische Gesichtspunk-
te hat sie nicht angeführt. Dies läßt besorgen, die Jugendkammer könnte ver-
kannt haben, daß der Erziehungsgedanke als beherrschender Zweck des Ju-
gendstrafr echts bei der Strafbemessung auch dann Vorrang hat, wenn Jugend-
strafe allein wegen der Schwere der Schuld verhängt wird (vgl. BGHR JGG
§ 18 Abs. 2 Erziehung 8 und 9; BGH NStZ-RR 1998, 86; Brunner/Dölling, JGG
 
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11. Aufl. § 18 Rdn. 7 m. w. N.). Der Senat ver mag daher nicht auszuschließen,
daß die mangelnde Einbeziehung erzieherischer Belange sich bei der Bemes-
sung der Höhe der Jugendstr afe zu Lasten des Angeklagten ausgewirkt hat.

Tolksdorf            Miebach        von Lienen
         Becker            Hubert

 
 

 



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